Freiheit, Markt und Umweltschutz

Freiheit, Marktwirtschaft und eine saubere Umwelt, geht das zusammen oder schließen sich diese drei Begriffe gegenseitig aus? Nein, ganz und gar nicht. Ganz im Gegenteil, eine saubere Umwelt wie Liberale sie verstehen, setzt individuelle Freiheit und funktionierende Märkte sogar zwingend voraus. Freiheit, als die Fähigkeit des Einzelnen mit sich und seinem Eigentum selbstverantwortlich umzugehen, und Markt, als die Institution, die den freiwilligen Austausch von Eigentum gewährleistet, ermöglichen erst, dass unsere Umwelt den Schutz genießt, den jedes einzelne Mitglied der Gesellschaft sich wünscht und für den der Bürger bereit ist im Zweifel auch Verzicht zu üben. Schließlich entstehen Umweltprobleme dort, wo Märkte nicht funktionieren, wo Konflikte über die Nutzung natürlicher Ressourcen nicht kooperativ gelöst werden, sondern konfrontativ, zum Nachteil aller.

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Funktionierende Märkte erfordern die rechtsverbindliche Zuordnung und den Schutz von Eigentums- und Verfügungsrechten. Kommt der Staat dieser Aufgabe nach, dann arbeiten Märkte auch für den Umweltschutz. Erst die individuelle Zuordnung von Rechten an der Nutzung von Umweltressourcen und die Möglichkeit diese auf Märkten zu handeln gibt den Menschen einen Grund, nicht nur die eigene Wertschätzung für die Umwelt, sondern auch die Interessen ihrer Mitmenschen zu berücksichtigen. Schließlich zahlt es sich für sie auch finanziell aus, wenn sie nur den Teil der Umwelt in Anspruch nehmen, der ihnen mehr Nutzen stiftet, als das, was ihnen andere zum Tausch für das eigene Maßhalten anbieten. Das gilt sowohl für private Handlungen mit unmittelbarer Umweltwirkung, als auch für Situationen, in denen die Beteiligten wissen, dass eine Ressourcenverschwendung der Gesellschaft am Ende teuer zu stehen kommt. Insofern kann die Politik zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Schafft sie die rechtlichen Grundlagen für funktionierende Märkte ist auch die Umweltpolitik schon fast erledigt.

Anders als für viele klassische Güter ist die Definition und Sicherung von Eigentumsrechten an Umweltgüter wie Wasser oder Luft relativ schwierig. Weder sind die verschiedenen Nutzer der Umweltressourcen eindeutig zu identifizieren, noch ist es immer möglich sie in Markttransaktionen um die Nutzung der Umwelt einzubeziehen. Die Verteilung der Rechte zur Umweltnutzung und eine geeignete Rahmensetzung, die Märkte für Umweltressourcen schafft oder auch deren Anreizeffekte simuliert, sind daher ein wichtiger Eckstein einer liberalen Umweltpolitik. Märkte für die Nutzung von Wasser oder der Emissionshandel zur Reduktion von Luftschadstoffen sind nichts Neues mehr, ebenso wenig wie Schadstoffabgaben, deren Preiswirkung Unternehmen und Haushalte dazu bewegt auch die Knappheit der Umwelt ins Kalkül zu ziehen. In Zukunft wird der technische Fortschritt bei der Stoffanalyse, Fernbeobachtung und –kontrolle noch bessere Voraussetzungen schaffen, bislang als undenkbar erachtete Märkte für Umweltgüter zu ermöglichen. Moderne Verfahren der Emissionsmessung am fahrenden Kraftfahrzeug und entsprechende Schadstoffabgaben oder die Satellitenüberwachung von Fischereifahrzeugen in einem System handelbarer Fangrechte sind nur zwei Beispiele dafür, wie Fortschritt und Märkte zu einer kostengünstigen Entlastung der Umwelt führen können.

