Hilflose Wut

Das Gebet für das Opfer eines Verbrechens ist immer leicht. Wie schwer dagegen ist ein Gebet für die Täter, dafür, dass sie umkehren, dafür, dass sich Gott ihrer erbarmen möge, wenn sie eines Tages vor ihn treten.

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Was jetzt kommt, ist ein bisschen anders als man es auf diesem Blog gewohnt ist. Ich versuche im Normalfall auch bei Themen, die mich persönlich betreffen oder betroffen machen, eine theologisch objektive Sicht zu entwickeln, mich anhand von Bibel, Katechismus, kirchlichen Lehrschreiben etc. zu vergewissern, ob ich das, was meine Meinung ist, auch als „papsttreu“ wiedergeben kann – oder eben notfalls darauf hinzuweisen, wenn es das nicht ist, und warum ich zu einem anderen Schluss komme.

Was jetzt kommt ist nicht papsttreu – ich bin sicher, der Papst würde das, was ich zu sagen habe, so nicht sagen, geschweige denn aufschreiben. Und dennoch muss es mal raus, was mir seit Wochen auf der Seele liegt und zu dem ich mir wünschen würde, auch Rückmeldungen von meinen Lesern zu erhalten, wie es ihnen damit geht. Was ich zu schreiben beabsichtige ist ein sehr persönliches Statement, und die Bewertung, die sie beinhaltet, unterliegt sicher auch Änderungen – keine Ahnung, ob ich das morgen noch so sehen werde, wie heute! Ich hoffe, meine Einstellung dazu ändert sich noch.

Worum geht es: Seit Wochen hören wir vom Vorrücken islamistischer Kräfte im Irak, von islamistischen Ausschreitungen in Syrien und aus einer Vielzahl bislang moderater islamischer oder früher christlicher Staaten. Da werden Christen und andere Andersgläubige, auch Muslime, die nicht „korantreu“ genug waren, gekreuzigt, mit Gewalt zur Konvertierung zum Islam gezwungen, Massaker an Unwilligen verübt. Und das ganze mit einer Brutalität, die man in Europa nur dem Mittelalter oder der Antike zuordnen würde, wäre man sich nicht im Klaren, dass diese Zuordnung in höchstem Maße ahistorisch wäre.

Und mal abgesehen davon, dass mir die Distanzierungen islamischer Verbände in Deutschland zu wenig deutlich sind (sicher auch eine Geschmacksfrage) scheint das Thema die immer wieder gern erwähnte Weltgemeinschaft gar nicht zu interessieren. Man muss sich das mal vorstellen: Da werden ganze Landstriche und Städte per Mord und Totschlag „entchristianisiert“ und abgesehen von ein paar Betroffenheitsphrasen scheint deutsche Politiker mehr zu interessieren, ob der „Gauchotanz“ deutscher Fußballweltmeister rassistisch gewesen ist oder nur ein Jux.

Und was mich selbst angeht: Abgesehen vom mittlerweile bekannten arabischen „N“ auf meiner Facebookseite („N“ wie Nazarener, wie die Islamisten die Christen bezeichnen, und womit sie die Häuser von Christen gekennzeichnet haben, um sie zur Flucht, Konversion oder Zahlung von Geld aufzufordern, alternativ die Wahl, durch bestialischen Mord umgebracht zu werden) bleibt nicht viel, als mich darüber aufzuregen und für die betroffenen Menschen zu beten.

Was mir aber zurzeit einfach nicht gelingen will, ist etwas, was ich mir sonst immer wieder vornehme: Für die Täter zu beten! Ich kenne die Worte, dich ich dazu benutzen müsste, ich kann sie auch formen, könnte sie hier aufschreiben, kann sie im Gebet im Kopf formulieren – und doch merke ich, dass ich nicht mit dem Herzen dabei bin.

Die Islamisten der IS bzw. ISIS sind für mich die Pestilenz der Menschheit, von den Nazis zu unterscheiden in ihren archaischen Methoden und natürlich der zeitlichen Nähe, ansonsten eine Sauce hinsichtlich ihrer Menschenverachtung, die sie aus der Menschheitsfamilie eigentlich ausschließt. Fände man eine Möglichkeit, die Kämpfer dieser Truppe, ohne unbeteiligte Zivilisten in Mitleidenschaft zu ziehen, zu liquidieren: Ich würde den Knopf drücken und mich fragen, ob ein schneller Tod nicht eine viel zu große Gnade darstellen würde.

