General Patton

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Martin Blumenson. Patton. The Man Behind the Legend, 1885-1945. William Morrow Paperbacks: New York, 1994. 320 Seiten. Euro 15,90. (Der gleiche Autor hat auch die Patton Papers, Aufzeichnungen Pattons aus den Jahren 1940 – 1945, herausgegeben.)

George W. Patton (1885-1945) war ein selten begabter, hoch emotionaler, hart arbeitender US-amerikanischer General. Er kämpfte im Ersten und im Zweiten Weltkrieg in Frankreich, Nordafrika, Sizilien und mit der Invasion der Allierten in Frankreich nochmals auf dem europäischen Festland. Er erfand in jungen Jahren ein neues Schwert für die US-amerikanische Armee, stellte in Mexiko in einer Kommandoaktion einen kriminellen Baron, baute im Ersten Weltkrieg die erste Panzereinheit für die Armee auf und gelangte an drei Kriegsschauplätzen des Zweiten Weltkriegs zu unsterblichem Ruhm. Sein Biograph Blumenthal, ein renommierter Kriegsbiograph, stellt klar, woher seine Stabilität stammte: Von der Sicherheit und der konsequenten Unterstützung seiner Eltern (und später seiner Frau). Zeitlebens arbeitete er überaus hart an sich. Mit weinem ungeheuren Willen wiederholte er nicht nur ein Jahr an der bekannten Militärakademie von West Point, sondern strebte das ganze Leben über den (Vier Sterne-)Generalsposten an – ein Ziel, das er erst kurz vor seinem Tod erreichte. Patton starb kurz nach Ende des Kriegs in einem (sagenumwitterten) Unfall.

Was habe ich gelernt? Woran bin ich kritisch angestossen? Wem würde ich das Buch empfehlen?

Drei Lernfelder

     

  1. Ein richtiger General steht in den vordersten Linien: Patton lehrt mich, dass ein Führer zuvorderst steht. Er erkundete stets das Gelände und schaffte schon mal mit eigener Hand die Vorfahrt für seine Fahrzeuge. Ich neige eher dazu, aus den hinteren Linien meine Befehle zu erteilen und mich in entscheidenden Momenten abzukehren.
  2. Die Ausdauer, über Jahrzehnte in den Reserven zu dienen. An wie vielen Stellen des Buches las ich: Patton wurde zurück versetzt, nicht befördert, an den unerwünschten Ort versetzt. Bedenkt man, dass Patton über 20 Jahre, nachdem er im Ersten Weltkrieg zu Ruhm gelangt war, sich auf mittelmässigen Posten durchs Leben kämpfte, dann zieht man den Hut vor dem Mann. Ich fragte mich: Bin ich vom Vorwärtswahn besessen oder bin ich bereit, an einem Ort treu durchzuhalten?
  3. Das Zittern in Zeiten des Entscheids. Patton litt zeitlebens an grosser Unsicherheit, die ihn zu immer grösseren Taten antrieb. Besonders in schwierigen Entscheidungen rang Patton mit sich und hatte immer wieder das Gefühl grosser Unsicherheit. Das scheint mir viel näher an der Realität als die abgeklärte Ruhe, mit denen uns viele Helden präsentiert werden.
  4.  

Fragezeichen und Irritationen

     

  1. Tugendsprache und Heldenverehrung: Die Tugendsprache des Biographen ist zuweilen ungewohnt. Er hebt dauernd heraus, welche Charaktermerkmale Patton kennzeichneten. Was sein Mut, seine Hartnäckigkeit, seinen Vorwärtsdrang oder seine galante Art, Kontakte zu knüpfen angeht, zolle ich ihm Bewunderung. Für sein arrogant anmutendes Oberklassengehabe und den Verlust seiner Selbstkontrolle (die u. a. von Hirnverletzungen durch seine vielen Stürze vom Pferd herrührte) habe ich zwar Verständnis, kann ihnen jedoch wenig abgewinnen.
  2. Nach aussen ein Held, nach innen ein Verlierer? Mehr beiläufig erwähnt Blumenson zahlreiche Affären, darunter mit der eigenen Nichte. Seine Frau Beatrice suchte daran vorbeizuschauen. Kein Modell zum Wiederholen (S. 135, 145, 228).
  3. Seine Stellung zu Gott. Blumenson beschreibt Patton als lebenslangen treuen Kirchgänger (Episcopal Church). Die Beschreibungen erinnern mich eher an einen theistisch orientierten Selfmade Man. Sein Glaube an das Schicksal trägt mystische Züge. Ohne Zweifel hatte er Ehrfurcht vor Gott.
  4.  

Fazit

Das Buch ist nicht nur für Schlachtenliebhaber geeignet. Wir Männer thematisieren das Thema Charakterstärke und Heldentum zu wenig. Es tut uns von Zeit zu Zeit gut, uns mit einer solchen Persönlichkeit auseinander zu setzen. Gleichwohl gilt es sich in Erinnerung zu rufen, dass am Ende nicht die eigenen Medaillen, sondern unsere Bankrotterklärung vor Gott zählt.

