Heiko Maas: Alle schuld, nur ich nicht!

Heiko Maas sieht überall Schuldige an Auswüchsen gegen Flüchtlinge und Asylantenheime. Er selbst trägt aber selbstredend keine Verantwortung. Was der Justizminister über Pegida sagt, ist ein Skandal.

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Es ist nicht so, als ob es nicht Kritikwürdiges gäbe an den Pegida-Demonstrationen und ihren bundesweiten Ablegern. Die Auswahl der Sprecher ist manches mal – sagen wir mal – verbesserungsbedürftig, die dort skandierten Parolen und Symbole – ich erinnere an die Guillotine – sind in Teilen moralisch bedenklich bis hetzerisch. Ich habe dazu hier und hier auch schon mal was geschrieben. Bei nicht wenigen wird mit Pauschalierungen gearbeitet, bei denen „die Flüchtlinge“ angeblich verantwortlich zeichnen für wachsende Kriminalität und zunehmende Islamisierung unserer Gesellschaft. Eine solche Verallgemeinerung kann nicht unwidersprochen bleiben. Und wenn tatsächlich auf einem Podium dieser Veranstaltungen gehetzt wird, dann kann – Meinungsfreiheit hin oder her – auch das nicht unwidersprochen bleiben, dann muss man auch auf die moralische Verantwortung der Redner hinweisen, ohne die Verantwortung der Teilnehmer auszuklammern, die sich womöglich zu Gewalttaten angestachelt sehen könnten.

Unwidersprochen bleiben darf aber auch nicht, wenn umgekehrt auch über die Teilnehmer der Demonstrationen pauschal der Stab gebrochen wird. Unwidersprochen bleiben darf das vor allem dann nicht, wenn eine solche Pauschalierung von einem Minister ausgeht, auch noch von einem, der für die Justiz zuständig ist. Heiko Maas hat mal wieder verbal zugeschlagen mit einem linken Haken gegen Pegida-Demonstranten: „Wer da mitmacht, trägt auch moralische Verantwortung für die Taten, die auf diese radikale Hetze folgen.“ sagte er der Bild-Zeitung, die sich selbst in den letzten Tagen mit ihrem Pranger nicht eben mit Ruhm in dieser Hinsicht bekleckert hat.

In meinem oben bereits verlinkten Beitrag zur Meinungsfreiheit hatte ich bereits zur moralischen Verantwortung Stellung genommen, die diejenigen tragen, die in hetzerischer Weise auf solchen Veranstaltungen reden: Flüchtlinge als „Viehzeugs“ oder als „Moslemmüllhalden“ und Politiker als „Gauleiter gegen das eigene Volk“ zu bezeichnen, das ist kein Aufruf zur Gewalt, und doch bin ich der Meinung, dass ein Redner ins Kalkül ziehen muss, wie solche Reden bei anderen Menschen ankommt. Das heißt nicht, dass Probleme der Migration und der Flüchtlingsmassen nicht thematisiert werden dürften, genau so wie die mangelnde demokratische Legitimierung der aktuellen Flüchtlingspolitik. Aber die Wortwahl macht, ob eine Rede Hetze ist oder Kritik an den Umständen und deren Verursacher.

Und genau darum ist die Rede des Justizministers über die moralische Verantwortung von Pegida-Teilnehmern für „Taten, die auf diese radikale Hetze folgen“ ein wahrer Skandal. Er halte nichts von einem Demonstrationsverbot gegen Pegida, denn „Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit schützt auch hässliche Meinungen.“ – und man bekommt den Eindruck als sei es eine besondere Gnade des Justizministers das so zu beurteilen. Das ist es nicht: Die Regierung hat sicherzustellen, dass jeder seine Meinung sagen darf, und sei sie noch so „hässlich“. Als Minister kann er eine Einschätzung zu den Inhalten und zur Wortwahl geben, aber ein moralisches Urteil über die Zuhörer? Das ist wohl Teil der Allmachtsphantasien derartiger Politiker.

Da sind Büger auf der Straße, die Sorgen um die Zukunft ihrer Kinder umtreiben, Sorgen um die Identität ihres Heimatlandes, Sorgen, die sie nirgends artikulieren können, ohne schief angesehen zu werden in einer Gesellschaft, in der Patriotismus und konservative Einstellungen als politisch rechts eingeordnet werden, in der man moralische Wahrheiten an Umfrageergebnissen fest macht. Sind die Sorgen unbegründet? Umso besser, dann kann man ihnen argumentativ begegnen, statt immer nur so zu tun, als ob man einen Plan hätte, der aber jeden Tag auf’s neue von der Realtiät der Flüchtlingsmassen, die über die Grenzen kommen, konterkariert wird. In einem solchen Umfeld haben wirkliche Agitatoren leichtes Spiel, kann man doch immer auf Widersprüche in der Politik und in den Medien verweisen – den Begriff der „Lügenpresse“ halte ich für fehlgeleitet, aber ich habe eine Vorstellung, wie er entsteht.

