„Wie war das noch mal mit den Modulen? Schau mal, das ist gut, aber es fehlen die Auswertungsbögen für eine Evaluation.“
„Da sind auch keine Standards drin. Und keine Lesejournale.“
„Für Schnell-Lesen brauchen wir auch Material. Lesetexte, schau her. Geht das damit?“
„Schnell-Lese-Kurse sind wichtig!“
„Die Schüler müssen ein Wort genau 300mal gesehen haben, bevor sie es erkennen.“
„Besser ist eine Wörterkartei, Texte sind viel zu kompliziert.“
Schneller lesen lernen? Haben unsere Schulkinder nicht Probleme damit, überhaupt lesen zu können? Offensichtlich ist die akademische Ansicht weithin verbreitet, Lesekompetenz werde im schulischen Unterricht durch Anwendung verschiedener Techniken im Schnell-Lesen aufgebaut. Übertragen auf den musischen Bereich hieße das: Einem Klavierschüler, der mangels Fingerfertigkeit eine Etüde nur sehr fehlerhaft und stockend spielen kann, soll durch die Aufforderung „Spiel schneller!“ zur Vervollkommnung seines musikalischen Könnens verholfen werden.
Die Lerngesetze auf den Kopf gestellt
In diversen Bereichen – zum Beispiel in Sport, Musik, Malerei, Handwerk – spielt sich das Lernen grundsätzlich so ab: der Lernwillige beginnt in kleinen Schritten tastend zu üben, in gemächlichem Tempo. Man beobachte ein Kleinkind, das den aufrechten Gang erprobt! Allein der Prozeß des Übens bewirkt eine Beschleunigung, die ganz ohne pädagogischen Druck von außen einsetzt. Das Tempo steigert sich dank zunehmender Fertigkeit, Automatisierung ist das Ziel. Schnelligkeit, ein Nebeneffekt der Geschicklichkeit, kann als solche nicht gelehrt werden. Jeder diesbezügliche Versuch ist ein Eingriff und richtet Schaden an. Er stört die feinen Selbststeuerungsmechanismen im Lernprozeß. Kinder und Uhren, so weiß ein humorvoller Spruch, darf man nicht immerzu aufziehen. Man muß sie auch gehen lassen.
Nun ist seit Jahrzehnten ein sich ständig verstärkender Trend in der modernen Pädagogik zu beobachten. Dort wird das Naturgesetz des Lernens auf den Kopf gestellt. Alle diesbezüglichen Versuche sind von Mißerfolgen begleitet. Angesichts der deprimierenden Erfahrungen fragt man sich, weshalb sich kein Widerstand regt. Über die Ergebnisse der modernen Unterrichtsmethoden werden allerorten laute Klagen geführt. Indes, zur Ursache des Problems stößt kaum jemand vor. Oder wagt es niemand, den „Kaiser“ als nackt zu bezeichnen? Lesen durch Schreiben, Freies Schreiben mit Anlauttabellen, Ganzheits- und Selbstlernmethoden – diese und ähnliche Heilslehren der Grundschuldidaktik sind eine ergiebig sprudelnde Quelle für Lernversagen. Das pädagogische Pferd wird vom Schwanz her aufgezäumt: Komplex kommt vor einfach, schnell vor bedacht, flüchtig vor sorgfältig. Geschieht dies aus Gedankenlosigkeit? Ist es eine Folge des Zeitgeistes, der geprägt ist durch Eile und Oberflächlichkeit unter dem Diktat elektronischer Medien? Sind lernpsychologisch widersinnige Methoden die Frucht einer durch und durch ideologisierten, dogmatischen Monopolpädagogik? Sind sie etwa gar Geschäftsmodelle, die ohne Rücksicht auf die Folgen für die kleinen „Kunden“ verwirklicht werden? Gelten gesunder Menschenverstand und Erfahrungswissen denn gar nichts mehr?