Eine liberale Umweltpolitik ist sich der Knappheit natürlicher Ressourcen bewusst. Das bedeutet jedoch auch, dass die Lösung von Umweltproblemen denselben Effizienzüberlegungen unterliegt wie alle anderen Aufgaben im politischen Prozess. Auch im Umweltschutz kann jeder Euro nur einmal ausgegeben werden, jede Tonne Stahl oder jede Arbeitsstunde nur der Lösung eines Problems gewidmet werden. Zwar kann der Schutz eines Menschenlebens mit viel oder wenig Aufwand erreicht werden, doch will man möglichst viel erreichen, dann ist teurer Umweltschutz keine Option. Das bedeutet für die Umweltpolitik eine Prioritätensetzung, der eine sorgfältige Abwägung der Kosten und Nutzen umweltpolitischer Instrumente vorangehen muss. Für die Politik ist die Beantwortung der Frage essentiell, ob eine mit hohen Kosten verbundene Durchsetzung immer niedrigerer Schadstoffgrenzwerte nicht möglicherweise Ressourcen bindet, deren Einsatz an anderer Stelle ein Vielfaches an menschlichem Leid reduzieren würde. Auch sollten Umweltschutzmaßnahmen möglichst direkt erfolgen, sprichwörtlich den Finger auf die ökologische Wunde legen, und dort ansetzen, wo man lediglich einen mehr oder weniger sicheren Zusammenhang zwischen Handlung und Schaden erwartet. Denn solche indirekte Lösungen fordern den Bürgern oft weit mehr Einschränkungen ab, als für die Lösung der eigentlichen Probleme nötig sind und sie führen zu einer Vielzahl von Anpassungsreaktionen, deren unerwünschte Wirkungen nicht absehbar sind. Hier haben marktkonforme Umweltschutzinstrumente eindeutig die Nase vorn, da sie einerseits das Umweltproblem direkt adressieren, andererseits genau dort die größten Anreize setzen, wo Umweltschutz am kostengünstigsten geleistet werden kann. Zudem erlauben marktorientierte Umweltinstrumente den Bürgern das Maß an Flexibilität, das die wirtschaftliche Belastung und den umweltpolitischen Handlungsbedarf zum Ausgleich bringt.

Diese Effizienzüberlegungen werden auch nicht dadurch relativiert, dass sich so mancher von teuerem Umweltschutz allerlei Sekundärtugenden, wie neue Arbeitsplätze, Technologieführerschaft oder Mittelstandförderung, verspricht. Umweltschutz ist sich selbst Ziel genug, dass er auf derartigen argumentativen Ballast verzichten kann.  Daher sollte Umweltpolitik auch nur nach ihrem Beitrag zur Lösung des jeweiligen Umweltproblems bewertet werden. Jobs, die mit hohem Aufwand im Umweltbereich entstehen, fallen in den Sektoren weg, die zugunsten der Umweltpolitik auf Investitionen verzichten mussten. Technischer Fortschritt nutzt den Menschen nur, wenn er sich in mehr Wohlstand niederschlägt. Umwelttechnischer Fortschritt ist keine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, ganz im Gegenteil, seine Wirkung soll uns die Mühen des Alltags abnehmen.  Dasselbe gilt für Umweltpolitik, die sich selbst lauthals als Wirtschaftsmotor bewirbt und doch oft nur Ressourcen umverteilt. Letztlich ist nicht die Umweltpolitik, sondern die Wirtschafts- und Finanzpolitik als Rahmengeber für günstige Arbeitsmarktbedingungen, die Dynamik von Forschung und Entwicklung und wirtschaftliche Prosperität verantwortlich. Wer die Umweltpolitik mit Aufgaben überfrachtet, lenkt sie von der Lösung der eigentlichen Probleme ab und öffnet die Einfallstore für allerlei Interessengruppen und ihre oftmals gar nicht ökologischen Partikularinteressen.

Was bedeuten diese Perspektive einer liberalen Umweltpolitik für die Praxis? Ein Ausflug in den Anspruch und die Realität der Klimapolitik soll dies illustrieren:

Der Klimawandel und der mutmaßliche Einfluss des Menschen auf seine Dynamik dominieren seit mehr als einem Jahrzehnt die umweltpolitische Debatte. Klimagasemissionen, allen voran das Kohlendioxid, gelten als globales Problem, das einer globalen Lösung bedarf. Schließlich ist es für den Klimaeffekt nicht nur irrelevant, wo die Emissionen erfolgen, sondern auch wo sie eingespart werden. Es kommt einzig allein auf die konkrete Minderung und ihren Nutzeffekt für die Menschen an. Die globale Dimension der Klimapolitik ist gleichermaßen Chance wie Hemmnis einer Lösung: Chance, weil die Wirtschaftssysteme der internationalen Staatengemeinschaft prinzipiell eine größere Zahl von Lösungsoptionen zur Klimapolitik beisteuern können, als es ein einzelnes Land vermag. Hemmnis, weil Kosten und Nutzen des Klimaschutzes international so ungleich verteilt sind, dass nur wenige Länder von sich aus ein Interesse an einer für alle Parteien verbindlichen Lösung haben.

