Green Economy: Was trennt das Versprechen von der Realität?

Ist “Green Economy” nur ein Versprechen oder eine reale Chance für nachhaltige Entwicklung?

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Beim Deutschen Institut für Entwicklungspolitik fragt sich Dr. Imme Scholz, ob wirtschaftliche Entwicklung und ökologische Nachhaltigkeit miteinander unvereinbar sind und zweitens, ob sich deshalb nur diejenigen Länder, die bereits reich sind, den Luxus einer ökologisch nachhaltigen Wirtschaft leisten können. Beide Fragen verneint sie unter dem Rückgriff auf die Ergebnisse eines UNEP-Konzepts zur Green Economy. Dort ist man sich sicher, dass eine Ausrichtung der Wirtschaftspolitik an “grünen Zielen” mehr Einkommen und Beschäftigung schafft als jede andere wirtschaftspolitische Ausrichtung. Deshalb ist die Verwunderung groß, dass das Konzept der Green Economy jenseits internationaler Verhandlungstische bei den Nationalstaaten auf so wenig Interesse stößt. Schnell werden vermeintlich kurzfristige Wirtschaftsinteressen als Hindernisse einer mittelfristigen Nachhaltigkeitsorientierung ausgemacht.

Tatsächlich schließen sich ökologische Ziele und Entwicklung nicht aus, weil eine Beeinträchtigung der Umwelt durch die Wirtschaft in vielen Fällen zu einer Reduzierung des Wohlstands der Menschen führt, die größer ist als der wachstumsbedingte Wohlstandsgewinn. Damit ist man jedoch schon bei dem Kriterium, das  grundsätzlich zur Beurteilung der Green Economy herangezogen werden sollte. Green Economy muss produktiv sein, sie darf nicht mehr Ressourcen verschlingen als sie frei setzt. Investitionen in grüne Projekte schwächen dann die Entwicklung, wenn ihre Nutzeffekte im Vergleich zu alternativen Investitionen gering sind. In diese Kategorie fallen heute die meisten Klimaschutzmaßnahmen, die sich vor allem auf den Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energieträger mit zweifelhaftem ökologischem Gewinn konzentrieren. Hier mag es zwar kurzfristig Beschäftigungs- und Einkommenseffekte geben, die sich jedoch spätestens dann als Illusionen entpuppen, wenn sie durch erhöhte Energiepreise erkauft werden. Andere Investitionen, die direkt zu einer Verbesserung der Umweltsituation und der Gesundheit der Bevölkerung führen und damit auch die Produktivität der Arbeitskräfte erhöhen, bringen indes Umweltschutz und Entwicklung in Einklang. Aber auch die Kriterien der Sozialverträglichkeit klingen häufig in der Theorie besser als sich die Praxis dann gestaltet. Soziale Verbesserungen müssen erwirtschaftet werden, Umverteilung allein führt langfristig nur zu Verteilungskämpfen.

An den Präferenzen der Menschen kommt auch das Konzept der Green Economy nicht vorbei. Solange die ökologischen Ziele der Bürokraten internationaler Entwicklungsorganisationen nicht den Nerv der  Bevölkerung in den jeweiligen Regionen treffen, weil dort die Bekämpfung der Armut eine existenzielle Frage ist, eine Verbesserung der Umweltsituation dagegen eher das Sahnehäubchen bildet, wird es einen Zielkonflikt zwischen Green Economy und Entwicklung geben. Armutsbeseitigung, Umweltschutz und Sozialverträglichkeit gleichzeitig ist nur möglich, wenn die Effizienz der Maßnahmen sichergestellt ist und sie sich an den Interessen der betroffenen Bevölkerung ausrichten. Hieran kranken die paternalistischen Vorstellungen einer “nachhaltigen Entwicklung” allzu oft.

Kann man diesen Zielkonflikt einfach damit wegdefinieren, dass man die konventionelle, am Einkommen orientierte Wohlstandsbestimmung durch andere Formen des Wohlstands ersetzt? Ist “ein Wohlstand, der das Bedürfnis nach sozialer Anerkennung nicht mit ökonomischem Status verwechselt, der es ermöglicht, die Verwendung der eigenen Lebenszeit nicht vor allem am damit zu erzielenden Verdienst zu orientieren, sondern soziale, ökologische und kulturelle Bedürfnisse gelten lässt” ein besserer Beurteilungsmaßstab? Versuche das klassische Wohlstandsmaß Einkommen zugunsten von ökologischen Indikatoren über Bord zu werfen gibt es zuhauf  und jeder Indikator behauptet den Stein des Weisen gefunden zu haben. Schließlich scheint die Zufriedenheitsforschung uns nahezulegen, dass Geld nicht alles ist und die Menschen trotz steigender Einkommen nicht zufriedener werden. Da ist zwar was dran. Aber wie viel? Will man der Kritik am Einkommenswachstum glauben schenken, muss man sich allerdings fragen, warum die Verbesserung der Umweltsituation oder der Zuwachs an Freizeit die Menschen auch nicht glücklicher gemacht hat. Schließlich haben sich in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur die Einkommen der Menschen erhöht, sondern auch die Umweltsituation und die Arbeitsbedingungen erheblich verbessert. Was macht uns also zufriedener? Könnte es nicht sein, dass die Versuche die Entwicklung der Zufriedenheit der Menschen über den Zeitablauf zu erfassen zu widersprüchlichen Ergebnissen führen und damit untauglich sind? Damit ist man wieder beim Kern des Problems der “Green Economy”: Es ist ein Entwicklungskonzept, dass auf dem Reißbrett entworfen wurde und dann von Ideologen und Lobbyisten konkretisiert und in die Tat umgesetzt wird.

liberalesinstitut.wordpress.com

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Hans von Atzigen

Green Economy:Der Mensch ist ein Produkt der Biosphaere und damit auf Gedeih und Verderb an diese Gebunden.Leider arbeiten die Green Economysten mit zuvielen schoengedruekten Modellen,mit vielen Ausklammerungen,sowie mit einem kraeftigen Zuschuss an Ideologie und Schoengeistdenken.Letztlich entscheiden die Realittaeten die knallharten Fakten.Green Economie ja,aber dann bitte nuechtern und umfassend und nicht Traumbilder die wiederum in Desaster enden.Das Wuenschbare ist eine Sache das real vorhandene und letzlich Machbare sind eine andere Sache.Modelle die sich nicht an den Physikalischen und Oekonomischen Grenzen orientieren sind unabaenderlich zum Scheitern verurteilt.Freundliche Gruesse.

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