Besonders zu leiden haben lernschwache Kinder. In dieser Diagnose sind sich Kritiker aller Denkrichtungen einig. Bei der Ursachenforschung freilich tut man sich schwer. So mancher Experte müßte nämlich seine vormalige Lehrmeinung verwerfen und sich zu seinem Irrtum bekennen. Das setzt persönliche Größe voraus, die nicht jeder besitzt. Gebetsmühlenartig wird statt dessen beteuert, alles Bemühen gelte den lernschwachen Kindern. So wird der bekannte Slogan „Keiner darf zurückbleiben!“ gerne zitiert. Das Beharren auf zeitgeistigen Lehrmeinungen indes bestimmt das reale Schicksal der benachteiligten Kinder. Sie erhalten kaum die Chance, ihr bescheidenes Lernpotential voll zu entfalten. Jedes gesunde Kind wäre bei Anwendung guter Methoden in der Lage, fundamentale Lese- und Schreibkenntnisse zu erwerben.
Naiver Expertenglaube
Viele selbsternannte Experten sind umtriebig und verzapfen dabei nichts als wohltönendes Geschwätz, dem das fadenscheinige Mäntelchen der Wissenschaft umgehängt wird. Gerade die jungen, unerfahrenen Lehrer lassen sich durch das törichte Gedankengut verunsichern. Experten sind dabei, alle Winkel unseres Daseins auszuleuchten. Es scheint, als seien wir außerstande, auch nur das geringste zu lernen ohne Führung und Anleitung durch offiziöse Fachkräfte. Im schulischen Rahmen erzeugen sinnwidrige Methoden vielfältiges Leid. Die individuellen Fertigkeiten im Fach Deutsch sind für jedes Kind weichenstellend. Lebensläufe werden beeinflußt. Wenn an den Schulen das Lesen und Schreiben auf eine Weise vermittelt würde, die es so gut wie allen Kindern erlaubte, an der Schriftkultur teilzunehmen – wieviel Kummer könnte vermieden werden! Es ist nicht einzusehen, weshalb heute nicht mehr gelingen soll, was in vergangenen Jahrzehnten selbstverständlich war.
Wir haben es mit einem kausalen Problemkreis zu tun: die gesellschaftlichen Auswirkungen als Resultat mangelhafter Beschulung werden nicht unmittelbar sichtbar, sondern erst mit jahre- und jahrzehntelanger Verzögerung. Doch schon kurz nach der Einschulung lassen sich bestimmte Warnsignale erkennen – so man sie als solche wahrhaben will. Heute zieht sich der Prozeß des Lesen- und Schreibenlernens nicht selten über die ganze Grundschulzeit hin – welch eine Bankrotterklärung der Grundschulpädagogik! Bemäntelt wird dieser Umstand durch Beschwichtigungsrhetorik: „Keine Sorge, das wächst sich aus!“ Tut es aber nicht. Dieser Umstand bedarf kritischer Betrachtung, soll nicht weiterhin ein Teil der Schulkinder bis an den Rand des Analphabetismus getrieben werden.
Der Erfahrungshorizont schrumpft
Produktionsstätten der wirklichkeitsfremden pädagogischen Elaborate sind überwiegend aus Steuertöpfen finanziert. Es sind die Vertreter der Schulbehörden selbst, die kraft Amtsautorität indirekt oder direkt für Reformmethoden werben. Eltern und jungen Lehrern fehlen praxisbezogene Maßstäbe zur inhaltlichen Bewertung. Was den Generationen noch vor wenigen Jahrzehnten Halt gab, war ein historisch gewachsener Orientierungsrahmen, in dem es für die Erwachsenen einfach war, sich prinzipientreu und vorbildlich zu verhalten. Vieles wurde allein schon deshalb praktiziert, weil es sich bewährte. Und was sollte an Bewährtem so schlecht sein? Alles als richtig, nichts als falsch zu sehen ist Werterelativismus; Beliebigkeit befreit nicht, sondern erzeugt Ängstlichkeit! Zeitgenossen, die sich selbstbewußt über die Zumutungen einer gesichts- und mitleidlosen „Niemandsherrschaft“ hinwegsetzen, sind eine Rarität.