Isolierte Strategien, wie die Klimapolitik der EU, sind in dieser Situation problematisch. Sie sind ein ausgesprochen teures Unterfangen mit erheblichen Lasten für Bürger und Unternehmen. Gleichzeitig zeigen sie aber nur geringe Klimaschutzwirkungen, weil die Größenordnung wirtschaftlich erträglicher Emissionsreduktionen in Europa im globalen Maßstab wenig relevant ist und der aus Kostengründen zunehmende Emissionsexport einen starken Trend zu Mehremissionen außerhalb der EU auslöst. Außerdem beeinträchtigt die einseitige Kostenbelastung die wirtschaftliche Entwicklungsdynamik in Europa, was nicht ohne Folgen für die globale Wirtschaftsentwicklung bleibt. Bislang kaum in das umweltpolitische Kalkül einbezogene Lösungsoptionen, die auf eine Anpassung an nicht vermeidbare Folgen globaler Veränderungen des Klimas hinauslaufen, werden so zusätzlich erschwert.

Eine liberale Umweltpolitik, die sich der hohen Transaktionskosten globaler Lösungen bewusst ist, sollte daher auf Maßnahmen setzen, die den Menschen möglichst große Anpassungsspielräume an Veränderungen des Klimas ermöglicht. Unter den meisten der mutmaßlichen Folgen des Klimawandels, wie Trockenheit, Krankheiten und Unwetterkatastrophen, leiden die Menschen armer Länder mangels wirtschaftlicher Entwicklung schon heute. Für sie ist eine Politik, die Produktivität und wirtschaftliche Entwicklung fördert, für eine bessere gesundheitliche Versorgung sorgt und den Zugang zu Grundnahrungsmitteln und sauberem Wasser gewährleistet, die beste Klimaschutzpolitik, denn sie ist wirksamer als alle indirekt wirkenden und bezüglich ihrer Effektivität mit großen Unsicherheiten behafteten Maßnahmen zur Vermeidung von Klimagasemissionen.

Besonders eklatant ist der Widerspruch zwischen den Idealen einer liberalen Umweltpolitik und der klimapolitischen Realität auf der nationalen und europäischen Ebene. Der derzeitige Instrumentenkasten im Klimaschutz ist gefüllt mit einem in sich widersprüchliches Konglomerat von Einzelpolitiken, die eine Vielzahl von Zielen verfolgen und dabei das eigentliche Ziel einer kosteneffizienten Klimagasreduktion nahezu vollständig aus dem Blickwinkel  verloren haben. Der Emissionshandel etwa verschenkt aufgrund seiner Beschränkung auf den Energiesektor und die verarbeitende Industrie eine Vielzahl kostengünstiger Vermeidungsmöglichkeiten in anderen Wirtschaftsbereichen, führt aber gleichzeitig aufgrund seines Wirkungsmechanismus zu einer Vermögensumverteilung von den Verbrauchern zur Industrie, die seine eigentlichen ökonomischen Kosten für die betroffenen Unternehmen weit übersteigt. Bei der Ökosteuer geht es ebenfalls eher ums Geldverdienen als um eine effiziente Schadstoffreduzierung,. Allerdings ist hier der Staat der Geldverdiener, denn er hat die Steuersätze so gewählt, dass sie die Steuereinnahmen möglichst reichlich sprudeln, statt die Kohlendioxidemissionen aus unterschiedlichen Brennstoffen uniform zu belasten. Die zahllosen, parallel zum Emissionshandel praktizierten Einzelpolitiken, von der Förderung erneuerbarer Energieträger bis hin zur Festlegung von Energieverbrauchsstandards, verstärken dieses Effizienzdefizit. Statt sich entsprechend der eigenen Präferenzen den Preissignalen eines einzigen an den tatsächlichen Emissionen ansetzenden Instrumentes anpassen zu können, sind sie gezwungen sich den starren Vorgaben der Politik ohne Rücksicht auf die individuelle wirtschaftliche Situation und persönliche Bedürfnisse zu unterwerfen. Daher kollidiert dieses Instrumentensammelsurium nicht nur wegen der zumeist erheblichen Vermeidungskostenunterschiede mit ökonomischen Effizienzkriterien, sondern auch mit den freiheitlichen Grundprinzipien einer liberalen Politik. Die Grenzen ökonomischer Vernunft sind vollends erreicht, wenn sich die Wirkungen der einzelnen Politikmaßnahmen gar gegenseitig ausschließen. So bleiben kostenaufwändige Stromsparauflagen, Fördermaßnahmen zur Energieeffizienzerhöhung und Subventionen für Erneuerbare Energieträger gänzlich wirkungslos, wenn die erbrachten Emissionsminderungen vor dem Hintergrund des Emissionshandels mit festem Emissionsbudget allein in Zertifikatspreissenkungen verpuffen und damit an anderen Stellen Mehremissionen erlauben. Nicht zu vergessen ist die Debatte um die negativen Effekte der Bioenergienutzung, bei der die Förderpolitik nachweislich zu Lasten der Lebensmittelversorgung der Armen geht und schon heute gewaltige Zerstörungen in wertvollen Naturräumen auslöst.

