Grüne Gefahr?

Wer sich in der Öffentlichkeit kritisch mit den Grünen auseinandersetzt, läuft Gefahr, an den Pranger gestellt zu werden.

Veröffentlicht:
von

Insbesondere die Führungskader der grünen Bewegung unternehmen einiges, um gegen missliebige Kritiker vorzugehen. ManfredGüllner, Gründer und Chef des Meinungsforschungsinstituts forsa, weist in seinem Buch „Die Grünen. Höhenflug oder Absturz?“ darauf hin, dass es den Grünen gelungen sei, sich als „gute Menschen“ darzustellen: „Eine sachliche Debatte mit ‚Gut-Menschen’ ist dementsprechend schwierig, zumal die Grünen wegen ihrer ‚guten’ Ziele der diese guten Ziele verfolgenden ‚guten Menschen’ kaum kritisiert werden können, ohne als Kritiker selbst ins moralische Abseits zu gelangen.“

 

Bei den meisten Medienvertretern sind die Grünen ebenfalls wohlgelitten. Schon im Jahr 2005 hat der Kommunikationswissenschaftler Siegfried Weischenberg festgestellt, dass 36 Prozent der deutschen Journalisten den Grünen zuneigen (26 Prozent der Journalisten waren 2005 Anhänger der SPD, neun Prozent Anhänger der Union, zehn Prozent Anhänger der FPD oder anderer kleiner Parteien). Inzwischen dürften noch mehr Journalisten den Grünen zuneigen. Güllner zufolge dürfte diese „Dominanz grünen Gedankenguts unter deutschen Journalisten“ wesentlich dazu beigetragen haben, „dass grüne Themen und Werte in der öffentlichen Diskussion einen so hohen Stellenwert haben“.

 

Dominanz grünen Gedankenguts

 

Doch selbst bei manchen Vertretern der „Volksparteien“ CDU und SPD ist es inzwischen verpönt, etwas Nachteiliges über die Truppe um Jürgen Trittin und Claudia Roth zu sagen. Denn es könnte ja der Fall eintreten, dass man mit den Grünen ins Koalitionsbett steigen muss / darf / sollte. Allerdings ist die Vermutung nahe liegend, dass diese Volksvertreter ihr eigenes Rückgrat gegen einen Gummischlauch eingetauscht haben.

 

Güllners Buch ist sehr polemisch. Die Literaturgrundlage ist etwas dürftig. Manche Spitzen („grüne Diktatur“) erscheinen entbehrlich, denn sie machen es besagten „Gutmenschen“ zu leicht, an der Seriosität des Werkes zu zweifeln. Es ist ziemlich unsinnig, die Grünen als eine Art Bewegung darzustellen, welche die Demokratie gefährde. Alle schiefen Vergleiche mit der „Weimarer Republik“ sollte man besser unterlassen.

 

Nähert man sich dem Kern der schmalen Streitschrift, dann darf sie SPD und Union im Wahljahr 2013 als Warnung dienen, sich mit den Grünen einzulassen oder Koalitionen zu bilden. Dies sollten insbesondere die schwarz-grünen „Vordenker“ in der CDU bedenken, denn die CDU ist bisher mit schwarz-gelben oder schwarz-roten Bündnissen noch immer besser gefahren. Am Ende, das macht Güllner deutlich, haben nämlich fast immer die Grünen von solchen Bündnissen mit einem größeren Partner profitiert, weil sie sich im Verbund mit einer grün gestrickten veröffentlichten Meinung besser profilieren konnten. Der grüne Kellner spielt halt gerne Koch.

 

Es mag manche Leser der "Freien Welt" stören oder irritieren, trotzdem muss darauf hingewiesen werden, dass die sogenannten „kleinen Leute“ definitiv besser aufgehoben sind, wenn sie ihr Kreuz bei den Volksparteien machen und nicht bei der grünen Klientelpartei. Viele Beamte – vor allem im höheren Dienst – sind grün-affin. Grüne Wähler und Parteimitglieder müssen sich um ihre materielle Existenz laut Güllner in der Regel wenig Sorgen machen. Kein Wunder, dass die Energiewende in ihren Augen vor allem vermeintlich ökologisch, aber nicht unbedingt sozial ausfallen sollte. Es ist aber Gift für unsere Demokratie, wenn „die Bedürfnisse der unteren sozialen Schichten(…) nicht mehr berücksichtigt werden“. Der Protest der „Wutbürger“ mit Verbindungen zur grünen Bewegung ist ein Protest, der fast nur von „oben“, aber nicht von „unten“ ausgeht. Wenn sich also SPD und CDU immer mehr einem vermeintlichen grünen Zeitgeist hingeben, dann setzen sie letztlich ihren ohnehin schon wackelnden Status als Volkspartei aufs Spiel.