Der Erfahrungshorizont des postmodernen Menschen schrumpft zusehends. Bis ins Kleinste vorangetriebene Arbeitsteilung und zunehmendes Spezialistentum engen den Blick auf Zusammenhänge ein. In das Erfahrungsvakuum dringt penetrant und unerbittlich die Außensteuerung durch die mächtige Schuladministration ein. Das Berufsbild des Lehrers ähnelt inzwischen dem des Buchhalters. Diese zutiefst unbefriedigenden und beklemmenden schulischen Arbeitsbedingungen bilden den Nährboden für das allgemeine Leiden an der Schule, das Burn-out, die Sinnkrise, die Gleichgültigkeit, den mentalen Rückzug. In einer solchen Atmosphäre verkümmert nicht nur der Bildungsdrang, sondern auch das Mitmenschliche.
Schriftsprache ist kein Experimentierfeld!
Schriftsprache ist eine Kulturtechnik, der die westliche Welt ihren historisch beispiellosen wirtschaftlichen und zivilisatorischen Aufstieg verdankt. Schriftsprache ist das Fundament, auf dem wir alle stehen. Auch Fundamente müssen gepflegt werden! Schriftsprache ist deshalb kein Experimentierfeld. Es gibt keinen gesellschaftlichen Auftrag, der die Schule ermächtigte, Schrift neu zu erfinden oder es den Schülern zu überlassen, ob sie die Schrift „entdecken“ wollen. Schrift muß von jeder Generation neu eingeübt werden. „Bestimmte Elementarvorstellungen sind so tief in unser Alltagsleben eingesenkt, daß sie dem Bewußtsein gänzlich entglitten zu sein scheinen. Wir handeln, ohne überhaupt an sie zu denken, und werden ihrer nur in Zeiten des Wandels oder der Krise gewahr.“ Mit diesen bemerkenswerten Sätzen leitet Barry Sanders sein lesenswertes Buch „Der Verlust der Sprachkultur“ ein. Besser kann nicht ausgedrückt werden, was ich dem geneigten Leser sagen will: Schriftsprache ist kein Zufallsprodukt der Evolution, das wie Luft und Wasser einfach vorhanden ist! Das Fortbestehen der Schriftkultur auf hohem Niveau ist nur dann gewährleistet, wenn jede Generation die Mühe auf sich nimmt, dieses Gut intensiv zu pflegen und es in seiner allgemein üblichen, traditionell anerkannten Form gewissenhaft an Kinder weiterzuvermitteln. Die Meinung, Schüler würden sich das Lesen und Schreiben selbst beibringen, wenn sie zum „Experimentieren“ mit diesem Kulturgut angeregt würden, hat sich als Illusion erwiesen. Trotziges Festhalten an solchen Irrlehren könnte die Gesellschaft teuer zu stehen kommen.
Gute und schlechte Methoden
Um ein bestimmtes Ziel zu erreichen, gibt es sowohl gute als auch schlechte Methoden, was niemand bestreiten wird. Angehenden Deutschlehrern während der Ausbildung weiszumachen, das Schriftbild eines Wortes müsse vom Schüler genau 300mal betrachtet werden, damit er es sich merke, ist keine besonders intelligente Methode. Dieses realitätsfremde Gedankenkonstrukt ist ein Formalismus, der seltsame Blüten treiben könnte: während dem Schüler Wortkärtchen vorgelegt werden, fertigt der beobachtende „Lerncoach“ Strichlisten über Häufigkeit und Zeitdauer des Kärtchenbetrachtens an. Formal hat die Schule ihre Aufgabe erfüllt, womit die Institution – auch in juristischer Hinsicht – aus der Verantwortung ist. Bleibt der individuelle Lernerfolg dennoch aus, so müsse es wohl am Schüler selbst liegen. Woraufhin er weitergereicht wird an die staatlichen „Reparaturbetriebe“.
Unsere lebendige Sprache
Und noch einmal, damit keinesfalls ein falscher Eindruck entsteht! Den Lehrern selbst ist diese Fehlentwicklung nicht anzulasten! Wir alle sind Opfer einer ausufernden Bürokratisierung der Pädagogik, deren einziges Mantra das Messen, Zählen, Dokumentieren und Evaluieren ist. Wenn Lehrer nicht Ursache der Fehlentwicklung sind: Wie kann diesem fatalen Trend Einhalt geboten werden? Wer stemmt sich gegen die praxisfernen Methoden im Deutschunterricht? Wer verhilft dem Willen von Lehrern und Eltern zum Durchbruch? Wer setzt sich ein für das Wohl der Schulkinder?
