Greentec Awards: Macher stemmen sich gegen Online-Voting

Kleine Kinder erfinden gerne neue Spiele. Sie sind da sehr kreativ, insbesondere wenn es mit Karten oder Würfeln gegen Erwachsene geht.

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Gemein ist diesen Ideen eine gewisse Dynamik ihrer Regelwerke. Die abhängig vom Spielverlauf immer gerade so neu definiert werden, daß Mutter oder Vater auf die Verliererstraße geraten. Kindern sieht man so etwas natürlich nach. Sie lernen noch früh genug, einmal getroffene Vereinbarungen und Regeln einzuhalten oder nur in gegenseitigem Einvernehmen zu ändern. Und das, obwohl manche Erwachsene in dieser Hinsicht keine Vorbilder sind. Ein besonders schlechtes Beispiel stellen die Veranstalter der GreenTec Awards dar.

 

Die GreenTec Awards werden mit dem Ziel veranstaltet, ökologisches und ökonomisches Engagement und den Einsatz von Umwelttechnologien zu fördern. Unter GreenTec verstehen wir Unternehmen, Technologien, Produkte, Innovationen und Dienstleistungen, die einen Beitrag dazu leisten, die Umwelt und Ressourcen im Sinne ökologischer Nachhaltigkeit zu schonen und Schadstoffe zu vermeiden und zu reduzieren. Dabei steht der Technologiefokus in enger Verbindung mit dem Effizienzbegriff, also der ökonomisch sinnvollen Umsetzung.

 

Wer auch immer glaubt, diesem Anspruch zu genügen, konnte sich bis zum 31. März 2013 in einer von neun vorgegebenen Kategorien (Energie, Luftfahrt, Mobilität, …) mit seinem Projekt bewerben. Außer einer Holzkugel in gewöhnungsbedürftiger Gestaltung gibt es dabei übrigens nichts zu gewinnen. Eigentlich sind die GreenTec Awards nur eine Plattform für die Öffentlichkeitsarbeit, was wohl auch die meisten, wenn nicht alle Bewerber motiviert hat. Schließlich können gerade die zahlreich vertretenen  Kleinunternehmen und Gründer Marketingunterstützung gebrauchen. Diese wird vor allem durch die Medienpartner, die Wirtschaftswoche und den Sender Pro 7 mit seiner Sendung Galileo beigesteuert. Mehr als 300 Bewerber reichten Unterlagen ein, 179 Projekte, Produkte und Konzepte wurden letztlich zugelassen.

Für 30 Teilnehmer war die Kategorie “Galileo Wissenspreis” die attraktivste. Erstens sichert diese die unmittelbare Aufmerksamkeit eines der beiden Medienpartner, zweitens war hier – im Gegensatz zu den anderen Themenfeldern – kein Startgeld zu entrichten. Drittens ist kein marktreifes Produkt zu präsentieren, die “Idee” genügt:

 

Der Galileo Wissenspreis zeichnet Erfindungen und Initiativen aus, die unser Leben in unserer Umwelt harmonischer gestalten oder helfen, die Umwelt zu schützen. Im Fokus stehen Erfindungen und Ideen für einen nachhaltigeren und umweltfreundlicheren Lebensstil. Hierbei stehen insbesondere die Verbindung von Alltag, Engagement und Technologie im Mittelpunkt. Die Jury prämiert Erfindungen, Ideen und technische Erneuerungen, die die Umwelt schonen und die Zukunft verändern.        

 

An anderer Stelle der insgesamt leider wenig aussagekräftigen Webseiten heißt es:

 

Das sollte deine Idee oder Erfindung mitbringen (Kriterien der Jury)

     

  • Deine Erfindung ist neu oder kombiniert Dinge, die es schon gibt, zu etwas Neuem.
  • Deine Idee hilft, die Umwelt zu schonen.
  • Technik spielt bei deiner Erfindung eine Rolle.
  • Du hast schon erste Erfolge mit deiner Erfindung erzielt oder hast eine klare Vorstellung davon, wie deine Idee die Zukunft verändern könnte.
  •  

Kein Zweifel, der Dual Fluid Reaktor (DFR) als ein innovatives technisches Prinzip zur Nutzung der Bindungsenergie von Kernbausteinen erfüllt alle diese Vorgaben. Auch wenn er noch nicht existiert. Die Macher, die Institut für Festkörperkernphysik GmbH (IFK), können immerhin Patente und ausführliche Planungsunterlagen vorweisen und haben auch schon positive Rückmeldungen  der Experten der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA erhalten. Der DFR hat nicht nur die Fähigkeit, Energie (Wärme und ggf. auch Elektrizität) für kleines Geld mit geringsten Umweltauswirkungen (äußerst wenig Flächenverbrauch, kaum Abfall) bereitzustellen, er kann auch noch das Problem der langlebigen radioaktiven Reststoffe aus bestehenden deutschen  Leichtwasserreaktoren lösen. Indem er sie vernichtet. Das System ist machbar, technisch elegant und beste “Greentec” im Sinne des Wettbewerbs.