 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Patriot

Ja, Crono...eigentlich ist alles gesagt/geschrieben. Die Geschichtsklitterer sind Legion und die Amis sind beeindruckend kreativ beim stricken ihrer Heldenlegenden. Ob Custer am Little Big Horn oder Patton: Es ist immer die selbe kriminelle Energie. "Ich bin der gute amerikanische GI und ich bringe ganz viel Democracy, chewing gum und Coca Cola. Und wenn Du das nicht willst, schlage ich Dir den Schädel ein." That`s it! Fuckin`bloody bastards!

Gravatar: Anglophilia

Patton ist sowohl für ewiggestrige Stalinisten und Nazis das rote Tuch als auch für die scheinbar harmloseren neuen Rechten und Sozialisten. Den Nazis hat er selbst noch den Garaus gemacht, zu den Ossis ist er leider nicht mehr gekommen. Diese andauernde Gebetsmühle des Antiamerikanismus kommt gerade von denjenigen, die am meisten Dreck am Stecken haben.

Gravatar: Crono

Patriot, sehr gut geschrieben. Danke sehr.
Ich nehme an, daß die US-Befreier eine gute Umerziehungsarbeit (sprich: Gehirnwäsche) bei der Familie Strebel taten; so etwas ist teilweise bei charakterschwachen Personen verständlich - besonders bei Leuten, welche nicht selbst denken können - aber nach so vielen Jahrzehnten nicht mehr akzeptabel.

Gravatar: Patriot

Die Person Patton war die Inklarnation der amerikanischen blutrünstigen Geschichte. Nach dem Motto: Morgen kommt Django und löst alle Probleme. Ungebrochen von dem Genozid an den nordamerikanischen Indianern über Hiroshima, Nagasaki, Vietnam ...bis heute nicht endende militärische Amokläufe. Insofern war Patton ein charakterloser Dreckskerl. Amerika ist nicht deshalb Weltmacht geworden, weil sie in der staubigen Prärie Brunnen gebohrt haben oder den Indianern die Segnungen von Menschenrecht, Humanität und Demokratie vermittelt haben. Sie haben sich den Weg dahin freigeschossen. So einfach ist das. Das verkörperte Patton. Die Amerikaner konnten in Europa erfolgreich sein, weil sie genügend dicke Flugzeuge hatten, die über einer Kulturlandschaft ohne Dschungel und Urwald alles runterwerfen konnten, was knallt und große Löcher macht. Getroffen wurde immer etwas. Es war die reine Masse und Menschenverachtung. Nicht etwa Kampfkraft und strategisches Können. Genau das hat in Vietnam nicht funktioniert. Und unter dortigen Verhältnissen konnte man erkennen, was die amerikanischen Truppen wert waren. Ohne Napalm, Cola Automaten und Drogen..nichts! Im Wk2 haben sie einen Eindruck in den Ardennen bekommen, aus welchem Holz deutsche Kampftruppen waren.

Gravatar: Crono

Herr Strebel,
wer zahlt Ihnen für so einen propagandistischen Artikel? Es wäre sehr angebracht, daß Sie mehr "dickere" gut recherchierte Bücher lesen, als hier mit Ihrem "Bild-", "TAZ-" Zeitungsniveauartikel aufwarten.

Gravatar: Coyote38

Ihre kindliche Heldenverehrung "in allen Ehren", Herr Strebel. Aber bisweilen hilft es, wenn man sich etwas eingängiger mit einer Biographie beschäftigt, bevor man sich zu philosophischen Höhenflügen im Rahmen einer Buchbesprechung aufschwingt.

George W. Patton war eine der schillerndsten Persönlichkeiten, die jemals Uniform getragen haben. Er war aufbrausend und rücksichtslos, stand mehrfach KURZ vor einem Militärgerichtsverfahren (u.a., weil er Untergebene geschlagen hatte), er war einer der reichsten Offiziere der US-Army (wobei ziemlich ungeklärt ist, woher das Geld eigentlich kam), er trug Pistolen mit Elfenbeingriffschalen und glaubte an die Seelenwanderung (etwa dergestalt, dass er in früheren Leben bereits in den Punischen Kriegen an der Seite Hannibals vor Karthago gekämpft hatte oder ein Marshall Kaiser Napolens war ...^^). Er beleidigte die Verbündeten in Ost und West genauso wie die eigenen Vorgesetzten und wurde deswegen mehrfach "politisch kaltgestellt".

Seine jedoch nicht wegzudiskutierenden militärischen Erfolge verdankte er seiner Taktik, immer "ohne Rücksicht auf Verluste" zu handeln. Er wurde immer dann "zurückgeholt", wenn die alliierte Führung jemanden brauchte, der es Rücksichtslosigkeit und Kaltherzigkeit mit "der Waffen-SS" oder deutschen Elite-Verbänden aufnehmen konnte. So geschehen in Nordafrika, auf Sizilien und beim alliierten Ausbruch aus der Normandie. "Seine" Soldaten waren für ihn "Spielzeug" zu Befriedigung persönlicher Eitelkeit.

Ja, unzweifelhaft "führte Patton von vorne" ... aber damit allein "machen" Sie heute keine (nicht einmal rein militärische) Führungskraft mehr.

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