Aber auch weitere Fragen sind zu stellen: Darf sich der Einzelne bei seinem pädagogischen Handeln auf Vorschriften und amtliche Anweisungen hinausreden, so als stünde nicht hinter jeder Maßnahme ein Mensch, der sich für oder wider sein Tun entscheiden kann? Heißt es nicht, ein jeder von uns habe einen freien Willen? Oder ist uns dieser im Getriebe der organisierten Gesellschaft abhanden gekommen? Sollte man letzteres bejahen müssen, dann ist der moderne Pädagoge nichts anderes als eine traurige Marionette der anonymen Schulverwaltung.
Seit Urzeiten gibt es zwei Arten von Menschen: die einen befehlen, die anderen gehorchen. Aufgeklärt und gleichberechtigt, wie wir uns alle fühlen, hören wir das nicht gerne. Die Wirklichkeit aber richtet sich nicht nach den Gefühlen. Wäre es nicht an der Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, weshalb wir heute so handeln, wie wir handeln – in Unterricht und Schule oft genug wider besseres Wissen, und wider Herz und Verstand?
Sprachunterricht in der Schule
Sprache ist ein lebendiges Kommunikationsmittel. Sie ermöglicht den Gedankenaustausch zwischen Menschen. Sprache erzählt Geschichten und stiftet den Sinnrahmen, ohne den wir nicht existieren können. Sprache ist ein unbeschreiblich geheimnisvolles Instrument, voller Lebendigkeit und Mitteilungskraft. Die pädagogische Reduktion von Sprachmustern auf ein rein formales, nacktes Zeichensystem bewirkt eine Sinnentleerung. Unter dem Diktat bürokratischer Verwaltung verdampft das Wesen der Sprache. Welchen Zweck hat es, den Schüler isolierte Wörter von Kärtchen ablesen zu lassen? Würde dies 300mal, ja 500mal oder 1.000mal geschehen – nichts würde das Kind dabei spüren, nichts würde es lernen. Die Zähl- und Meßpädagogik ist kalt und gefühllos. Sie verletzt die Würde des Menschen. Formalistischer Sprachunterricht ist sinnlose Kraftvergeudung, gefolgt von tiefer Enttäuschung. Warum unterrichten wir unsere Kinder nicht mehr systematisch im Lesen und Schreiben, wie dies zu vormodernen Zeiten erfolgreich geschah?
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Kommentare zum Artikel
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Was Sie schreiben, Kirsten, möchte ich bestätigen. Dabei ist besonders schade, dass viele Lehrer gern auf jeden Zug aufspringen, nur um als progressiv und fortgebildet zu gelten. In Konferenzen machen sie sich oft zu Wortführern, die mit ihrem neusten Wissen die Argumente der anderen ins Abseits stellen.
Vielleicht täuscht mich meine Wahrnehmung, aber aus anderen Schulen habe ich Ähnliches gehört.
Diese dominanten Kollegen haben in der Regel wenig an der Schulpolitik, -behörde oder auch an der GEW auszusetzen. Im Gegenteil, oft verteidigen sie sogar deren Vorstellungen und Ziele.
Wie soll da "Aufbegehren" möglich sein, wenn die Meinungen so stark auseinander gehen?
@F.R.
Wenn das mal so einfach wäre. Die Lehrer sind dazu nicht solidarisch genug. Meiner Erfahrung nach gibt es kaum ein Kollegium, in dem nicht Konkurrenzkampf herrscht. Zu einem wirkungsvollen Aufbegehren gehört aber Einigkeit.
Im Artikel heißt es, dass schulische Fehlentwicklungen den Lehrern nicht anzulasten seien. Andererseits heißt es aber auch, dass der moderne Pädagoge eine traurige Marionette der anonymen Schulverwaltung sei.
Können Lehrer denn nichts gegen diese Ohnmacht tun? Wer oder was zwingt sie dazu, sich widerstandslos einer dummen Obrigkeit zu beugen? Und wer, wenn nicht sie, kann oder muss gegen blödsinnige Verordnungen aufbegehren?
