Grüne Politik nutzt nur den Grünen

Der Gründer des Meinungsforschungsinstituts Forsa Manfred Güllner, hat sich in seinem Buch „Die Grünen. Höhenflug oder Absturz“ mit der Wählerschaft der Grünen und ihrem Einfluss auf den Zeitgeist und das politische System der Bundesrepublik auseinandergesetzt.

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Herausgekommen ist eine Grundsatzkritik am Wirken der Grünen und ihrem unverhältnismäßig hohem Einfluss auf die politische Agenda des Landes.

Der historische Ursprung der grünen Bewegung

Güllner beginnt seine Darstellung mit einem historischen Abriss und setzt sich mit den Ursprüngen der Grünen auseinander. Er verweist die Behauptung, die Grünen seien die direkten Erben der 68er, ebenso in den Bereich der Mythen, wie die Vorstellung, sie seien eine in breiten Schichten der Bevölkerung verankerte soziale Bewegung. Der größte Teil der originären 68-Bewegung, die sich Parteien angeschlossen haben, ging nach 1968 in die SPD und die FDP. Die Grünen seien von Anfang an ein Elitenprojekt radikalisierter Bildungsbürger gewesen, die sowohl linksradikale als auch konservativ-autoritäre Gruppierungen in sich aufnahmen. Aber nicht als originäres Produkt von 68, sondern der zweiten Hälfte der siebziger Jahre.

Die fünf Gründungs-Gruppierungen

Die fünf wichtigsten Gruppierungen bei der Gründung waren konservative Ökologen, Anhänger einer antiwestlichen Gemeinschaftsideologie, Strömungen der damals anwachsenden Anthroposophie, undogmatische Linke und K-Gruppen-Aktivisten. Was sie einte, bezeichnet Güllner als „Revolte gegen die Moderne“. Güllner weist nach, dass sich die Kernwählerschaft der Grünen seit den achtziger Jahren nicht wesentlich gewandelt hat. Den Grünen ist es im Wesentlichen nicht gelungen  in neue Milieus vorzustoßen, sondern die Stammwähler der ersten Stunde sind mit der Partei demographisch gealtert. Die Gründergeneration umfasste vor allem Erst- und Zweitwähler aus gut situierten Elternhäusern mit hohen Bildungsabschlüssen, die in den letzten Jahrzehnten in die gehobenen Einkommensschichten aufgestiegen sind.

 

Stammwählerschaft im öffentlichen Dienst und Rückhalt bei den Medien

Die Grünen verfügen nach Güllner über mit dieser Gruppe eine feste Stammwählerschaft mit homogenen Interessen, stark verankert in der Beamtenschaft und dem öffentlichen Dienst. Durch die große soziale Sicherheit, die die Stammwähler und Parteimitglieder genießen, seien postmaterialistische Wertvorstellungen für diese Kennzeichnend. Für die große Mehrheit der deutschen Bevölkerung gelte das aber nicht. Durch den Rückhalt, den die Grünen in den Medien, an den Universitäten und in Teilen der Evangelischen Kirche gefunden haben, sei jedoch der  Eindruck entstanden, grüne Themen und Politikinhalte hätten einen viel breiteren Rückhalt in der Gesellschaft als das tatsächlich der Fall ist.

Fallende Wahlbeteiligung in der Bundesrepublik

Für die Bundesrepublik sind laut Güllner zwei Besonderheiten kennzeichnend:  Zum einem der  im Vergleich zu anderen westlichen Demokratien sehr hohe Rückgang der Wahlbeteiligung seit Anfang der achtziger Jahre um  über 18 Prozent. (Im Vergleich zu dem Rückgang in den USA um 2,5 Prozent, Großbritannien 7 Prozent, Italien um 8 Prozent und Frankreich um 13,5 Prozent.) Zum anderen die starke Rolle der Grünen im politischen System.  Güllner sieht zwischen beiden Phänomenen einen Zusammenhang. Dieser Zusammenhang stellt sich nach Güllner wie folgt dar: Mit dem Aufkommen der Grünen haben auch die anderen Parteien auf grüne Politik gesetzt. Während die Grünen sich dadurch bestätigt fühlten und ihre Kernwählerschaft halten konnten, verloren die anderen Parteien – insbesondere die Volksparteien einen großen Teil ihrer Wählersubstanz.

