Familiensynode: Lagerbildung

Gerade in Glaubensfragen scheint so etwas wie Lagerbildung geradezu vorprogrammiert zu sein. Das ist auch bei der Familiensynode der Fall. Insofern hat es etwas für sich, wenn eine katholische Synode keine bindenden Beschlüsse fassen kann.

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Es gibt zwei Lager bei der Familiensynode: Diejenigen, die meinen, dass es Lager gäbe und die, die das für Quatsch halten. Auf diese kurze Formel bringt es der Kreuzknappe in seiner kleinen Interpretation der Aussagen von Kardinal Schönborn (Wien) und Erzbischof Koch (Berlin). Ich wünschte mir, es wäre so prägnant und einfach. Aber gerade in Glaubensfragen scheint so etwas wie Lagerbildung geradezu vorprogrammiert zu sein. Versucht man sich ein bisschen Abstand zu verschaffen und die Situation von außen zu sehen, habe ich bezogen auf Glauben, Christentum und Katholizismus einen seit langer Zeit gereiften Eindruck:

So kann sich ein gläubiger Katholik ganz gut mit einem Atheisten austauschen. Jedenfalls dann, wenn beide nicht allzu dogmatisch auftreten und auf gegenseitiges Verständnis aus sind. Man ist sich einig, dass die Grundlagen des eigenen „Glaubens und Verstehens“ sehr weit auseinander liegen und ist bemüht, die jeweils andere Sicht zu verstehen. Natürlich wird es beiden meist nicht gelingen, den anderen nicht doch von der eigenen Sicht überzeugen zu wollen – als Katholik zumal, da es ihm um das Seelenheil des Atheisten gehen sollte. Aber das kann sehr gesittet ablaufen.

Im Gespräch des Katholiken mit Vertretern fremder Religionen kann das schon schwieriger werden, aber nicht unmöglich. Auch hier: Soweit es sich nicht um Fundamentalisten auf beiden Seiten handelt, wird man in der Lage sein, sich über die eigenen Grundlagen der Religion auszutauschen, die Unterschiede zur Kenntnis zu nehmen und sie zu bewerten. Immerhin gibt es die Grundlage des Transzendenten, von dieser Basis aus kann man sich unterhalten – allerdings auf einen wie beim Gespräch mit dem Atheisten hohen Abstraktionsniveau; die andere Religion wird da wohl eher als Konstrukt zu sehen sein, die die Wahrheit zumindest nicht vollständig wiedergibt. Und da liegt dann selbstredend auch das Konfliktpotenzial, dem man, betrachtet man seine Religion ernsthaft, kaum aus dem Weg gehen kann.

Noch schwerwiegender wird das im Gespräch zwischen Katholiken und Protestanten. Man sollte meinen, man stünde sich als Nachfolger Christi schon recht nahe. Aber gerade diese Nähe scheint dann die Schwierigkeiten im Detail auszumachen: Da sind zum Beispiel die Schwierigkeiten im Amtsverständnis bis hoch zum Papst, Unterschiede in der Wahrnehmung der Sakramente, in der Rechtfertigungslehre oder auch in der Wahrnehmung von Überlieferungen, die sich nicht 1:1 der Bibel entnehmen lassen. Heute kommen da noch deutlich Unterschiede in der Frage der Weltlichkeit, insbesondere der Morallehre hinzu, dich mich als Katholiken manchmal mit Blick auf die Landeskirchen staunen lassen. Was die Sache noch immer ein bisschen beruhigt, ist, wenn man gemeinsam ernsthaft um die Wahrheit ringt. Da denkt man als Katholik auch schon mal daran, dass die Sicht eines Protestanden eben eine andere ist, und versucht zu entdecken, wo die Wahrheit darin bestehen könnte. Da man aber eigentlich gemeinsam im gleichen Weinberg arbeitet, treten Differenzen schon wesentlich deutlicher zutage, was nicht selten einen emotionsfreien Dialog deutlich erschwert.