Das sind Fragen, die einem durch den Kopf gehen. Für vernünftige Arbeitsmethoden müssen auch Lehrer sich selbst einsetzen. Diese Aufgabe kann ihnen niemand so leicht abnehmen.
Schließe mich Ihrem Lob an, Miriam. Möchte es aber erweitern auf die Kommentare.
Durch den Hinweis "Empfohlene Blogs" bin ich auf obigen Artikel gestoßen, der mir so gut gefällt wie kaum ein anderer in letzter Zeit.
Herzlichen Dank an die Autorin!
Dass erst ein Crash den Schulwahnsinn stoppen kann, habe ich auch schon des öfteren gedacht, Herr Kolbe. Nur fürchte ich dann wieder, dass es ihn bzw. die Kenntnisnahme von ihm gar nicht geben wird. Wie sollte er denn aussehen, damit allen schlagartig klar wird, dass es so nicht weitergehen kann?
Wenn man so will, ist unser Bildungssystem doch schon längst an die Wand gefahren, nur wollen Politik, Fachwelt und auch Medien dies in seltsamer Eintracht nicht wahrhaben. Und ohne Eingeständnis des Scheiterns kann es eine Änderung des Kurses nicht geben. Was müsste also noch alles passieren, damit “an die Wand fahren” überhaupt wahrgenommen und eingestanden wird?
In der Wirtschaft wäre ein Unternehmen wie die Schule längst pleite. Hier folgt schlechten Geschäftsmodellen die Strafe auf dem Fuß. Die öffentlichen Schulen aber können (leider!) nicht pleite gehen. Steuergelder sichern ihnen eine Insolvenzverschleppung bis zum Sankt Nimmerleinstag. Und je schlechter sie funktionieren, desto lauter klingt der Ruf nach zusätzlichem Geld – so als läge es vorwiegend an ihm, dass schulische Leistungen immer mehr den Bach runtergehen.
Nein, so recht wage ich nicht mehr auf einen baldigen Zusammenbruch des kranken Systems zu hoffen. Die Verantwortlichen werden mit aller Macht versuchen, es künstlich am Leben zu erhalten. Gerade weil es so schlecht funktioniert, bietet es beste Chancen fürs Symptomkurieren, an dem sich alle Beteiligten eine goldene Nase verdienen - auch die Politiker.
@ Frau Annegret Sch.
Ich bin überzeugt davon, daß diese Erfahrung sehr viele Eltern ebenso gemacht haben. Bei meinen Kindern war es nämlich ähnlich. Leider Gottes aber sind diese älteren Lehrer(innen) nicht mehr lange im Dienst. Und dann kann man nur noch darauf hoffen, wie ich schon schrieb, daß dieses System möglichst schnell „an die Wand fährt“ (so leid einem die Kinder auch tun können), damit wir wieder zu Verhältnissen kommen, die nicht von den sogen. 68ern dominiert werden. Ich sehe bedauerlicherweise keine andere Möglichkeit. Man kann sicherlich einwenden, daß auch am früheren Bildungssystem einiges verbesserungsbedürftig war. Dem würde ich sogar zustimmen. Gegenüber dem jetzigen jedoch war es um Längen besser (in der Einrichtung Schule kann als Maßstab nur immer die Bildung, das Wissen, das unseren Kindern vermittelt wird, gelten). Wenn man sich das Trauerspiel dieser anglo-amerikanischen „Master“- und „Bachelor“-Misere gegenüber dem deutschen Ingenieur (dessen Dienste seit eh und je mit Kußhand weltweit in Anspruch genommen werden) ansieht, muß man das alles nicht näher erklären, reicht es, wenn konstatiert wird, daß das deutsche Bildungswesen bewußt „den Bach hinunter“ geleitet wird.
Die Meinungsdominanz, gepaart mit absoluter Intoleranz und Erkenntnisresistenz (auf dem Rücken unserer Kinder – das kann gar nicht oft genug betont werden!) dieser herrschenden Klasse läßt an eine vorherige mögliche Korrektur leider nicht ansatzweise denken.