 

So haben, darauf weist die Meinungsforschung hin, die meisten Bürger ein vitales Interesse an bezahlbarer Energie. Den Grünen ist es aber gelungen, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, als sei der Ausstieg aus der Kernenergie ein überaus wichtiges Anliegen für alle Menschen in diesem Land. „Wichtiger ist für die ‚normalen’ Bürger, dass es genügend und bezahlbare Energie gibt, und man nicht irgendwann im Kalten oder Dunkeln sitzen muss“, so Güllner schlüssig.

 

Die Grünen sind heutzutage eine ziemlich reine „West-Partei“. Im Osten sind sie unterrepräsentiert. 2012 waren nur noch weniger als ein Zehntel der grünen Anhänger in den neuen Ländern zu finden. Sie sind auch – entgegen der medialen Mär – signifikant älter geworden: über 60 Prozent der grünen Sympathisanten sind inzwischen älter als 45 Jahre alt. Es ist sehr aufschlussreich, dass sich die höchsten Sympathien für die Grünen bei den 30- bis 59-jährigen Frauen mit höherer Schulbildung in Baden-Württemberg finden. Von diesen baden-württembergischen Frauen würden derzeit – so Güllner – 40 Prozent die Grünen wählen.

 

Die Grünen sind keine Volkspartei und werden es auf absehbare Zeit auch nicht sein. Die baden-württembergischen Frauen in allen Ehren, doch unser Land besteht nicht nur aus intakten, blühenden Landschaften. Für Regionen, denen es wirtschaftlich schlechter geht, hat diese Partei, die sehr stark nach Öffentlichem Dienst duftet, nicht die passenden Antworten parat.

 

Die kleiner gewordenen Volksparteien sollten sich nicht so sehr vor den Grünen fürchten. Sie sollten die inhaltliche Auseinandersetzung mit ihnen aufnehmen. Es ist lächerlich, der FDP das Label soziale Kälte anzuheften, aber die Augen davor zu verschließen, dass es auch den Grünen vornehmlich um die Interessen der eigenen Klientel geht – und dies sind nun einmal die besser Gebildeten und die Besserverdienenden. Wenn die fast 150 Jahre alte deutsche Sozialdemokratie im Bundestagswahlkampf den Gedanken der sozialen Gerechtigkeit wirklich ernst nehmen will, dann muss sie die inhaltlich scharfe Auseinandersetzung mit den Grünen wagen – und zwar im eigenen Interesse wie im Interesse der immer noch zahlreichen „kleinen Leute“ in diesem Lande.

 

Manfred Güllner: Die Grünen. Höhenflug oder Absturz? Herder-Verlag: Freiburg im Breisgau 2012. 180 Seiten. 16,99 Euro.

Für die Inhalte der Blogs und Kolumnen sind die jeweiligen Blogger verantwortlich. Die Beiträge der Blogger und Gastautoren geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Gravatar: H. L.

@Frau Weber
"... weit mehr fressen EEG und Steuern."
So ist es!
Der Freigeist stellt so manche Behauptung in den Raum, über die ich nur den Kopf schütteln kann. Er scheint gegen Kritik aber immun und vielleicht sogar darauf erpicht. So wird man doch immerhin wahrgenommen und angeschrieben.

Gravatar: Karin Weber

@ Freigeist:

Manchmal glaube ich, dass Ihr Name auch Ihr Lebensmotto ist. Ehe Sie wieder solch einen unsubstantiierten Quark schreiben, machen Sie sich bitte mal kundig, wer an den Preissteigerungen wirklich schuldig ist. Die Konzerne schlucken dabei doch noch den geringsten Anteil, weit mehr fressen EEG und Steuern. Na und dafür sind ja wohl ganz sicher Parteien/die politische Klasse zuständig.