Im Film „Karol, ein Mann der Papst wurde“ wird der jugendliche Priesterfreund Karol Woytilas nach dem Besuch eines Nazis mit den verzweifelten Worten zitiert, er wünsche diesen Menschen den Tod – „Und ich bin Priester!“ Diese verzweifelte Wut, die man an niemanden außer an Gott direkt richten kann, steigt in mir auf, wenn ich Berichte aus Mossul oder anderen (mittlerweile) islamistischen Regionen sehe, und die Unfähigkeit der Welt, an dem Zustand etwas zu ändern, vielleicht auch, an dem Zustand etwas ändern zu wollen.

Für die Opfer zu beten ist leicht, man empfindet Mitleid mit ihnen, möglicherweise noch mehr, wenn man ihnen geistlich als Christ nahesteht – aber das Gebet für das Opfer eines Verbrechens ist immer leicht. Wie schwer dagegen ist ein Gebet für die Täter, dafür, dass sie umkehren, dafür, dass sich Gott ihrer erbarmen möge, wenn sie eines Tages vor ihn treten … wie gesagt, ich kenne die Worte, doch in meinem Herzen macht sich ein anderer, ganz und gar unchristlicher Satz breit: „Bringt diese Schweine in Menschengestalt um!“

Zum Glück macht Gott mich nicht zum Richter über andere Menschen, mein Urteil wäre kein Gutes – und ich kann nur an dieser Stelle auch für mich beten, dass es mir gelingen möge, in den ISIS-Terroristen auch die Geschöpfe Gottes zu erkennen, die zur Liebe und zum Guten geboren wurden. Sie alle haben Mütter, Väter, Freunde, die sie lieben und ich kann versuchen, für diese Menschen zu beten, dass sie ihre Kinder und Freunde zur Vernunft und Umkehr bringen – aber für die Täter? Es will mir nicht gelingen, für sie zu beten, mein Herz weigert sich, Barmherzigkeit für sie zu erbitten.

Das ist – ich habe es oben schon geschrieben – keine christliche Einstellung. Bei Verbrechen wie diesen bin ich über den Rand dessen hinausgeführt, was ich mal meine „christliche Leistungsfähigkeit“ nennen möchte. Und darum bitte ich alle, die dazu in der Lage sind: Betet auch für die Täter – und betet für die, die nicht für sie beten können, betet für mich!

Zuerst erschienen auf papsttreuer.blog.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Thomas Rießler

Trolle sind bekanntlich Sadisten. Wenn Sie nun auch noch öffentlich zugeben, dass Sie wegen Troll-Kommentaren verärgert sind, handeln Sie genau so wie diese Leute es sich gewünscht haben. Da hüpft das Sadistenherz vor Freude. Es schaut mir so aus, als ob Sie noch richtig realisiert haben, dass es das Böse in der Welt gibt, dass es neben dem Weizen also auch das Unkraut gibt. Sie sollten aus meiner Sicht ganz einfach akzeptieren, dass es falsch gepolte Menschen gibt, die alles anders herum wahrnehmen und verstehen als Sie. Von diesen Leuten können Sie kein konsequentes Handeln erwarten, das sich an der Rationalität orientiert. Die sind nur konsequent in ihrem Sadismus. So ist das.

Gravatar: Joachim Datko

Streng religiöse Menschen können sich in der Regel nur nicht aus den in der Kindheit eingeprägten Mythen befreien.

Zitat: "[...] jeder normale Mensch würde doch allmählich merken, wann und warum er sich allmählich zum dauerhaften Gespött macht."

Auch wenn es sich in der heutigen, von den Naturwissenschaften geprägten Zeit, nicht gut macht, immer wieder die alten religiösen Mythen zu bemühen, geht es nicht darum, Menschen deswegen zum Gespött zu machen. "Satansvorstellungen", wie unter http://www.freiewelt.net/rundum-versucht-10038783/ sind einfach nur gefährlich und sollten nicht ohne Widerspruch bleiben, man denke an die bestialischen Folgen bei den Hexenverbrennungen.

