Gruselkino Flüchtlingsdrama

Man kann über Migration sprechen. Es ist eine Option, dem demografischen Wandel durch Einwanderung begegnen zu wollen. Es ist allerdings keine Option, die Konsequenzen nicht im Blick zu haben und keine Ziele zu formulieren. Was wollen wir von den Einwanderern? Was wollen die Einwanderer von uns?

Veröffentlicht:
von

Brandstiftung gegen ein Flüchtlingsheim. Mordbrenner, die Häuser anstecken und Menschen darin verbrennen lassen, das gehört mit zu den widerwärtigsten Dingen, die man sich vorstellen kann. Doch es muß gar nicht zu Brand und Mord kommen, die geistige Brandstiftung reicht schon völlig aus. Unvernunft, abstoßender Fremdenhaß und ein irrationales Gutmenschentum bilden das Dreieick, in dem sich die dramatische Inszenierung des Flüchtlingsdramas unserer Tage abspielt.

In Afrika und im Nahen Osten werden die Verhältnisse für viele Menschen einfach unerträglich. Wenn Leib und Leben in Gefahr sind, wenn die wirtschaftliche Existenz dauerhaft so gefährdet ist, daß das Überleben bedroht ist, wenn Verfolgung droht, Krieg das Land verwüstet, dann packt der Mensch seine Habe und sucht einen anderen Ort, wo – so die Hoffnung – ein Leben möglich ist. Das war schon zu allen Zeiten so.

In Europa leben wir in einer der reichsten und politisch stabilsten Regionen der Welt. Zugleich nimmt die Zahl der Europäer stetig ab. Damit nimmt allerdings auch etwas anderes ab. Demographischer Wandel ist das beschönigende Wort, das die bevorstehende Katastrophe beschreibt. Nicht einfach ein Volk oder mehrere Völker sterben aus. Es ist ein schleichender und quälender Prozeß, der mit sozialem, wirtschaftlichem und nicht zuletzt mit ethischem Abstieg zu tun hat. Entsolidarisierung und Verteilungskampf zwischen den Generationen sind im Grunde nur die Vorboten des gesellschaftlichen Niedergangs. In Europa muß niemand mehr eine Dystopie schreiben, die Dystopien der Wirklichkeit werfen längst ihre Schatten voraus.

In diese Situation drängen jetzt die Flüchtlinge aus Afrika und dem Nahen Osten. Es ist die große Stunde der Schlepperbanden, die zu horrenden Preisen Menschen aus den Krisenregionen übers Mittelmeer nach Europa bringen. In ein Europa, das sich zunehmend menschlich entleert. In ein Europa, das blindlings in diese Katastrophe hinein gelaufen ist. In ein Europa, das sich zunehmend durch Flüchtlinge überfordert zeigt. Das gilt im Kleinen, wo Demonstrationen vor oder Gewalt gegen Flüchtlingsunterkünfte beinahe täglich in den Nachrichten stehen, wo dumpfe Feindseligkeit sich Bahn bricht und von interessierten Kreisen geschürt wird. Das gilt aber auch im mittleren oder großen Bereich der Politik. Da streiten Länder und Kommunen um Kontingente (es wird einem Übel, denn es geht um Menschen) und da streitet man um die Kosten.

Und sind die Menschen erst einmal da, dann bewahrt man sie möglichst nur auf und versorgt sie mit dem Nötigsten. Selbst das klappt nicht immer. Wo ist eigentlich der geniale deutsche Organisationsgeist gebleiben? Chaos regiert zuweilen, Hilflosigkeit und Überforderung sind die Folge. Schöne Helfer sind das. Man wundert sich dann, wenn Flüchtlinge zuweilen aus Not kriminell werden und sofort ist sie wieder da, die widerwärtige Ablehnung der Menschen aus der Fremde. Schaut da mal jemand genauer hin und trennt die Spreu vomn Weizen? Eher nicht.

Das Drama hat noch eine andere Dimension, die kaum einmal benannt wird. Das klügste, was dazu zu lesen war, kam von Kardinal Turkson, der in einen Interview mit der FAZ deutlich gesagt hat, daß Afrika durch die Flüchtlingswelle ausblute. Zudem wies der Kardinal darauf hin, daß die Menschen in Afrika kaum realistische Informationen über die Belastungen und Gefahren haben, die mit einer Flucht auf sie zu kommen. „Die wirkliche Geschichte ihrer Wanderschaft wird daheim nie erzählt; über die Erniedrigung und die Schmerzen wird geschwiegen.“ In Afrika müssten realistische Informationen über die Gefahren der Flucht und die Situation in Europa verbreitet werden, sagte der Kardinal der FAZ.

Das alles zusammen genommen, das Versagen Europas vor der Massenmigration, die Zustände in Afrika und dem Nahen Osten, das Versagen der Staatengemeinschaft gegenüber Terror, Krieg, Hunger, Armut und Katastrophen bildet ein extrem explosives Gemisch. Die Explosionen suchen die Herkunftsländer der Flüchtlinge zuerst heim und schwappen dann auf die Aufnehmerländer. Man könnte von einem globalen Versagen sprechen.