Auf der Tagesordnung der derzeitigen Klimaverhandlungen steht eine global konzertierte Klimapolitik mit einheitlichen Instrumenten. Dabei wird vor allem ein internationales Emissionshandelsregime favorisiert. In dieser Debatte wird völlig ignoriert, dass die starren Emissionsziele der tatsächlichen Klimawirkung des zu regulierenden Schadstoffs überhaupt nicht angemessen sind. Da die kurz- bis mittelfristige zeitliche Verteilung zusätzlicher Emissionen nahezu keinen Einfluss auf die Klimawirkung der bereits existierenden Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre hat, übersteigen die beträchtlichen ökonomischen Kosten starrer Emissionsziele deren zusätzliche Nutzen deutlich. Die theoretische Effizienz und Zielgenauigkeit des Emissionshandels darf nicht darüber hinwegtäuschen, das gerade die Zieldefinition im Klimaschutz von besonderer Bedeutung für den Nutzen der Klimapolitik ist. Sehr schnell hat blinder Aktionismus in der Instrumentenwahl denselben Effekt, als würde man mit einem Schnellzug unter Volldampf den falschen Bahnhof ansteuern. Dagegen würde eine Abgabe auf Klimagasemissionen ohne eine fixe Emissionsobergrenze den Bürgern wesentlich mehr Anpassungsflexibilität erlauben und ihnen hohe Kosten ersparen, ohne spürbar höhere Klimaschäden zu bewirken. Zudem hätte eine globale Kohlendioxidabgabe den Vorteil einer wesentlich gerechteren Verteilungswirkung. Statt beim Emissionshandel in Kauf zu nehmen, dass der Marktwert der Emissionsrechte von den Verbrauchern zu den Unternehmen umverteilt wird, gäben die Einnahmen aus einer Klimaschutzabgabe dem Staat mehr Spielraum für die Gegenfinanzierung dringend notwendiger steuerlicher Entlastungen.

Letztlich ist der Klimawandel nur eine unter vielen sozialen und ökologischen Herausforderungen. Es gibt eine Vielzahl von Problemen, deren Ursachen und Lösungsalternativen zwar besser erforscht sind als der Klimawandel, deren Aufmerksamkeit jedoch vom allmächtigen Schatten der Klimapolitik überdeckt wird. Eine liberale Umweltpolitik sollte sich daher auch die Frage nach den Ursachen dieser Dominanz stellen. Gerade die naturwissenschaftliche Unsicherheit, die Schwierigkeit der empirischen Verifizierung der theoretischen Annahmen über den Einfluss des Menschen auf das Klima, machen dieses Politikfeld zum idealen Einfallstor von Partikularinteressen. Die Politik zieht ihre Legitimation aus der Deklaration der Lösungskompetenz für ein bislang nur diffus definiertes Problem, ein idealer Nährboden für ideologische Alleinherrschaftsansprüche und wirtschaftliche Einzelinteressen, die eine politische Umverteilung von bestehendem Vermögen der Wohlstandsmehrung unter Wettbewerb auf den Märkten vorziehen. Zum vermeintlichen Marktversagen gesellt sich das Versagen der Politik, wobei immer weniger klar ist, ob die resultierenden Lösungen nicht mehr Schaden verursachen als das eigentliche Umweltproblem.

 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Wolfgang Neumann

ich kann diesen Ausführungen nur zustimmen.
Die zentrale Frage ist doch, wie man Ideen und auch Fakten in die Köpfe der Bürger bringen kann. Wie kann man die "Straße" erreichen? Bisher habe ich auf die Frage keine Antwort bekommen.
Ist es eine (von vielen Möglichkeiten) in kleinen Runden zu diskutieren? Sich untereinander zu argumentieren? Solange man sich in den diversen Fachrunden nicht einigt und sich auch nicht aus den Elfenbeintürmen herablässt mit einfachsten Argumenen die Bürgerschaft zum Nachdenken zu animieren, wird alles beim alten bleiben. Nein es wird schlimmer werden. Viel schlimmer.
Kann mir jemand die Frage beantworten?
Wie soll der Bürger (mit seiner Aufassungsbereitschaft) erreicht werden?
W. Neumann/ Die Volksinitiative BRB

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