Gravatar: Ulrike

Meine Güte, Herr Datko, jeder normale Mensch würde doch allmählich merken, wann und warum er sich allmählich zum dauerhaften Gespött macht. Denken Sie doch mal darüber nach und seien Sie sich Ihres Besitzes der Wahrheit ebenso wenig klar, wie Sie das von den den Kirchen fordern.
Es bringt doch nichts, persönliche Traumata mit Religion und Kirche als physikalische und philosophische Wahrheit darzustellen .Auf sehr viel mehr Verständnis stießen Sie mit der Offenlegung Ihrer Beweggründe gegen Religion und Kirche.

Gravatar: Papsttreuer

Danke, Herr Datko, für diese prompte Bestätigung dessen, was ich oben geschrieben habe!

Gravatar: Joachim Datko

Vorab: Es gibt keinen Gott, es gibt keine Götter!

Zitat: "[...] sollte aber so ehrlich sein, dann auch zuzugeben, dass es keinen Sinn im Leiden, keine Erlösung, keine transzendente Liebe gibt. "

Die Priester der Religionen sind erpicht auf Menschen "die Leiden", "die erlöst werden sollen" und denen man "eine transzendente Liebe" verkaufen kann.

Die Priester wünschen sich einen untertänigen, möglichst hilflosen Menschen, um ihn umso leichter finanziell rupfen zu können.

Die beiden großen Kirchensteuerkirchen machen in Deutschland zusammen alleine über die Kirchensteuer fast 10 Milliarden pro Jahr, ein hübsches Sümmchen.

Im Regensburger Bischofshof gibt es eine Brunnenfigur, die zeigen soll, wie das System Religion funktioniert:
http://images.fotocommunity.de/bilder/gemaelde-skulpturen/skulpturen-im-freien/gaense-brunnen-9137b383-b437-42a0-a464-144f92ba47d5.jpg

Den dummen Gänsen, die den süßlichen Worten des Priesters lauschen, droht der Tod.

Gravatar: Adorján Kovács

Sehr geehrter Herr Honekamp,
das ist mir alles zu weichgespült. Zunächst einmal lebt natürlich auch ein Christ in seiner Welt und nicht in einem Wolkenkuckucksheim. Das war schon ganz am Anfang so, als Christen am römischen Gemeinwesen mitwirkten und auch in der römischen Armee dienten. Und selbstverständlich ist Selbstverteidigung erlaubt. Unsere sehr christlichen Vorfahren haben das noch begriffen, als sie ihre Werte verteidigt haben - übrigens gegen Aggression: im Nahen Osten, in Spanien, auf dem Balkan, in Russland. Das steht nicht im Widerspruch zum Gebet, dass auch der Feind vor Gott Gerechtigkeit, ja sogar Gnade erfahren möge.

Gravatar: Papsttreuer

Ab und zu ärgere ich mich ein klein wenig über die undifferenzierten Kommentare der hauptamtlichen Atheisten bei FreieWelt, meistens amüsieren sie mich nur - in diesem Fall machen sie mich eher betroffen oder traurig: Ein Thema, das Millionen Menschen existenziell betrifft wird mit Hinweisen auf Kirchenaustrittszahlen und passenden Autoaufklebern beantwortet ?! Anstatt des immergleichen Sermons des "Physikers und Philospohen" sollten die Vertreter dieser Ideologie vielleicht einfach schreiben: "Es gibt keinen Sinn, alles ist sinnlos!" Das wäre konsequent.

Der Atheismus hinterlässt die Menschen mit Phrasen wie den obigen - er kann auch nichts anderes liefern, sollte aber so ehrlich sein, dann auch zuzugeben, dass es keinen Sinn im Leiden, keine Erlösung, keine transzendente Liebe gibt. Aus dieser Sicht ist Religion dann in der Tat ein Vetrösten, ja ein Betrügen der Gläubigen - aber die hier vertretenen Feld-Wald-und-Wiesen-Atheisten (zum Glück gibt es auch andere) vergessen immer, darauf hinzuweisen, dass sie gar keine Alternative zur Religion anbieten.

Gravatar: Tomasso

Es ist schon traurig, dass bei einem derart ehrlichen und persönlichen Beitrag, der um ebenso ehrliche und persönliche Reaktionen bittet, alle bisherigen Antworten das eigentliche Thema völlig ignorieren.