Niedergang der Volksparteien durch Anpassung an die Grünen

Besonders der SPD habe das massiv geschadet. Mit dem Abgang von Helmut Schmidt setzten die Sozialdemokraten auf die grünen Themen Friedenspolitik, Umweltschutz und Anti-Atompolitik wodurch sie den Grünen linke Wähler aus den eigenen Reihen zu trieben und sozialdemokratische Traditionswähler vergraulten. Dies kostete die SPD einen großen Teil ihrer Wählerschaft, den sie unter Helmut Schmidt noch erreicht hatte. Güller zeigt, dass in rotgrünen Landesregierungen die SPD in der Regel erhebliche Stimmeneinbußen hinnehmen musste. Die Ausnahme war die niedersächsische Landesregierung unter Gerhard Schröder, der im Umgang mit den Grünen eine Koch-und Kellner-Politik betrieb. Aber auch die CDU habe durch die Anpassung an den grünen Kurs massiv an Rückhalt in der Bevölkerung verloren. Anfang der 1980er Jahre wählen noch 80 Prozent der Wahlberechtigten die beiden Volksparteien, bei der letzten Bundestagswahl 2009 erreichten Union und SPD zusammen nur noch 40 Prozent aller Wahlberechtigten.

Unfreiwillige Wahlhilfe für die Grünen

Dieser Verlust erklärt sich nach Güllner so: Wenn die traditionellen Parteien der Bundesrepublik CDU/CSU, SPD und FDP grüne Politik betreiben, dann führt das zu einer doppelten Absetzbewegung der Wähler von diesen Parteien. Die ohnehin grün angehauchten Anhänger der Alt-Parteien fühlen sich durch diese zusätzliche Akzeptanz grüner Politik dazu animiert, gleich zum grünen Original zu wechseln. Der andere grünkritische Teil der Wählerschaft fühlt sich durch diese Anpassung verunsichert und frustriert und wechselt verstärkt ins Lager der Nichtwähler. Der Rückgang der Wahlbeteiligung führt dazu, dass die Grünen einen größeren Anteil unter den Stimmwählern erhalten, ohne in absoluten Zahlen stark zu zulegen. Seit den achtziger Jahren haben die Grünen in absoluten Stimmen bei Landtags- und Bundestagswahl kaum dazu gewonnen. Durch den größeren Anteil der Nichtwähler erreichen die Grünen mit ihrer stabilen, relativ homogenen Wählerschaft höhere Prozentzahlen bei den abgegeben Stimmen. Insoweit wirkten die alten Parteien durch die bereitwillige Aufnahme grüner Themen und Wertvorstellungen von Anfang an als unfreiwillige Wahlhelfer für die Grünen.

Fazit: Das Hauptproblem der anderen Parteien

Güllner sieht das Hauptproblem der Parteien mit Ausnahme der Grünen selbst darin, dass inzwischen alle Parteien um die Stimmen einer Minderheit konkurrieren und die Mehrheit links liegen lassen. Diese Mehrheit sei in erster Linie an preiswerter Energie und Sicherung des Wohlstandes interessiert. Die Vermutung, dass grüne Politik Rückhalt bei einer Mehrheit der Wähler findet, beruhe auf einer Fehldeutung der Umfrageergebnisse. Es sei zwar richtig, dass eine Mehrheit der Bürger sich für einen Ausstieg befürworten, dieser Ausstieg habe aber für die Mehrheit der Bürger im Vergleich zu anderen wirtschafts- und sozialpolitischen Zielen keine politische Priorität. Der Konkurrenz der anderen Parteien um die Minderheit der grünen Wähler führe zu dem nicht dazu, dass diese die sehr stabile Stammwählerschaft der Grünen für sich gewinnen könnten, sondern dazu, dass diese sich in ihrer Wahlentscheidung für die Grünen noch weiter bestärkt fühlen.

Information:

Manfred Güllner: Die Grünen, Höhenflug oder Absturz?, Freiburg im Breisgau 2012.

Dieser Beitrag erschien auf dem Blog des Liberalen Instituts

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Rosi

Hallo

der Beitrag ist zwar "uralt" aber immer noch Interessant zum lesen.
Was jedem die Augen öffnen sollte ist folgendes:


Fallende Wahlbeteiligung in der Bundesrepublik


Danke fuer den Beitrag!

Gravatar: Maja

Die Grünen sind... der Gesellschaft Tod.