Völlig zu Recht verweist Kardinal Marx darauf, daß wir in Europa eine Kultur der Aufnahme und Solidarität benötigen, wie sie auch der Papst immer wieder anmahnt. Die Kirche steht schon immer an der Seite der Verfolgten, Entrechteten und Bedrohten. Das ist ihre Aufgabe, denn es ist ein Akt der Nächstenliebe und ergibt sich als klarer Auftrag aus den leiblichen Werken der Barmherzigkeit (Hungrige speisen, Obdachlose beherbergen, Nackte bekleiden, Kranke besuchen, Gefangene besuchen, Tote begraben, Almosen geben). Ebenso ist es die Aufgabe der Kirche, auf die Mißstände in der gesamten Breite hinzuweisen. Kardinal Turkson steht nicht isoliert mit seiner Meinung. Man muß, wenn das mal so sagen darf, die Kardinäle Marx und Turkson gemeinsam hören, will man der Situation gerecht werden.

Was vor allem in Europa fehlt, ist eine geistige und auch politische Klarheit über die Ziele. Man kann über Migration sprechen. Es ist eine Option, dem demografischen Wandel durch Einwanderung begegnen zu wollen. Es ist allerdings keine Option, die Konseuqenzen nicht im Blick zu haben und keine Ziele zu formulieren. Was wollen wir von den Einwanderern? Was wollen die Einwanderer von uns? Niemand spricht ein klares Wort dazu. So nimmt der Kerngedanke, man köntne von einer Kerngefahr sprechen, des Romans „Das Heerlager der Heiligen“ von Jean Raspail in nur allzu grotesker Form langsam Realität an. Europa, das große starke alte Europa zeigt sich völlig überfordert.

Wer die Krisen Afrikas und des Nahen Ostens nicht in unsere Länder tragen will, sollte sich bemühen, Optionen für diese Länder zu entwickeln. Optionen, die Migration zu einer Möglichkeit machen, die nicht aus Hunger, Krieg und Terror geboren wird, sondern eine echte Freizügigkeit inklusive der notwendigen integrativen Maßnahmen macht. Da muß in langfristigen Perspektiven gedacht werden. Das ist eine Aufgabe der Politk. Das kann man nicht von heute auf morgen erreichen. Da gilt es langfristige, aber nichts desto weniger sehr klare Ziele zu formulieren.

In der gegenwärtigen Not allerdings heißt es, die Türen zu öffnen und den Menschen Sicherheit und Schutz zu bieten. Wenn wir dazu nicht mehr in der Lage sind, wäre das eine Schande. Wenn erst die Mordbrenner in unserem Land die Flüchtlingspolitik bestimmen, dann haben wir als Menschen und als Christen vollends verloren. Mitleid und Ratio schließen sich in der Flüchtlingsfrage nicht aus. Im Gegenteil, sie bedingen einander, will man wirkliche Lösungen. Derzeit wird allerdings eher der Eindruck erweckt, sie stünden in Konkurrenz zueinanander. Ein fataler Fehler.

Zuerst erschienen auf katholon.de

Für die Inhalte der Blogs und Kolumnen sind die jeweiligen Blogger verantwortlich. Die Beiträge der Blogger und Gastautoren geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Gravatar: emporda

Völlig zu Recht verweist Kardinal Marx darauf, daß wir in Europa eine Kultur der Aufnahme und Solidarität benötige

Die RKK besitzt ein Vermögen über Hunderte Milliarden €, wie viele Flüchtlinge hat sie denn schon aufgenommen, mit Unterkunft und Arbeit versorgt.

Wie war das noh bei letzten Erdbeben in Italien vielen Toten und Zehntausenden Wohnungen und Häusern zerstört. Der all-wissende Popanz Ratzinger hat den Opfern 500 Ostereier gespendet

Gravatar: MM

Um nicht missverstanden zu werden: Wie Klartexter sagt: Man sollte aber nicht die Opfer angreifen, sondern im Westen die politischen Verursacher der Flüchtlingsströme.

Und denken wir daran, dass unser Nächster jeder Einzelne (auch Zugereiste) ist, dem wir begegnen. Für diese Begegnungen trifft dann auch das Matthäus-Evangelium zu (Hungrige speisen, Obdachlose beherbergen, Nackte bekleiden, Kranke besuchen, Gefangene besuchen, Tote begraben, Almosen geben) - denn der Nächste wird uns nicht überfordern.

Gravatar: MM

Machen Sie doch die Augen auf! Sie gehen von falschen Fakten aus.

Die Mordbrenner sind doch nicht Einheimische. Seit Anschwellen der "Flüchtlings"-Ströme (was soll eine "Flucht" aus Albanien oder Tunesien sein?) sind viele Flüchtlinge (oft echte Flüchtlinge) durch Mit-"Flüchtlinge" ermordet worden. Oft trifft es die Christen, die hier in Deutschland wieder ihren moslemischen Verfolgern ausgesetzt sind. Wenn ein verzweifelter Nachbar aus Angst um seine Töchter ein leerstehendes! Gebäude in Brand setzt, ist das doch kein Mord!