Sein Sieg bei der Online-Abstimmung durfte daher niemanden überraschen. Das Internet-Voting hatte dem Vernehmen nach dieses Mal einen besonders hohen Zuspruch. Was sicher auch an der Werbung liegt, die hier bei uns und bei EIKE für einige der Projekte und eben auch für den DFR stattfand. Ein Dankschreiben der Veranstalter oder auch der Sponsoren und Medienpartner ist leider noch nicht eingegangen.

Als Favorit der Webgemeinde in seiner Kategorie zog der DFR dann in die finale Jury-Sitzung in Berlin in der vergangenen Woche ein. Zwei weitere Vorhaben wurden zusätzlich im Vorfeld durch die Jury nominiert: Die Abgaswärmerückgewinnung derThermicon GmbH und die plastikmüllsammelnden Boote des Vereins “One Earth – One Ocean“. Auf der Jury-Sitzung wurde die Nominierung des DFR zurückgenommen und dieser durch die Idee ersetzt, in hohlen Dachziegeln Kleinstwindräder zu integrieren. Mit folgender Begründung:

 

wir müssen Ihnen auf diesem Wege mitteilen, dass im Rahmen unseres Award-Prozesses die Jury in ihrer ordentlichen Prüfungssitzung vom 04. Juni 2013 sich leider dazu entschieden hat, Ihre Einreichung vom weiteren Wettbewerb auszunehmen. Damit zählt Ihre Bewerbung leider nicht zu den Nominierten der GreenTec Awards 2013. Die Entscheidung ist nach eingehender wissenschaftlicher Diskussion und eingehender Betrachtung der wissenschaftlichen, sozialen und kommunikativen Aspekte Ihrer Einreichung im Licht der Zielsetzung des Awards erfolgt.

 

Das ist zunächst an Stillosigkeit kaum zu überbieten. “Auf diesem Wege” – also per lapidarer E-Mail – “müssen” es die Mitarbeiter der “GreenTec Communications GmbH” wirklich nicht, denn diese sitzen in Berlin, genau wie das IFK. Und wenn man schon zu feige für die direkte Konfrontation ist, wäre ein persönliches Gespräch am Telefon das Mindeste. Spürt man da ein schlechtes Gewissen?  Sie sollten es jedenfalls haben, denn hier sind gleich zwei Regelverstöße begangen worden:

     

  • Wie oben ausgeführt, erfüllt der DFR die Wettbewerbsvorgaben. Das haben die Veranstalter auch durch seine Zulassung selbst bestätigt. Ihn nachträglich “im Licht der Zielsetzung des Awards” auszuschließen, ist daher nicht möglich.
  • Die Jury hat ebenfalls keine Berechtigung, über die Nominierung des DFR zu entscheiden. Die Regeln – soweit sie im Internet einsehbar sind und waren – besagen das eindeutig. Eine Nominierung wird allein auf Basis der Abstimmung im Internet ausgesprochen. Die Jury nominiert zwei weitere Projekte und entscheidet über den Sieger.
  •  

Als Beleg kann aus den FAQs zitiert werden, Punkt 12 ist eindeutig formuliert:

 

12. Wie läuft das Bewerbungs- und Auswahlverfahren ab?

Die Bewerbung wird über ein Onlineformular im mehrwöchigen Bewerbungszeitraum eingereicht. Wenn Sie eine kurze Projektbeschreibung vorbereitet haben, ist die Bewerbung innerhalb von wenigen Minuten möglich. Die Bewerber werden im nächsten Schritt über ein öffentliches Online-Voting vorgestellt und bewertet. Wer die meisten Stimmen bekommt, qualifiziert sich als einer von drei Nominierten. Zwei weitere Nominierte werden von der Expertenjury bestimmt. Welcher der Nominierten in einer Kategorie den Award gewinnt, wird final von der Jury ermittelt.

