Glauben Sie (nicht) alles! – Kleine aber feine Runde

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Ob es am Wetter lag, an der Verkehrslage oder an der zu frühen (?) Planung – jedenfalls waren gestern Abend bei der fünften Ausgabe von „Glauben Sie (nicht) alles!“ nur eine Handvoll Gäste, inklusive Referent, angereist, um sich mit Stefan Rochow über seinen Lebens- und Glaubensweg zu unterhalten. Ich rechne es Herrn Rochow, ehemaliger NPD-Funktionär, zwischenzeitlich engagiert in der katholischen Kirche, hoch an, dass er sich trotz der kleinen Besetzung bereit erklärt hat, über Glauben und Gesellschaft zu diskutieren.

Eine kleine Runde hat – gerade bei einem so heiklen Thema – natürlich auch etwas für sich, und so konnten alle Beteiligten Herrn Rochow ausgiebig sowohl hinsichtlich seiner politischen Vergangenheit als auch seiner Rückkehr in den Glauben befragen. In plastischen Worten machte er deutlich, wie er als in der ehemaligen DDR in einem überzeugt protestantischen Haushalt aufgewachsener junger Mann mit viel Idealismus an die Gestaltung der Gesellschaft gegangen ist und aus den verschiedensten Gründen bei der NPD gelandet ist. Details dazu kann man in seinem Buch „Gesucht – Geirrt – Gefunden – Ein NPD-Funktionär findet zu Christus“ nachlesen. Interessant war darüber hinaus, der Veranstaltungsreihe angemessen, aber auch die Glaubensentwicklung, von der Wahl Papst Benedikts, über die Lektüre vieler theologischer Texte und die tiefen spirituellen Erfahrungen einer Heiligen Messe bis zur Konvertierung in die katholische Kirche. Gerade die Kirche liefert für Rochow den Hafen, der notwendig wird nach einer Abkehr von der NPD und ihren Strukturen inklusive des Zerbrechens von bisherigen politischen und persönlichen Freundschaften in diesem Umfeld.

Auch heute noch, das wurde deutlich, ist Stefan Rochow ein politischer Mensch, wenn auch nicht parteipolitisch engagiert. Das entspricht recht genau auch der Forderung von Papst Franziskus, dass sich Katholiken nicht einfach aus der Politik herausziehen dürften. Besonders, zumindest im Vergleich zum Stereotypen des „bekehrten“ NPD’lers, ist bei Herrn Rochow seine wirtschaftlich liberale bis libertäre Einstellung. Gerade letztere wird heute von vielen Kritikern libertärer Ideen als „rechts“ betrachtet, wogegen Rochow darauf hinweist, dass die NPD einen zwar nationalen, aber dennoch Sozialismus propagiert. So ist der Wandel eines extremen rechten zu einem extremen Linken eigentlich gar nicht so erstaunlich – der Wandel von einem extremen Rechten zu einem konservativen und liberalen Katholiken aber beinahe ein Erdrutsch.

So klang der Abend auch aus mit der Frage, was denn heute mit „konservativ“ überhaupt gemeint sein kann, ob das Attribut „konservativ“ überhaupt noch eine politische Standortbestimmung beschreibt. Ist ein Konservativer ein Museumsdirektor einer längst vergangenen Zeit, der sich gegen jede Veränderung, gesellschaftlich wie wirtschaftlich wie auch kirchlich wehrt? Oder ist er ein Bewahrer von Bewährtem, und was ist dann der Fokus dieses Bewahrens? Und letztlich: Wie kann einem positiv gemeinten Konservatismus jenseits der Ideologien und jenseits des Gejammers über alte Zeiten politisches Gewicht verliehen werden. Man kann sich vorstellen, dass es zu diesen Fragen keine abschließenden Antworten gab, sodass die Teilnehmer mit dem festen Vorsatz auseinandergingen, diese Runde, vielleicht erweitert um weitere kirchlich und politisch Interessierte, fortsetzen zu wollen.

An dieser Stelle möchte ich Herrn Rochow dann noch mal danken, dass er sich den Fragen - auch in einer kleineren als der ursprünglich geplanten Runde - gestellt und damit die Grundlage für einen interessanten Abend gelegt hat. Leider wohnt er nicht gerade um die Ecke, da er aber immer wieder privat in Westfalen unterwegs ist, bin ich guter Dinge, dass der Abend auch außerhalb der Veranstaltungsreihe eine Fortsetzung findet.

Für dieses Jahr wird es das mit der Reihe „Glauben Sie (nicht) alles!“ gewesen sein, leider werde ich nicht kurzfristig einen Folgetermin organisieren können. Ich hoffe aber, im neuen Jahr wieder mit spannenden Themen an den Start gehen zu können – für Themenvorschläge bin ich dabei natürlich gerne offen!

Beitrag erschien zuerst auf: papsttreuer.blog.de

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