@ U.P. am 28.11.
Herr Kolbe am 28.11.
Vielleicht interessiert es Sie, dass wir als Eltern zweier Grundschulkinder auch schon gemerkt haben, dass wir von Glück sprechen können, weil sowohl die Tochter als auch der Sohn zwei ältere Klassenlehrerinnen haben, die beide nicht weit vom Ruhestand entfernt sein dürften. Und aus dem Freundeskreis weiß ich auch, dass die meisten Eltern mehr von älteren als jüngeren Lehrern halten. Das war vor einigen Jahren noch ganz anders.
An älteren Lehrern wird vor allem geschätzt, dass sie sich mehr durchsetzen und nicht Kumpel(in) sein wollen. Sie biedern sich nicht an, verlangen höflichen Umgang miteinander und versuchen auch noch, solides Wissen und Können ohne viel Schnick-Schnack beizubringen.
Wir Eltern waren am meisten darüber erstaunt, dass unsere Kinder von diesen Lehrerinnen ganz begeistert sind und sich richtig für sie anstrengen. Ihr Lob und ihr Tadel zählen noch was.
Herr oder Frau U. P., Sie haben ja recht, gerade wenn ich Ihre Aussagen im ersten Absatz lese. Viele Lehrer aber haben diese Schizophrenie, den Kindern etwas nachweislich Falsches lehren zu müssen, nicht ausgehalten und sind vorzeitig aus dem Schuldienst ausgeschieden bzw. haben sich aus gesundheitlichen Gründen frühpensionieren lassen.
Dieses weiß ich aus persönlichen Gesprächen mit Betroffenen.
Ich könnte noch eine ganze Menge mehr aus meiner damaligen mehrjährigen aktiven Gegnerschaft in der „WIR-gegen-die-Rechtschreibreform“-Bewegung berichten. Schriftwechsel mit zum damaligen Zeitpunkt in der Opposition sich befindlichen Spitzenpolitikern und danach, als sie das Ziel Ministerpräsident erreicht hatten, waren sehr ernüchternd, glauben Sie mir. Da verliert man sämtliche Illusionen. Dieses würde hier aber den Rahmen sprengen.
Ja, was sich dort für ein Niveau, in den heutigen Schulen abspielt, lese ich gerade in einem Buch, "Was wir unseren Kindern antun", und in div. Foren. Man fasst es einfach nicht, was sich heute alles Lehrer "schimpfen" darf.
Da werden dann einfach Handies abgenommen, was man auch als Raub interpretieren könnte, da werden persönliche Nachrichten von Schülern, offen in der Klasse vorgelesen, und Schüler nachhaltig diffamiert und blamiert, ja, selbst vor der Veröffentlichung von intimster Details, wird nicht zurückgeschreckt, und sich sogar noch an dem nachhaltigen Spießrutenlaufen der Opfer, beteilig. Man fasst es einfach nicht, welches Niveau, in den Schulen unterrichtet.
Wenn man dann noch liest, mit welchen Methoden, schon Erstklässler, fertig gemacht werden, das sie sich weinend auf den Schoß ihrer Lehrerin setzen, und fragen, "Hast Du mich denn jetzt überhaupt noch lieb?", dann kommt man selber an einen Punkt, wo man sich an der Stuhllehne festhalten muss, um nicht auszuflippen.
Ja, es fällt einem wirklich nichts mehr ein, was man dazu sagen soll. Es hat schonmal einer in Deutschland geschrien, "Jahrelang wurde geredet und geredet, jetzt wird gehandelt!" Man war sich so sicher, das solche Rumpelstilzchen, in Deutschland, niemals wieder eine Chance hätten. Wer könnte diese Sicherheit, heute noch, ruhigen Gewissens, abgeben?
Grüße, Rudi Gems
@Klaus Kolbe vom 26.11.
Sie schreiben “Lehrer alter Schule und Klasse scheint es nicht mehr zu geben”. Doch, es gibt sie noch, aber ihre Anzahl schrumpft. Außerdem haben sie keine Lust mehr, herablassendes Lächeln zu ernten, wenn sie Widerspruch anmelden und an frühere bestens bewährte Methoden erinnern. Dann gelten sie als altbacken, unaufgeschlossen für moderne Wege und auch als zu faul, um vom Gewohnten abzulassen.