 

Bis zum 07.06. – also immerhin noch drei Tage nach der Jury-Sitzung, ging dies auch aus der Seite “Prozess” hervor. Gestern erst wurde diese geändert und mit folgendem Zusatz versehen (die FAQs hat man dabei wohl vergessen, ich habe daher diese in der Version vom 08.06.2013 auch noch einmal gespeichert):

Die Auswahl der Nominierten und Preisträger erfolgt letztendlich unabhängig durch die Jury der GreenTec Awards, der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Es stellt sich die Frage nach der Motivation für diese Posse. Falls die Jury Kernenergie nicht mag, hätte man ja einfach Thermicon zum Sieger erklären können und alles wäre gut gewesen – regelkonform und unangreifbar. Eine “eingehende wissenschaftliche Diskussion” wird in der Mail angeführt und eine “eingehende Betrachtung wissenschaftlicher Aspekte”. Der Blick auf die Jury aber zeigt niemanden, der den DFR hätte wissenschaftlich bewerten können. Eigentlich können nur die “kommunikativen und sozialen Aspekte” eine Rolle gespielt haben.  Die Webseite des “Galileo Wissenspreises” zeigt eine denkbare Möglichkeit auf:

 

Die Nominierung

Bis zum 10. Mai konnte jeder online für seinen Favoriten voten. Eine unabhängige, hochkarätig besetzte Experten-Jury nominierte außerdem zwei Projekte für das Finale.

Insgesamt gibt es also drei Nominierte für den Galileo Wissenspreis, über die ein Trailer gedreht wird. Dafür besuchen wir die Nominierten mit einem Kamerateam.

Die Preisverleihung im September findet im Rahmen einer einzigartigen Gala in Berlin statt. 
Hier werden dann auch die Trailer gezeigt.

 

Wollte man vielleicht einfach keinen Trailer über den DFR drehen und bei der Gala zeigen? Hatte man geplant, die Filme auch in der Sendung zu verarbeiten und wollte auch dies umgehen? Haben Aiman Abdallah, seine Produzenten und sein Team Angst vor Protesten fundamentalistischer Kernkraftgegner oder gehören sie selbst dieser Gruppe an?

Man wird es vielleicht noch herausfinden. Denn wenn Kinder Regeln einseitig auslegen oder im laufenden Spiel ändern, dann sieht man es ihnen nach. Wenn Erwachsene so etwas machen, dann ist der Rechtsweg nicht nur niemals ausgeschlossen, sondern meist die direkte Folge. Für das Team vom IFK jedenfalls ist hier ein Schaden entstanden, den zu beziffern kluge Anwälte keine Mühe haben werden.

Nicht einklagbar hingegen ist Respekt. Respekt vor den wahrscheinlich vielen tausend Menschen, die sich am Online-Voting beteiligt haben. Die nachträgliche Regeländerung zeigt diesen nur die Wertlosigkeit, die man ihrer Auffassung in Wahrheit beigemessen hat. Dies betrifft alle, unabhängig von ihrer Haltung zur Kernenergie und unabhängig davon, wem sie letztendlich ihre Stimme gegeben haben. Nun ist klar: Eine von der Jury unabhängige Nominierung durch die Webgemeinde ist nicht gewünscht. Dieser Makel wird bleiben. Kindische Trotzreaktionen fallen eben immer auf einen selbst zurück.

Wer gerne seiner Verärgerung über dieses nicht akzeptable Vorgehen Luft machen möchte, kann dies auf der Facebook-Seite des DFR machen oder auch gleich eine Mail an die Veranstalter senden. Ich werde das Thema weiter verfolgen und berichten, sobald es etwas Neues gibt. Ich stehe mit der IFK GmbH hierzu in Kontakt. Neben dem DFR wurde auch in der Kategorie “Energie” der Sieger des Online-Votings, Care Energy, ausgeschlossen. Dieser Stromanbieter sieht sich anhaltender Kritik seitens Behörden und Verbänden ausgesetzt. Von daher scheint mir der Ausschluß in diesem Fall nachvollziehbar.

Ergänzung:

Ich stelle gerade fest, daß die Webseite “Prozess” der GreenTec Awards offensichtlich nach der Jury-Sitzung zweinmal geändert wurde. Obiger Screenshot aus dem Bing-Cache enthält die Formulierung “Ein drittes Projekt wird durch eine öffentliche Online-Abstimmung für die spätere Jurysitzung nominiert und durch die Jury verifiziert.” Dies ist natürlich ein Hinweis auf einen Jury-Vorbehalt. Die Regeln, auf deren Basis man sich bewerben konnte, lauteten aber “Ein drittes Projekt wird durch eine öffentliche Online-Abstimmung für die spätere Jury-Sitzung nominiert.” Hier gibt es eben keinen Hinweis auf einen Jury-Vorbehalt.

Beitrag erschien zuvor auf: science-skeptical.de

 

 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: FDominicus

Habe mir erlaubt diese Seite aufzusuchen und es sogenannte wie es ist erbärmlich. Ich rechne mit keine Reaktion dieser Ökofaschisten (nur wir wissen was der Umwelt gut tut, alle anderen sind nur Kanonenfutter und Bezahler unsere Weisheit" ;-(

Gravatar: Petra

Perfide!

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