Seine Feinde zu lieben, ist schon ein besonderes Thema. Ich glaube, deshalb kommt es auch im Alten Testament noch nicht vor, sondern wird erst von Jesus eingeführt. Denn dahin können wir nur kommen, wenn wir die neue Geburt, eine reale Verwandlung unseres Herzens, erlebt haben. Ich selbst kann nur staunen, dass es mir relativ leicht fällt, ehrlich für solche Menschen zu beten. Deshalb bin ich kein besserer Christ, das ist einfach ein Geschenk Gottes.

Beeindruckend fand ich in dem Zusammenhang auch das Buch "Licht zwischen den Fronten" von Bruder Andrew, wo er berichtet, wie er persönlich zu den Terroristen von Hisbollah und Hamas gegangen ist, um ihnen das Evangelium von Jesus zu bringen. Solange er bei seiner klaren Botschaft ohne Abstriche geblieben ist, haben sie ihn mit sehr viel Respekt behandelt - auch wenn er dort keine Bekehrung erlebt hat.

Sehr berührend ist auch "Briefe an einen Mörder", ein Bericht von einer Frau, deren Sohn aufgrund eines Irrtums ermordet wurde, über ihren Weg der Vergebung. Es endet damit, dass sie Kontakt zu dem Mörder im Gefängnis aufnimmt und so erfährt, dass er inzwischen Jesus kennengelernt hat.

Ich bete sehr gerne auch für Sie, Herr Honekamp. Ich weiß nicht, ob Ihnen die genannten Berichte helfen können, aber ich bin überzeugt, dass Sie auf dem richtigen Weg sind.

Gravatar: Ursula Prasuhn

Richtig! Das Gender Mainstreaming ist so eine Pseudo-Religion, die nicht nur die politische Führung und deren Gesetzgebung infiziert hat, sondern auch die Kirchen - insbesondere die evangelische.
Die Gender-Apostel predigen ein tolerantes und gerechtes Paradies auf Erden, das zum Wohle aller auch mit Zwang durchgesetzt werden muss.
Wer das Gender-Evangelium ablehnt, gilt als besessen von bösen Geistern. Meist heißen sie „Rechtsextremismus“ oder „Phobie gegen Minderheiten“.
Und wie im Mittelalter müssen böse Geister ausgetrieben werden. Moderne Foltermethoden wie Rufschädigung, soziale Ächtung oder Vernichtung der beruflichen Existenz stehen reichlich zur Auswahl.
Es lebe die "humane" und ach so "fortschrittliche" Gender-Ideologie, die für mich nichts anderes ist als finsterstes Mittelalter. Erneut wird ein Glaube diktiert und Andersgläubigkeit sanktioniert.

Gravatar: Peter Schaefer

"Endlich habe ich einen Aufkleber gefunden der dies ausdrückt. Wird auf dem Auto angebracht werden, mehrere davon sogar."

Wenn Ihnen das hilft, dann machen Sie das ruhig, aber vergessen Sie nicht vorne einen kleinen Sehschlitz auf Augenhöhe zu lassen.

Gravatar: Freigeist

Authentisch! Seit wann ist Märchenerzählung authentisch? Die Bibel ist ein Märchenbuch.
Endlich habe ich einen Aufkleber gefunden der dies ausdrückt. Wird auf dem Auto angebracht werden, mehrere davon sogar.

Gravatar: Peter Schaefer

Werter Datko,

auch hier irren Sie. Der "religiöse Hokuspokus" schwindet nicht, sondern er verlagert sich in andere Arten Religiösität zu leben.

Gravatar: Joachim Datko

Selber denken ist wertvoll!

Zitat: "[..] mich anhand von Bibel, Katechismus, kirchlichen Lehrschreiben etc. zu vergewissern, ob ich das, was meine Meinung ist, auch als „papsttreu“ wiedergeben kann"

Wer sich auf religiöse "Lehren" verlässt, ist verlassen. In Deutschland schwindet der religiöse Hokuspokus zusehends.

So verlieren die beiden großen Kirchensteuerkirchen im langjährigen Durchschnitt zusammen pro Jahr ungefähr 500.000 Mitglieder. Kirchenschließungen sind an der Tagesordnung.

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