Frankreich wie Wien

Die französischen Regionalwahlen sind ähnlich wie die Wiener Gemeinderatswahlen ein paar Wochen davor ausgegangen. Die Front National siegt und siegt und gewinnt doch nie.

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Es ist verblüffend: Die Le-Pen-Partei war im ersten Wahldurchgang an der Spitze – und hat dann am Ende doch keine einzige der französischen Regionen erobern können. Das erinnert an die FPÖ, die ja mit der Front National jetzt auch EU-fraktionsmäßig verbunden ist: Auch sie siegt und siegt seit Jahren, liegt bei bundesweiten Meinungsumfragen weit voraus und hat doch in keinem einzigen Bundesland und keiner Landeshauptstadt die Mehrheit.

Auch in Frankreich haben viele ganz ähnlich angenommen, dass dort der schon viele Jahre anhaltende Siegeszug der Front National sich jetzt endlich in konkreter Macht niederschlagen müsste. Doch die Wähler haben es wieder nicht gewollt.

Sie mögen Parteien wie FN und FPÖ, um den Mächtigen, den „Altparteien“ gehörig die Meinung zu sagen, um ihnen Zorn und Ärger mitzuteilen, um ihnen einen möglichst großen Schrecken einzujagen. Aber wenn es dann wirklich um die Macht geht (wobei wir einmal beiseitelassen wollen, dass französische Regionen nichts wirklich sehr Mächtiges sind), wenn die anderen  Parteien schon fast am Rande der Selbstauflösung taumeln, dann zucken die Wähler doch wieder davor zurück, ihnen die Macht in die Hände zu geben.

Das hat wohl zwei Hauptgründe. Zum einen wirkt die jahrlange ständige Verteufelung im Unterbewusstsein bei unpolitischen Menschen sehr wohl. Und auch wenn die Menschen rational zu 90 Prozent überzeugt sind, dass weder FN noch FPÖ undemokratische Parteien sind, und dass die ständig gegen Le Pen oder Strache geschwungene Nazikeule Schwachsinn ist, so bleibt doch 10 Prozent irrationales Bauchgefühl: Na, vielleicht stimmt da doch was dran. Und das mobilisiert sogar Nichtwähler, wieder zur Wahl zu gehen.

Zum anderen haben viele Wähler Zweifel an der Regierungsfähigkeit dieser Parteien. Und das liegt nicht nur daran, dass Parteien, die immer oder lange in Opposition sind, es ja auch nicht zeigen können, dass sie sehr wohl regieren könnten. Sie können es logischerweise auch nirgendwo richtig lernen. Aber oft bekomme ich den Eindruck, dass sie sich auch gar nicht sehr darum bemühen, sich die Regierungsfähigkeit zu erarbeiten. Es ist ja am bequemsten, nur die Fehler der Regierenden zu kritisieren. Würde man allzu konkret an Alternativen arbeiten, wäre das nicht nur sehr mühevoll und arbeitsreich. Man könnte dabei auch Wähler verschrecken.

Es ist beispielweise leicht – und richtig –, Staatsverschuldung und Defizite zu tadeln. Nur das Wie wird viel seltener thematisiert. Denn würde man aber über Schlagworte wie „Verschwendung und Bürokratie abbauen“ hinaus konkreter werden, so kommt man unweigerlich in Bereiche, wo es dann irgendwem wehtun muss. Und das vermeiden Politiker gerne. Aber gleichzeitig kann nur dann ein Politiker Gestaltungskraft vermitteln, der sich auch konkret in Konflikte einzulassen bereit ist.

Vollständiger Beitrag erschienen auf andreas-unterberger.at

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