@ Ansgar Lange

Es ist notwendig sein Kreuz auf dem Wahlschein nicht bei den Volksparteien zu machen. Eine Farbe spielt dabei keine Rolle, weil diese mittlerweile alle zur Einheitspartei Deutschlands gehören. Richtig und wichtig ist es, sein Kreuz bei den kleinen Parteien zu machen, denn per Parteienfinanzierungsgesetz bekommen nämlich genau die, entsprechend ihrem Stimmanteil, ebenfalls Gelder aus dem Steuerpott, die sonst wieder unter den politischen Wölfen im Schafspelz verteilt werden. Die Volksparteien sind fertig, deren Ende absehbar und dies aus inhaltlicher und demographischer Sicht. Ich habe Bürger kennengelernt, die haben vor, eine neue Umweltpartei zu gründen, denn die GRÜNEN stehen nicht mehr für den Umweltschutz oder Frieden. Die GRÜNEN stehen für Feminismus, Multikulti, Familienzerstörung und Homo-Lobby. Sie sind verantwortlich für die „Verspargelung“ unserer Landschaft, für exzessive Monokulturen (Raps u. Mais) und keinesfalls für den Tierschutz.

Gravatar: Friedemann

Die Grünen haben ihre Unschuld längst verloren, und Umweltschutz, zu dem ja auch der Mensch gehört, zählt längst nicht mehr zum eigentlichen Herzensanliegen. Da entrüstet man sich über skandalöse Tierhaltungsbedingungen, befürwortet aber gleichzeitig mit der gleichen Inbrunst Kleinkindintensivhaltung in den überwiegend qualitativ schlechten Kinderkrippen, regt sich über ein zu schnelles Wegnehmen von Tierbabys von ihrer Mutter auf, praktiziert aber gleiches bei Menschenbabys, weil es ja dann um Frauenemanzipation geht. In diesem Sinne sind die Grünen homophob, im Sinne von "gegen den homo sapiens". Letztlich sind die Grünen tief gespaltene Persönlichkeiten, denen es ums eigene Wohl geht und die nach außen im neubürgerlichen Biedermannskostüm reüssieren.

Gravatar: Freigeist

Kalte Wohnung! Es wird mit Öl und Gas geheizt, nicht mit Sonnenstrom. Öl und Gas haben die Rohstoffländer verteuert, keine Partei in Deutschland.

Gravatar: Elmar Oberdörffer

"trotzdem muss darauf hingewiesen werden, dass die sogenannten „kleinen Leute“ definitiv besser aufgehoben sind, wenn sie ihr Kreuz bei den Volksparteien machen und nicht bei der grünen Klientelpartei." Wirklich? Die von Ihnen so genannten Volksparteien unterscheiden sich doch in den wichtigsten Politikfeldern Europa und Energie in nichts von den Grünen und in nichts voneinander. Alle derzeit im Bundestag vertretenen Parteien betreiben die Eurorettung und den Ausbau der EU zu einer zentralistischen Diktatur der EU-Kommissare, und die irrsinnige und ruinöse Energiewende, alle verraten sie die Interessen des Volkes. Volksparteien? Daß ich nicht lache! Ich hoffe nur, daß die neue Alternative für Deutschland genügend Zustimmung und Wählerstimmen findet, die 5%-Hürde zu überwinden. Das scheint derzeit die einzige Alternative zu den etablierten Einheitsparteien zu sein, die dafür eine Chance hat.

Gravatar: Meier

Herr Lange, was Herr Güllner schreibt ist seine Sichtweise.
Darüber hinausgehend haben sich auch schon andere Autoren mit den Grünen und deren Ambitionen befasst.
http://www.konservative.de/thv_Lm5Ms0Bw_27.pdf
Es steht ja jedem frei, wie er sich aus den Darstellungen so seine Meinung bildet, aber Informationen schaden da sicher nicht, um zwischen einem medial aufwändigen, gepflegten, öffentlichen Image der Grünen Repräsentanten und ihren destruktiven Antriebsmotiven einen verborgenen Konflikt zu erkennen.

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang