Gutes Marktgeld und schlechtes Staatsgeld

Für die meisten Menschen sind Banken und Geldpolitik ein Buch mit sieben Siegeln. Der Ökonom Thorsten Polleit und der Wirtschaftshistoriker Michael von Prollius haben jetzt mit ihrer gemeinsamen Veröffentlichung „Geldreform“ den Versuch unternommen auch für den geldpolitisch nicht beschlagenen Leser Licht in das Dunkel zu bringen.

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Auf kaum 190 Seiten beschreiben sie von der Frage ausgehend, was Geld eigentlich ist, unser heutiges Finanzsystem, erklären die Ursachen der Finanzkrise und loten  Alternativen zum heutigen Geldsystem aus.

Sie räumen dabei mit dem Mythos auf, dass Inflation mit Preissteigerung gleichzusetzen ist und Preisstabilität an sich ein erstrebenswertes Ziel sei. Die zentrale Funktion des Geldes ist ihre Tauschfunktion. Tauschfunktionen ergeben sich aus unterschiedlichen Vorstellungen über den Wert der Ware. Da diese Vorstellungen einen rein subjektiven Ursprung haben, können Preise nicht stabil sein. Denn stabile Preise würden bedeuten, dass sich die Wünsche nach einem bestimmten Gut nicht änderten. Ziel der Verwendung von Geld sei es eine friedvolle Kooperation zwischen Menschen zu ermöglichen. Dementsprechend schwerwiegend ist eine Störung im Geldsystem.

 

Die Autoren unterscheiden zwischen „gutem“ Marktgeld und „schlechtem“ Staats- bzw. Papiergeld. Letzteres halten sie wegen seiner stark inflationären Tendenzen für ein Übel und weisen darauf hin, dass der Dollar in der Zeit zwischen 1960 und 2009 etwa 86 Prozent seiner Kaufkraft verloren hat. Sie widersprechen der Vorstellung, dass Inflation für das Funktionieren der Volkswirtschaft notwendig sei. In einem freien Marktsystem sei die Geldmenge unwichtig, da sich die Preise den Tauschrelationen anpassen. Inflation treffe jedoch durch den sogenannten Cantillion-Effekt besonders die Armen und verstärke den Trend zur allgemeinen Überschuldung.

Das Staatsgeld wird als das Kernproblem auch bei der aktuellen Weltwirtschaftskrise identifiziert. Da das Geld nicht auf Ersparnissen beruht, sondern aus dem Nichts geschöpft wird, wird der Marktzins künstlich unter das natürliche Niveau gesenkt und werden Kredite verbilligt. Dies führte zu einer Inflation bei den Vermögenswerten und damit zu einer Verzerrung der Produktionsstruktur. Früher oder später stellt sich in solchen Fällen heraus, dass diese Investitionen auf einer Geldillusion beruhen und unrentabel sind. Das macht eine Anpassungsrezession zwingend notwendig. Diese schmerzhafte, aber auch heilsame Rezession versuchen der Staat und die ihm angeschlossenen Zentralbanken durch eine weitere Ausweitung der Geldmenge zu verhindern, was im Extremfall bis zur Hyperinflation führen kann.

Am Ende des Buches beschreiben die Autoren Ansätze zur Rückkehr zum guten Marktgeld. Als Marktgeld wurde in der Geschichte vor allem Gold und Silber verwendet. Das erklären die Autoren mit Rückgriff auf das Regressionstheorem von Ludwig von Mises, das davon ausgeht, dass Geld ursprünglich immer auf ein Sachgut zurückgeführt werden kann.  Die Autoren favorisieren nicht unbedingt die Rückkehr zum Goldstandard des 19. Jahrhunderts, sondern folgen der Schrift des Ökonomen Friedrich August von Hayek, der die Entnationalisierung des Geldes und die Einführung eines Privatgeldsystems vorgeschlagen hatte, in welchem verschiedene  Währungen miteinander konkurrieren und sich stabile Währungen (vermutlich dann doch Gold und Silber) im Wettbewerb durchsetzen.

Der Wettbewerb und die Deckung des Geldes durch Edelmetalle sollen der Ausweitung der Geldschöpfung Grenzen setzen und das Zentralbanksystem unnötig machen. Nun betreiben auch private Banken „Geldschöpfung“, indem sie kurzfristig deponiertes Geld langfristig verleihen. Die Autoren kommentieren das so: „Zwar sind auch private Geschäftsbanken an der Ausweitung der Geldmenge beteiligt. Allerdings können sie nur dann Geld produzieren, wenn es ihnen die Zentralbank ermöglicht.“ Hier wäre eine Erklärung wie die Zentralbank genau auf die private Geldwährung einwirkt, folgerichtig gewesen, widersprach aber wohl dem Ziel einer allgemein verständlichen Einführung und Überblicksdarstellung.

Die Darstellung baut auf den Theorien der Österreichischen Schule der Nationalökonomie auf, zu denen Ökonomen wie Carl Menger, Ludwig von Mises, Friedrich August von Hayek und Murray Rothbard gehören.  Das Buch ist didaktisch gut aufgemacht. In kurzen, grau unterlegten Einfügungen werden interessante Einzelfragen behandelt wie z. B. Das Teilreservesystem, John Laws gescheitertes Papiergeldexperiment im 18. Jahrhundert, die Schuldenkrise im Euroraum, mögliche Szenarien der Geldentwertung usw. Das Buch ist ein Beitrag dazu diese nicht ganz einfache Materie und vor allem die Theorien der Österreichischen Schule der Nationalökonomie breiteren Leserschichten verständlich zu machen. Komplexe Sachverhalte allgemein verständlich darzustellen und interessierten Lesern einen Einstieg in die Geldtheorie und Geldpolitik zu bieten, gehören zu den Stärken dieses Buches.

Information

Thorsten Polleit, Michael von Prollius: Geldreform. Vom schlechten Staatsgeld zum guten Marktgeld, Lichtschlag 2010

Diese Rezension wurde zuerst veröffentlicht auf dem Blog des Liberalen Instituts "Denken für die Freiheit"

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