Gravatar: Klaus

Zuerst moechte ich mich Waldemar anschliessen. Die Gruenen mussten sich unter dem Gespoett der damaligen Mehrheit zusammenraufen. Dennoch taten sie es. Hier waren viele engagierte Mitbuerger am Werk die gegen allzu etablierte Denkweisen Widerstand leisteten. Und es war erfolgreich. Ein Kommen und Gehen von Persoenlichkeiten. Heute stehen soziale Probleme an, die mit einer sozialen Marktwirtschaft nicht im Einklang stehen. Hier machen die Gruenen keine gute Figur. Sie sind derzeit keine Opposition in dieser Thematik, so wie es die Linke glaubwuerdig darzustellen vermag. Hervorheben moechte ich die besonders mutigen Abweichler innerhalb ihrer Parteien. Diese Abweichler leben Demokratie, denken eigenstaendig und versuchen Mehrheiten zu finden. Diese glaubwuerdige Opposition kann gelingen. Letzten Endes auch zu einer guten Politik fuer die Buerger Europas. Hier kann jeder in sich gehen und seinen Teil dazu beitragen.

Gravatar: waldemar

Dem liberal-konservativen, eurokritischen Lager zeigt doch die Entwicklung der Grünen eines: Einigkeit macht stark. Durch die heute kaum noch zu begreifende gemeinsame Plattform von so unterschiedlichen Leuten wie damals Herbert Gruhl (Ex-CDU), Baldur Springmann (Öko-Nationalist), Petra Kelly (Pazifistin) und seltsamen linken Gruppen wie BUS usw. konnten die Grünen Erfolge haben. Wer daraus lernt, für den ist klar: so wie die Eurokritiker sich derzeit zersplittern, wird das nichts.
Es gibt mindestens 10 Splitterparteien, die alle eurokritisch sind, aber sich wegen Lapalien nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen können. Da nutzt auch die Gründung der 11. Splitterpartei nichts. Ich habe darüber schon Diskussionen mit Funktionären diverser Kleinparteien geführt und kann nur attestieren: viele wohlmeinende Leute verbeißen sich da über Jahre weg in ihre wunderschönen Parteiprogramme, merken aber nicht, daß die Karawane schon längst weitergezogen ist. Ich sehe derzeit keinen ernstzunehmenden politischen Hoffnungsschimmer.

Gravatar: Ursula Prasuhn

@Boris Kotchoubey
Es ist genauso, wie Sie sagen. Die Grünen mit ihren Aktivisten in Schlüsselstellungen haben allmählich die Meinungshoheit im Lande und wer da nicht kritisch mitdenkt und sich nicht informiert, wird zum willfährigen Mitläufer und gewünschten Wähler.

Gravatar: malgucken

Im Prinzip gibt es ja eine zweite Umweltpartei, die ÖDP, die sich in einigen Punkten wohltuend von den Grünen abhebt. Allerdings meine ich in Teilen eine "Vergrünung" feststellen zu müssen. Eine deutlichere Abgrenzung von den Grünen bei gesellschaftspolitischen Themen und eine klare Positionierung z.B. in den von Karin Weber genannten Punkten, würde der ÖDP gut tun. Fragt sich nur, ob der Mut fehlt, die Einsicht oder ob dahinter eine vermeintliche Strategie steht.

Gravatar: Boris Kotchoubey

Die Grünen haben hinter sich ca. 15% der Bevölkerung. ABER: ca. 40% der Journalisten, ca. 50% der Schullehrer in sozialen Fächern, ca. 60% der evangelischen Pfarrer. Und das sind Schlüsselpositionen. Öffnen wir eine Zeitung, schalten wir Funk an, gehen wir in die Schule (und alle Kinder müssen es), hören wir eine Predigt in der Kirche: überall wird unsere die grüne Denkweise vorgestellt, die grüne Sicht der Dinge. Wir sehen die Welt durch eine grüne Brille.

Gravatar: Mona

Wenn doch die CDU-Politiker endlich begreifen würden, dass grüne Politik nur den Grünen selbst nützt.
Alle Versuche, deren Standpunkten hinterherzulaufen, verprellt nur die Wähler.

Gravatar: Karin Weber

Ich habe gestern ein Interview mit Herrn Stratmann-Mertens, einen der Gründer der Grünen, der aber zwischenzeitlich ausgetreten ist, gehört. Er sagt, dass die Grünen sich von ihren Ursprüngen total entfernt hätten. Als Beispiel nannte er Joschka Fischer, der es vom Friedensdemonstranten zum kriegsführenden Außenminister geschafft hat. Dieses Interview ist in der Mediathek von MDR-Info abrufbar und sehr interessant. Ich habs schon mal erwähnt, wenn sich hier eine neue (reine) Umweltpartei gründen würde, dann würde dies die GRÜNEN als das demaskieren was sie wirklich sind, eine Vorhut lesbo-sozialistischer Horden, die alles gleichmachen wollen. Stichworte: Gender-Mainstreaming, Verschwulung, Frauenquote, Feminismus ......

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