Haushalten ist eine Kunst

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Ich lese meinen Buben zur Zeit "Die sechs Kummerbuben" vor. Die fünf Strebel-Buben hören atemlos zu.

Es glaubt kein Mensch, wie so eine Mutter sich rühren muss, und was alles bewältigt werden sollte an einem Morgen. ... Da waren die Stuben mit den ungemachten Betten, den schmutzigen Böden, staubigen Möbeln. Abgetragene und zerrissene Kleider und Socken lagen herum, ungeputzte Schuhe, Papierfetzen, allerhand Plunder, den die Buben immer wieder herein trugen. Da war die Küche. Manches war in dieser Woche, wo man alle Kräfte im Garten und Pflanzplätz hatte brauchen müssen, liegen geblieben. Der Feuerherd lange nicht ausgeräumt; Abzeug, Resten, Papiersäcke, unabgewaschenes Geschirr stand herum. Auch wenn sie noch so sehr die Buben zur Ordnung anhielt, es geriet halt immer wieder alles durcheinander. Die Sachen stapelten sich auf, weil nirgends genug Platz war; so war das Ordnunghalten eine wahre Kunst. ... Wer kannte den unaufhörlichen Kampf, den sie wegen der Ordnung führen musste? Und wer sah ihr zu, was sie alles so an einem Morgen verrichtete? - Wenn sie munter und guter Dinge war, wie es eigentlich in ihrer Natur lag, so lief ihr die Arbeit aus der Hand, dass es ein wahres Wunder war. Sie nahm einfach ein Ding nach dem andern vor, schön der Reihe nach... So konnte sie ruhig blieben, und ganz nach und nach ordneten sich die Dinge und sahen zufrieden und gefällig aus, als ob sie von Mutters Gemüt etwas geschenkt bekommen hätten. Sogar die Fensterscheiben taten es kund, und es kam immer etwa wieder eine Zeit, wo sie durchsichtig waren und freundlich blinkten und erzählten von Mutters Hand, die da zugleich kräftig und zart auf ihnen herum gespielt hatte, bis kein Bubenfingerzeichen und kein Fliegendrecklein mehr die glatte, hellblinkende Fläche verunzierten.

Ich liebe diesen Abschnitt. Haushalten ist eine - unterschätzte - Kunst.

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