Und die Brandstifter sind auch die Politiker, die trotz >70% Ablehnungsquote fast niemanden abschieben. ("Winterabschiebestop", "Asylverfahren hat 4 Jahre gedauert", "Abgelehnter versteckt sich", "Pass weggeworfen", "Heimatland nimmt keine Straffällige zurück",...). Das ist doch nicht christlich, sonder tief kommunistisch und wird ähnliche fatale Konsequenzen haben wie die Umsiedlungen in der Sowjetunion und in China mit Zigmillionen Toten.

Helfen wir doch den Menschen vor Ort, denen die sich die 20000 Euro für den Schlepper nicht leisten können, und nicht den Kriminellen, die hier illegal einreisen und dann mit deutschem Pass sich wieder dem Kalifat anschließen. Wenn Europa ins Chaos gestürzt wird, ist der Welt nicht geholfen.

Gravatar: Klartexter

Herr Winnemöller, was sie schreiben stimmt doch nur zum Teil, dem Kleineren. Wenn man die Flüchtlingsboote sieht, dann stellt man fest, dass fast ausschließlich männliche, mit schwarzer Hautfarbe über das Mittelmehr kommen. Ein Konfliktpotential von noch nicht überschaubarem Ausmaß. Hinzu kommen die männlichen Flüchtlinge aus den arabischen Staaten, die oft bereits existierende Familienclans weiter komplettieren. Und da wären noch die echten Kriegsflüchtlinge aus Syrien, die wegen des westlichen Demokratisierungsversuchs tatsächlich um ihr Leben bangen müssen, weil sie Schiiten, Kurden, Jesiden oder Christen sind. Und die Europäer haben Angst vor einem hoch explosiven Völkergemisch mit überwiegend islamischer Prägung. Dass es bei dieser Entwicklung zu Gegenwehr kommt, wäre überall auf der Welt normal, außer in der BRD. Wer friedlich gegen die Unterbringung von Asylanten protestiert, wird mit allen Titeln der Ausländerfeindlichkeit bis hin zum Nazi diffamiert. Was kommt nach dem mit der Nazikeule erschlagenen Protest? Was kommen muss, der aktive Wiederstand. Das ist bei jedem Anfang einer gesellschaftlichen Revolution so, wie die Geschichte gelehrt hat. Man sollte aber nicht die Opfer angreifen, sondern im Westen die politischen Verursacher der Flüchtlingsströme.

Gravatar: Sebastian Wohlfarth

Wir haben derzeit sieben syrische Flüchtlinge (westlich orientierte "Traditionssunniten") in unserem Ort. Bis jetzt gibt es keinerlei Probleme - im Gegenteil. Sie sind freundliche und bescheidene Menschen. Ihre Heimatstadt Deir ez-Zor am Euphrat ist umkämpft und teilweise von Isis besetzt. Man könnte annehmen, wenn jemand Flüchtling genannt werden kann, dann diese Syrer. Trotzdem ist die Anerkennung des Asylbegehrens sehr fraglich, weil die Behörden heillos überlastet sind und oft völlig willkürliche Entscheidungen (wenn überhaupt) treffen. Ein quasi identischer Fluchthintergrund wird beim einen so, bei einem anderen anders bewertet. Gleichzeitig schaffen es Einwanderer etwa vom Balkan (so eine hiesige Hilfsdienstmitarbeiterin), mit Glück, Gewitztheit und z.T. auch Unverschämtheit jahrelang als "Flüchtlinge" über die Runden zu kommen und dabei alle möglichen gesetzlichen und finanziellen Kapazitäten auszuschöpfen und in Beschlag zu nehmen.

Das Problem dabei ist nicht ein legitimes "pursuit of happiness"; das Problem ist die falsche und verderbliche Vermengung bzw. Außerachtlassung von Motiven und Notwendigkeiten. Kosovo oder Tunesien sind nicht Syrien oder meinetwegen Eritrea! Die deutschen Amerika-Auswanderer im 19. Jahrhundert oder die DDR-Ausreisewilligen der 80er Jahre waren auch nicht automatisch "Flüchtlinge". Die oft idealistische, oft aber auch wohlkalkulierte Ignoranz in dieser drängenden Frage schafft böses Blut und kann uns noch sehr hart auf die Füße fallen, denn die Menschen sind wie sie sind - also meist nicht allzu nachsichtig und großherzig, sondern schnell an seelische Grenzen gelangend. Der zivilisatorische Firnis ist schnell durchbrochen (vor einem Asylantenhaus und in einem Asylantenhaus).

Und auch ein "echter" Flüchtling trägt nicht zwangsläufig schon einen Heiligenschein. Wer aus seiner Heimat flieht, es aber nicht lassen kann, andere Flüchtlinge (z.B. Christen) zu drangsalieren oder das Aufnahmeland zu bedrängen und zu beleidigen, muß hier nicht Obdach finden. Es gibt genug andere, die in Deutschland Aufnahme und nötigenfalls auch die Chance auf eine neue, deutsche Heimat finden sollten.

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang