Geldanlage: Wer nicht streut, rutscht aus

Wir müssen uns wieder auf Markowitz zurückbesinnen. Diversifikation/Vielfalt funktioniert! Dies gilt für alle, die Geld anlegen, fürs Alter sparen oder sich für den Krisenfall eine Notreserve aufbauen. Geheimtipp: Im Beziehungsleben ist es umgekehrt.

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Was im Winter bei glatten Straßen gilt, das gilt auch für die Finanzmärkte. Anleger und Vorsorger müssen streuen um das aktuell (noch) gültige System für sich zu nutzen. Die Theorie der Risikostreuung geht auf Harry Max Markowitz zurück, der bereits 1952 die Investmentwelt auf den Kopf stellte. Im Laufe der Zeit kamen die damals gültigen Grundsätze immer mehr unter die Räder und wurden durch den ausufernden Renditehunger über den Haufen geworfen. Inzwischen findet eine Rückbesinnung statt. Diversifikation funktioniert und ist unschlagbar.

Die Kernaussage von Markowitz ist, dass man das Gesamtrisiko eines Portfolios senken kann, in dem man verschiedene Risikowerte miteinander mischt. Obwohl beispielsweise 20 Werte einzeln betrachtet ein hohes Risiko besitzen, können sie zusammengewürfelt ein geringeres Risiko erzeugen. Das Stichwort lautet Korrelation. Beobachtet man Aktien der selben Branche (z.B. VW und BMW), dann misst man eine hohe Korrelation nahe “1”. Schafft man es allerdings Aktien mit einem geringeren Gleichlauf zu finden, dann kann man das Risiko senken. Hätte man nur zwei Aktien mit einer Korrelation von (in der Praxis undenkbar!) genau -1, dann besäße man eine risikolose Geldanlage, denn wenn die eine Aktie steigt, dann fällt die andere Aktie dementsprechend. Bei einer Korrelation von 0,7 benötigt man rechnerisch 15 Werte um ein effizientes Portfolio zu bauen. Jede weitere Hinzunahme weiterer Risikowerte würde in diesem Fall das Gesamtrisiko nicht mehr senken. Je nach Korrelationsfaktor und dessen Sensitivität kann man damit ein Depot komplett ausdiversifizieren. Das Risiko, welches dann noch übrig bleibt, nennt man “systematisches Risiko” oder “Marktrisiko”. Dieses Risiko hat man immer; auch bei absoluter Risikostreuung.

Der Knackpunkt kommt jetzt: Weil jeder Anleger sein Gesamtrisiko kostenlos (durch Streuung) auf das Marktrisiko reduzieren kann, wird auch nur dieses mit einer Rendite vergütet. Wer keine effiziente Risikostreuung betreibt, geht also Risiken ein, für die er keine Rendite (oder Risikoprämie) erhält. Es gibt auch Anleger, die bewusst vom diversifizierten Depot abweichen um Chancen von Einzelwerten zu nutzen. In solchen Fällen spricht man meist von Insiderhandel, Spekulation oder Hoffnung auf Glück bzw. Zufall. Eine andere Motivation, auf Risikostreuung zu verzichten, dürfte es bei rational denkenden Menschen nicht geben.

Wer nicht voll diversifiziert ist, hat langfristig ein Risiko, für das er keine Rendite bekommt. Das ganze gilt nicht nur für den Aktienmarkt. Zu was fehlende Diversifikation (im weiteren Sinne: “Vielfalt”) führt, haben die vergangenen Krisen eindrucksvoll gezeigt. Besonders in Zeiten, in denen wir eine lokale Inflation sehen und sich in einzelnen Märkten Preisblasen bilden, werden wir immer wieder solche Krisen sehen. Nehmen wir die US-Immobilienkrise oder die 2000er-Internetaktienkrise. Viel zu viele Player sahen nur steigende Preise und wollten daran partizipieren. Gier frisst Hirn! Risikostreuung galt als absolut uncool, denn die Renditen waren stets höher, wenn man alles auf die vermeintlich richtige Karte setzte. Wie wir heute wissen, ging das schief. Der Luftballon, der nicht platzt, obwohl er ständig weiter aufgeblasen wird, muss noch erfunden werden. Inflationäre Preisblasen haben eine entsprechende Lenkungsfunktion, weg von der rationalen Vernunft, hin zu einem spekulativen Raubtierkapitalismus.

Wir müssen uns wieder auf Markowitz zurückbesinnen. Diversifikation/Vielfalt funktioniert! Dies gilt für alle, die Geld anlegen, fürs Alter sparen oder sich für den Krisenfall eine Notreserve aufbauen. Was für Aktien gilt, das gilt natürlich auch für Edelmetalle und Nutzwerte. Wer bei der Krisenvorsorge nur auf Konserven setzt, wird feststellen, dass er ohne eine Taschenlampe im Dunkeln sitzt. Auch hier gilt: Risikostreuung und Vielfalt sind wichtig. Ich gehe noch einen Schritt weiter und empfehle, nicht nur über die einzelnen Assets (Aktien, Rohstoffe, Bonds, Währungen, Nutzwerte etc…) zu streuen sondern auch in der Zeit. Es macht keinen Sinn, größere Umschichtungen an einem einzigen Zeitpunkt vorzunehmen. Es empfiehlt sich diese Vorgänge über längere Zeiträume zu streuen. Statt z.B. 100T€ heute in Aktien anzulegen, macht es mehr Sinn den Betrag in z.B. 10 Monatsraten zu je 10T€ zu teilen. So streut man den Vorgang über die Zeit und senkt das Risiko, eventuell ein falsches Timing zu haben.

Der typisch deutsche Anleger und Sparer macht vor allem einen Fehler: Er denkt und handelt nur rund um den Kirchturm. Manche denken sogar noch, dass Länder wie Malaysia oder die Türkei sog. Schwellenländer seien. Falsch gedacht! Rendite ist eine Frucht, die man weltweit ernten kann. Wenn man die wunderschöne Erde aus dem All betrachtet, dann ist dieses winzige Europa mit seiner lächerlichen Eurokrise fast bedeutungslos. Niemand weiß, was der beste Weg ist. Deshalb sind die alten Thesen aus dem Jahr 1952 wieder hoch aktuell: Vielfalt beim Anlegen und Vorsorgen! Schaut man sich Gewinner und Verlierer vergangener Krisen und Währungsreformen bzw. Staatspleiten an, dann sieht man, dass diejenigen, die nicht zu den Verlierern zählen, meist auf verschiedene Pferde gesetzt haben. Immobilien beispielsweise können bei einem eventuellen Lastenausgleich zum Problem werden. Ähnlich problematisch wird es, wenn man nur auf Gold, Silber oder sogar nur auf Aktien setzt. Wenn es schief geht und anders kommt, als man dachte, dann zieht man den Kürzeren. Wer behauptet, er wüsste was das Beste ist, der lügt. Wie haben es denn die ersten Bauern vor tausenden von Jahren gemacht? Sie hatten verschiedene Felder, in verschiedenen Regionen mit verschiedenen Saaten. Man hat das Risiko gestreut.

Geheimtipp: Im Beziehungsleben ist es umgekehrt. Wer dort denkt, das Risiko durch Mischung verschiedener Partner zu verringern, der erreicht meist das Gegenteil.

Zuerst erschienen auf pinksliberal.wordpress.com

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