Gipfelgeflüster

So viel Gipfel wie in den letzten zehn Tagen war nie. Eine Erfolgsnachricht jagte die andere – ganz so als ließen sich die Problemberge und die Fehlentscheidungen in Wirtschaft und Politik auf einen Schlag lösen. Welche Erfolgsmeldung zutrifft und welche  getürkt ist, wird sich zeigen.

Veröffentlicht:
von

Das gilt für den G-20-Gipfel in London wie für den Nato-Gipfel in Straßburg und Baden - Baden ebenso wie für den EU-Nato-Gipfel in Prag – aber auch für den sich daran anschließenden Besuch von Präsident Obama in der Türkei sowie für den erhofften Neubeginn in den amerikanischen Beziehungen zur islamischen Welt im Allgemeinen und zur Türkei im Besonderen. Dass Obama dabei so tat, als falle die Aufnahme der Türkei in die EU in seine Zuständigkeit, kann der EU nicht gleichgültig sein, wenn sie den Eindruck vermeiden will, eine Satrapie Washingtons zu sein. Dass es erst massiver Bemühungen  Obamas bedurfte, den Widerstand der Türkei gegen den neuen Nato-Generalsekretär Rasmussen zu überwinden, ist ein Novum in der Geschichte der Allianz. Dies als Erfolg zu verkaufen, ist mehr als mutig, denn es war  kein Erfolg, sondern eine öffentliche Brüskierung Obamas und der Allianz insgesamt. Es ist aber auch ein Beleg für veränderte Kräfteverhältnisse im Bündnis. Ein derartiges Auftreten Ankaras gegenüber der Nato war bislang  undenkbar.  

 

Am Rande dieses Ereignisses fand ein Treffen statt, das früher  im Zentrum der Beachtung gestanden hätte: Die erste Begegnung  Obamas mit seinem russischen Gegenüber Medwedijew. Dabei vereinbarten sie,  die nuklearen Abrüstungsverhandlungen wieder aufzunehmen. Sie hatten seit Anfang der 90er Jahre stagniert. Das Desinteresse von Präsident Bush jr. an neuen Abrüstungsverträgen war dafür ein wichtiger Grund. Nun sollen schon im Juli von beiden Seiten konkrete Vorschläge über weitere Abrüstungsschritte vorgelegt und verhandelt  werden. Im Dezember, so ist es geplant, sollen dann bereits neue Verträge über die Fortsetzung der nuklearen Abrüstung unterschriftsreif sein.

 So wichtig atomare Abrüstung ist: Sie ist  doch nur ein Teil der russisch-amerikanischen Beziehungen. Medwedijew hat mehrfach den Wunsch nach besseren Beziehungen zu Washington  hervorgehoben und bekundet, dass er seine Hoffnungen auf Obamas politisches Konzept  setzt. Der wird bereits im Sommer Moskau besuchen, um mit Medwedijew die Chancen für einen Neuanfang in den Beziehungen auszuloten.  Medwedijew hatte kurz vor seiner Begegnung mit Obama öffentlich wissen lassen, was er sich erhofft:  Beziehungen auf der Basis der Gleichheit, des gegenseitigen Nutzens und der Anerkennung der Interessen der anderen Seite.

Für die Inhalte der Blogs und Kolumnen sind die jeweiligen Blogger verantwortlich. Die Beiträge der Blogger und Gastautoren geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Keine Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang