Freiheit für oder Freiheit von?

Vermutlich werden die Leser jetzt einen Beitrag über die Religionsfreiheit erwarten – und der wäre auch passend, wenn man die Frage stellte, ob es sich bei dieser grundgesetzlich garantierten Freiheit um eine Freiheit der bzw. für die Religion(en) oder eine Freiheit von Religionen handelt.

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Fundamentalistische Atheisten, man könnte sie auch als Atheliban und als theophob bezeichnen (was ich nicht tue, würde ich doch nur auf gleiches Niveau hinabrutschen), sehen das oft so und meinen, die Religionsausübung sei im Privaten frei, man müsse sie als Atheisten aber vor der Konfrontation mit Religionen beschützen – daher die Forderungen nach Abhängen und Abbau christlicher Symbole im öffentlichen Raum.

Nachdem ich jetzt einen ganzen Absatz verschenkt habe, für ein Thema, um das es gar nicht geht: Worum geht es? Nehmen wir ein Beispiel, dass im Moment ein bisschen die Runde macht, jedenfalls habe ich schon mehrere Beiträge in Blogs und Onlineforen dazu gelesen: Lebkuchen! Nach einer aktuellen Umfrage fühlen sich 63 % der Bundesbürger vom frühzeitigen Angebot von Weihnachtsgebäck in den Supermärkten genervt, 47 % geben an, frühe Weihnachtsangebote verdürben ihnen die Vorfreude auf Weihnachten. An einer solchen Statistik ist zunächst mal nichts auszusetzen, auch nicht an der Einschätzung: Es ist letztlich ein persönlicher Eindruck, der vermittelt wird, und so wie den einen eben Fahrstuhlmusik nervt ist es bei anderen das ausgelegte Spekulatius im September.

Fast ein Drittel der Befragten (31 %) geht aber weiter und fordert (man muss das dazu schreiben: nicht aktiv sondern auf Nachfrage, das relativiert eine solche Statistik ein bisschen) „ein Verbot für Lebkuchen, Glühwein und Weihnachtslieder in den Läden vor einem bestimmten Stichtag im Jahr“ (Quelle: NovoArgumente undMünchner Abendzeitung). Interessant fände ich an dieser Stelle neben der Altersklassen (grob gesagt: je älter desto kritischer gegenüber frühen Weihnachtsangeboten) auch noch die Zuordnung zur Religion: Sind es überdurchschnittlich (praktizierende) Christen, die sich gegen diese Angebote und für ein Verbot aussprechen oder eher weltlich orientierte Menschen? Erstere dann vielleicht aus der religiösen Überzeugung heraus, dass Weihnachten eben erst am 25.12. beginnt und mit dem Advent eigentlich noch eine Fastenzeit bevorsteht, letztere vielleicht aus der Wahrnehmung einer generellen religiösen Überfrachtung … oder tatsächlich aus dem Gefühl heraus, noch die letzten weihnachtlichen Gefühle kommerzialisiert zu sehen? Die Frage wird durch die Umfrage leider nicht geklärt.

Geht man ohne eine dogmatische oder ideologische Brille an das Thema, würde man feststellen, dass doch jeder Händler und jeder Kunde so handeln soll, wie er es für richtig hält: Kein Händler wird Stellfläche für Produkte belegen, die sich nicht verkaufen – was bedeutet, dass von den 63 % „Genervten“ doch auch ein nicht geringer Anteil bei den Angeboten zugreifen dürfte oder das restliche gute Drittel einen so großen Umsatz auslöst, dass sich das „Vor-Vor-Weihnachtsgeschäft“ trotzdem lohnt. Umgekehrt: Kaufen wir als Verbraucher von September bis einschließlich November oder Dezember kein Spekulatius, werden sie zukünftig auch vom Einzelhandel nicht mehr angeboten. Ein Verbot wäre insofern gar nicht notwendig.

Darüber hinaus bedeutete ein Verbot aber auch: Den verbleibenden 37 %, denen der Weihnachtsverkauf nichts ausmacht oder die ihn sogar begrüßen (ein Kollege von mir ist zum Beispiel ein Lebkuchen-Fan und fiebert auf den frühen Verkauf jedes Jahr hin), würde man den Kauf verunmöglichen … auf der Zunge zergehen lassen: Man macht den Verkauf von Lebkuchen in bestimmten Monaten illegal! Ich hoffe ernsthaft, dass die 31 % Verbotsbefürworter sich nicht über die Konsequenzen ihrer Forderung im Klaren waren!

Und für Christen und Katholiken: Irgendwie ist es für mich auch ein Spaß, den Verkaufsstart von Lebkuchen und Christstollen gefühlt von Jahr zu Jahr ein paar Wochen nach vorne rücken zu sehen. Ich gehe an den Bergen weihnachtlicher Süßigkeiten aber ebenso einfach vorbei wie an anderen Angeboten auch, die mich nicht interessieren. Es ist wohlfeil, sich über die Kommerzialisierung des Weihnachtsfestes aufzuregen – bedeutet diese Tendenz doch nur, dass wir offensichtlich seit Jahren maximal erfolglos agieren hinsichtlich der Verbreitung der Bedeutung des Glaubens und der religiösen Feste. Wenn wir mal annehmen, 50 % der Kritiker der Vorweihnachtsangebote, also rund 30 % der Bundesbürger, seien religiös motiviert, dann liegt hier eine Aufgabe: Evangelisierung, Verbreitung des Glaubens, Vermittlung der Bedeutung der religiösen Feste …

Ich plädiere also für die Freiheit für den Lebkuchen und nicht die Freiheit vom Lebkuchen wie ebenso für die Freiheit für Religion und nicht die Freiheit von Religion! Und wenn übrigens bei der Evangelisierung und Aufklärung als Ergebnis herauskommt, dass die September-Angebote wie Blei in den Regalen liegen, dann hat sich das Thema im nächsten Jahr schon fast erledigt!

Beitrag erschien auch auf: papsttreuer.blog.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Freigeist

Ich bin nicht im geringsten religiös und esse Lebkuchen und Stollen wann immer ich will. Punkt.
Das lasse ich mir auch nicht verbieten. Im Zweifelsfalle lasse ich mir einen Stollen backen wann immer ich Lust darauf habe.

Gravatar: Stefan Neudorfer

Ich bin sehr religiös und sehr katholisch und habe mit großen Genus vor kurzen einen Schokoladenlebkuchen gegessen.
Warum auch nicht, er schmeckt mir .

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