Das Verhältnis der Pegida-Demonstranten und vieler Kritiker der Flüchtlingspolitik zur Regierung muss man zwischenzeitlich wohl als zerrüttet betrachten. Und Schuld tragen nicht alleine die Redner der Pegida, schon gar nicht die Zuhörer, sondern die Realitäts- und Diskussionsverweigerung weiter Teile der Politik. Verantwortung für Eskalationen der Gewalt liegen insofern auf allen Ebenen, einfache Erklärungen nach dem Muster „Hier eine Pegida-Demo, dort ein brennendes Flüchtlingsheim“ taugen genau so wenig wie „Hier Migranten, dort Islamisierung“. Statt aber auf den Teilnehmern von Demonstrationen besorgter Bürger (ja, ich weiß um die doppelte Bedeutung dieses Begriffs, werde mich aber an dieser Stelle nicht der linken Sprachpolizei beugen) herumzuhacken, würde man doch zumindest von einem für die Justiz zuständigen Minister mehr Differenzierung erwarten. Und da man an dieser Stelle keine Dummheit wird unterstellen können, muss es wohl politische Absicht sein!

Zuerst erschienen auf papsttreuerblog.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: match90

Ich stimme in allen Punkten überein, danke schön!
Allerdings muss die Lügenpresse auch die Lügenpresse bleiben, ich finde das einen prima Begriff. Jeder weiss was gemeint ist und wer den Leuten bewusst die ein oder andere Wahrheit vorenthält, kann bedenkenlos als Lügner bezeichnet werden. Kleine Randnotiz.

Gravatar: MAX

Ein MAAS ohne Maß , das ist
abscheulich und widerlich.
Mehr kann man zu so einem " POLITIKER " nicht sagen.
Wann erfolgte eine Strafanzeige wegen VOLKSVERHETZUNG,

Gravatar: Muselbrink

CDU, SPD, Grüne, Linke reden nur Müll. Was wird für die
Ärmsten der Armen getan, die Tiere : NICHTS ! nur den
Asylanten soll es gut gehen, die armen Menschen hier
zu Lande geht es auch nicht gut, aber was sollst, ist doch
egal, Hauptsache den Politikern geht es gut.
Ihr kriegt schon euere gerechte Strafe, Ihr...

Gravatar: Anne Frei

Herrn Maas fehlen bedenklicherweise auch die Worte, wenn montags die Autos von Pegidateilnehmern in Dresden angezündet werden, obwohl das nun schon zwei mal passiert ist. Warum findet er sowas nicht widerlich? Wer Gewalt als Mittel, um politische Gegner einzuschüchtern, ablehnt, müsste doch dazu auch mal Stellung beziehen und diese deutlich aussprechen, oder?

Gravatar: Karin Weber

So wie die Lage sich in Deutschland entwickelt, würde ich an dessen Stelle einen Strategie- oder Wohnsitzwechsel vollziehen. Meine Beobachtungen belegen, dass die Stimmung in der Bevölkerung immer kritischer und der Wunsch auf Veränderung immer stärker wird. Wenn Maas da weiterhin so dummprollig argumentiert, dann könnte es vielleicht zu einer Missetat kommen. Nicht das ich das gut finden würde, aber verstehen könnte ich das. Diese Galgen, Fallbeile etc. sind ja das äußere Anzeichen dafür, dass es die Bürger ernst meinen müssen. Immerhin sind das noch Methoden, die früher dem Adel vorbehalten werden. Der IS tötet heutzutage mit dem Panzer durch Überrollen. Ein solches Zeitdokument islamischer Rechtssprechung geistert gerade durch´s Netz.

Gravatar: Hajo Blaschke

Guillotine oder Galgen. Klar wäre der Text nicht anders ausgefallen. Aber über die Guillotine bei TTIP hat er sich nicht aufgespielt. Die findet diese Etwas,dass einen Minister darstellen will, völlig in Ordnung. War ja ein linker Protest.

Gravatar: ewald

sie haben vollkommen recht; es sind aber nicht nur politiker, sondern nahezu alle gesellschaftlichen gruppen ( gewerkschaften,nGo, kirchen )und selbstverständlich auch die medien, die sich jeder vernünftigen auseinandersetzung verweigern.
unsäglich ist, wenn ein justizminister einen teil der bürger zum kampf gegen den anderen teil der bürger aufhetzt.
ich jedenfalls reagiere hierauf nicht mit haß oder gegenhass, sondern mit schierer verachtung dieser leute

Gravatar: Papsttreuer

@ Marc Bisop: Ups, das habe ich in der Tat durcheinander geworfen. Ich bitte das Versehen zu entschuldigen, mit "Galgen" wäre der Text aber auch nicht anders ausgefallen, oder?

Gravatar: Gerd Müller

Wie lautet doch gleich sein Lieblingswort ?

.......... WIDERLICH ! ..........

Gravatar: Marc Bisop

Guillotine? Die wurde auf der TTIP-Demo in Berlin zur Schau gestellt...

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