Genosse Gabriel und der Anstand

Der Wahlkampf an Rhein und Ruhr tritt in seine harte Phase. Die politischen Gegner dreschen hemmungslos aufeinander ein. Die Wortwahl wird von Tag zu Tag schaerfer. An vorderster Front der neue SPD-Chef Sigmar Gabriel. Er ueberzieht den politischen Gegner mit wuesten Beschimpfungen.

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Gabriel schlaegt gnadenlos zu, wenn er es fuer opportun haelt und ebenso gnadenlos zurueck, wenn man ihn provoziert. Die Kanzlerin zieh er in der Debatte um das Griechenland-Desaster juengst der Luege. NRW-MP Ruettgers sprach er gar den Anstand ab (siehe WamS 28. Maerz 2010). Der hatte ihn indes hart angegriffen und als "hemmungslos, charakterlos" und als "eine Schande für die deutsche Politik" bezeichnet.

Das wiederum hatte Gabriel provoziert: "Ich kann mir
zum Beispiel nicht vorstellen, meine Amtszeit zu verkaufen. Er (Ruettgers) scheint mir jeden buergerlichen Anstand verloren zu haben – auch in seiner Wortwahl."
Doch gemach. Hat Gabriel tatsaechlich Grund zu schaeumen? Wirft da jemand mit groben Steinen, der selbst im Glashaus sitzt? Wie sieht es aus mit dem buergerlichen Anstand von Sigmar Gabriel? Ein kurzer Blick zurück:

Sigmar Gabriel, das Stehauf-Maennchen der SPD, hat eine bewegte Historie. Nach seiner Abwahl als Niedersachsen-MP im Fruehjahr 2003 trieb er zunaechst ein lukratives Doppelspiel in Politik und Wirtschaft.
Gabriel war nicht nur Mitglied des Landtags,
sondern zugleich Chef der SPD-Fraktion.
Dies Amt gilt fuer gewoehnlich als absoluter Full-Time-Job
und wird daher mit hoeheren Diaeten vergolten.
Doch bei Oppositionschef Gabriel kam Langeweile auf.
Er suchte nach Zusatzbeschaeftigung.

Flugs gruendete er eine Firma. Nicht jedoch in Goslar,
seiner Heimatstadt, da wo ihn jeder kennt,
sondern in Halle an der Saale.
Taetigkeitsfeld: Unternehmensberatung.

Ein Unternehmen, das dringend Beratung suchte,
war ebenso flugs gefunden: Die Volkswagen AG.
Dort sass Gabriel zuvor im Aufsichtsrat.
Seine Lebensabschnittsgefaehrtin war bei VW bereits
versorgt. Sie war beim Genossen Hartz untergekommen.
Seine SPD-Fraktion hatte er nicht informiert.
Die fiel aus allen Wolken, als herauskam,
was Genosse Gabriel in seiner Amtszeit so alles machte.

Auch die Basis rebellierte. Die Braunschweiger Zeitung
berichtete am 2. Maerz 2005 vom Unterbezirksparteitag
in Adenbuettel. Dort kochte die Stimmung der Genossen:
""Du hast der SPD mit Deiner Briefkastenfirma sehr geschadet", wetterte Wolfgang H. vom Ortsverein Hankensbuettel, "ein Ruecktritt waere moralisch richtig gewesen." Doch Gabriel, der "konservativen Kampagne" wegen seiner ehemaligen Nebentaetigkeit mittlerweile leid, konterte: "Du bist zu weit gegangen und musst schon bei der Wahrheit bleiben. Ich habe nichts Strafbares begangen. Ich habe eine Firma gegruendet, die fuer VW gearbeitet hat, das ist was anderes als Kinderpornographie!""

Gabriel beantragte spaeter eine einstweilige Verfuegung
gegen das "Schwarzbuch VW". Da ging es um seine Taetigkeit fuer VW waehrend seiner Amtszeit als SPD-Fraktionschef. Die Verfuegung erhielt er mit einer falschen eidesstattlichen Erklaerung. Das stellte sich bei Ueberpruefung seiner Angaben heraus.
Gabriel hatte seine Beratungsfirma frueher gegruendet
als er es dem Landtags-Praesidenten gemeldet hatte.
Der hatte auf Basis von Gabriels falschen Angaben
eine Pressemitteilung ueber dessen Neben-Taetigkeit
abgegeben. Diese hatte Gabriel in seiner eidesstattlichen
Erklaerung dreist zitiert.

Eine Strafanzeige gegen ihn verlief allerdings "im Sande".
Staatsanwalt im Sande von der Staatsanwaltschaft Braunschweig stellte das Verfahren gegen Bundesminister Gabriel ein. Dabei hatte er nicht einmal die Daten korrekt geprueft. Eine Strafanzeige, auch gegen die Staatsanwaelte, stoppte schliesslich Braunschweigs Generalstaatsanwalt Wolf:
"Es muss bei der von der Staatsanwaltschaft Braunschweig
verfuegten Einstellung des Verfahrens bleiben."

Kurz vor der letzten Bundestagswahl erreichte Bundesminister Gabriel ein anonymer Anruf. Im Ortsverband Salzgitter gaebe es einen Fall von Kinderpornographie. Der Minister sprach flugs mit seinem Parteigenossen und befragte ihn. Noch bevor Polizei und Staatsanwaltschaft eine Hausdurchsuchung durchgefuehrt hatten. Danach rief er Generalstaatsanwalt Wolf an.

Nachdem die Braunschweiger Zeitung darueber berichtet hatte, sagte Wolf zu diesem Fall dreistester Selbstjustiz:
"Es war das einzig Richtige, was er machen konnte."

Mit Staatsanwaelten wie im Sande und Wolf, sowie Politikern wie Gabriel bleibt am Ende nicht nur der Anstand auf der Strecke.

Peine, den 6. Mai 2010
gez.: Prof. Dr.-Ing. Hans-Joachim Selenz

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Ebenherz

Der Herr Erzmoppel Gabriel ist fuer mich die Zustandsbeschreibung der Deutschen Politik.
Die Wahrheit ist fuer Idioten, und erlaubt ist, was weiter bringt.

Und ja, ich gebe es von ganzem Herzen zu. Hoffentlich wird es kein gutes Ende mit ihm nehmen. Ich jedenfalls werde mein moeglichstes dafuer tun.

Gravatar: Elmar Oberdörffer

Gabriel ist einer der übelsten und unehrlichsten Charaktere, die wir derzeit als Politiker ertragen müssen.

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