Während die freie Wirtschaft längst aus ihren Fehlern gelernt hat und und zunehmend auf die Erfahrung älterer Mitarbeiter setzt, scheinen Schulbehörden zu dieser Einsicht nicht fähig. Sie stoßen mit ihren lebensfremden Experimenten nur selten auf Widerstand, was Narrenfreiheit bedeutet . Es ist so, wie Frau Pfeiffer-Stolz schreibt: “Eltern und jungen Lehrern fehlen praxisbezogene Maßstäbe zur inhaltlichen Bewertung”. Gutgläubigkeit und Mangel an Protest sind die Folge.
Baden-Württemberg gilt neben Bayern als Bundesland mit den besten Bildungschancen, was die Bertelsmann-Studie wieder beweist. Dennoch konnte die grün-rote Regierung ohne Schwierigkeiten die “Einheitsschule” beschließen und das bewährte Schulsystem über Bord werfen, ohne dass sich Widerstand regte.
Über Stuttgart 21 wurde viel diskutiert, das Für und Wider gründlich abgewogen und nichts entging dem wachen Auge der Medien. Dies zeigt, welch freie Hand die Bildungspolitik hat. Und die Einheitsschule ist m.E. nach von weitaus größerer Bedeutung als der Bahnhof in Stuttgart. Dies wird sich allerdings erst in etlichen Jahren herausstellen, wenn sich die Bürger entsetzt die Augen reiben, weil sie das Ergebnis einer weiteren Studie nicht fassen können.
Die Bildung (und damit ist Bildung für unsere Kinder, die Zukunft dieses Landes, gemeint) in diesem Lande (möglicherweise auch im ganzen Abendland) wird genauso vorsätzlich ruiniert, wie man die Wirtschaft und die Finanzen ruiniert. Von konservativen, nicht mehr des Erwähnens werten Restbeständen einmal abgesehen, haben wir dieses Desaster wem zu verdanken? Richtig – den linkssozialistisch ausgerichteten Pädagogen (Lehrer alter Schule und Klasse scheint es nicht mehr zu geben) und staatsalimentierten Weltverbesserern! Erst nachdem dieses System „an die Wand gefahren“ ist, kann an Neuanfang gedacht werden – vorher sehe ich keine Chance, leider!
@Ursula Prasuhn
Interessanter Kommentar. Aber gehen Sie nicht zu weit mit dem Vorwurf, dass der ewige Patient Schule absichtlich im Krankenbett festgehalten würde, obwohl es Heilmittel gibt?
Allmählich befürchte ich, dass es schier aussichtslos ist, sich gegen die ruinösen Ideologiekämpfe und Methodenwechsel im Schulwesen zu stemmen, obwohl eine Besinnung auf Langerprobtes und Bewährtes längst oberste Pflicht von Politik und Pädagogik wäre. Beide scheinen jedoch unfähig zur Selbstkritik und zum Eingeständnis grober Fehler, weil für sie selbst zu viel auf dem Spiel steht. Die Pädagogik, die sich in weiten Teilen zu Unrecht “Wissenschaft” nennt, könnte Einbußen an ihrer Bedeutung erleiden und die Politik käme in Schwierigkeiten, weil ihre Fata Morganen dem Wahlvolk nicht mehr so leicht als neuste Lernarchitektur zu verkaufen wären.
Geradezu infam an diesem Spiel ist, dass es so scheinheilig abläuft und auf dem Rücken der Kinder ausgetragen wird. Sie haben später nicht nur für die Sünden im Umweltbereich oder in der Staatsverschuldung zu zahlen, sondern auch für die Großmanns- und Gewinnsucht von Politik, Pädagogik und weiteren Nutznießern, die alle von einem kranken System profitieren, das nicht genesen darf, wenn es weiter von Vorteil sein soll. Nicht zuletzt darum stößt eine Rückbesinnung auf Langbewährtes und -erprobtes auf mächtigen Gegenwind. Sie könnte ja vieles überflüssig machen, von dem man sich weitere Gewinne verspricht.