Das alles findet seine Spitze in unterschiedlichen Vorstellungen innerhalb der katholischen Kirche, wie sie jetzt bei der Synode zutage treten, wie sie aber in den vergangenen Jahren immer stärker aufzutreten scheinen. Abgesehen davon, dass es Katholiken gibt, die anderen das Katholischsein absprechen, weil sie die Kommunion mit der Hand empfangen, werden die unterschiedlichen Vorstellungen der Entwicklung der Kirche mit von außen betrachtet erbitterter Härte geführt. Verständlich wird das dadurch, dass viele doch ihre Heimat in der katholischen Kirche sehen, und es kaum ertragen können, wenn sie „ihre“ Kirche in eine aus ihrer Sicht falsche Richtung driften sehen. Nun bin ich selbst Teil solcher Kontroversen und muss mir an die eigene Nase fassen: Die Aufforderung, wenn man denn unbedingt Frauen als Priester, Segnungen homosexueller Paare und das „Abendmahl“ für Menschen in irregulären Lebensverhältnissen haben möchte, doch bitte zur evangelischen Kirche zu wechseln, ist wenig zielführend. Es geht – wenn man die Dispute ernst nimmt – nicht darum, sich durchzusetzen sondern der Wahrheit zu ihrem Recht zu verhelfen in der Kirche Jesu Christi.

Da es bei der Religion letztlich auch um die Frage der Wahrheit geht, ist das auch kein Feld für Kompromisse: politische Prozesse helfen hier nur wenig und ich schaue mit Skepsis nach Rom, wenn ich das Gefühl bekomme, dass es genau solche politischen Prozesse sind, die dort Raum greifen. Die Wahrheit, als solche erkannt, kann in der Kirche nicht das Objekt von Kompromissen sein! Was kann dann helfen, um zu einem einheitlichen Bild zu kommen? Ich fürchte, es wird ein mühsamer Prozess werden müssen, in dem man sich auf dem Terrain des Apostolats vom Heiligen Geist wird inspirieren lassen müssen. Wenn man zum Beispiel am Sakramentenverständnis von Ehe, Beichte und Eucharistie nichts ändern will (bzw. dies nicht kann), dann werden sich im Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen manche Türen nicht öffnen lassen. Und gerade deshalb ist es so notwendig, einen wirklichen „Durchbruch“ im Sinne des Umgangs mit den Betroffenen zu finden. Gleiches gilt für die anderen strittigen Themen, bei denen es am Ende oft nur darum gehen kann, welche Teile katholischer Lehre wesentlich und unveränderlich sind, und welche lediglich Auslegungssache sind. Schon da ist aber ein Hauen und Stechen absehbar, alles – soviel möchte ich allen  Beteiligten zugestehen – in Sorge um die Kirche.

Insofern hat es etwas für sich, wenn eine katholische Synode eben keine bindenden Beschlüsse fassen kann: Das entlastet die Teilnehmer von einem entsprechenden Druck und sie können ihre Vorstellungen frei formulieren. Andererseits ist es ein Beratungsgremium für den Papst und es müsste bedenklich stimmen, wenn die Hirten der Kirche nicht in der Lage wären, für den Papst einen vernünftigen und glaubens- besser wahrheitskonformen Vorschlag zu unterbreiten. Der Papst kann sich über einen Synodenbeschluss hinwegsetzen – man erinnert sich an den Umgang der katholischen Kirche mit künstlicher Verhütung, wo Papst Paul VI. gleiches schon mal durchgezogen hat – aber das ist dann auch eine schallende Ohrfeige für die Teilnehmer, die man sicher vermeiden will.

Es bleibt insofern spannend, die Synode zu beobachten, auch wenn die Berichterstattung noch auf Sparflamme läuft: In der ersten Woche ging es um die Wahrnehmung der Realität von Familien, in der laufenden um die Interpretation, in der kommenden dann erst um Handlungen – da ist dann spätestens Musik drin, wird es doch um Konsequenzen für den Umgang in der Pastoral mit allen möglichen familiären Situationen gehen. Letztlich sprach mich jemand an, ob ich nicht Sorge habe, am Ende den Namen meines Blogs ändern zu müssen. Ich bin da nach wie vor optimistisch, mich treibt eher die Sorge um, welches Bild der Zerstrittenheit „meine“ Kirche gerade in der Welt bietet. Ich habe keine Lösungen dafür, aber ich vermute, es wird viel Gebet brauchen, um die Kirche in Gänze auf den Weg der Liebe zu führen, den Jesus vorgesehen hat.

Zuerst erschienen auf papsttreuerblog.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Carolus

„Letztlich sprach mich jemand an, ob ich nicht Sorge habe, am Ende den Namen meines Blogs ändern zu müssen.“
Diese Sorge hätte ich wohl auch.

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