Familien müssen um Eigenständigkeit bangen

Schon wieder ist das Betreuungsgeld Streitthema bei den Koalitionsverhandlungen. Das von der CSU verlangte Betreuungsgeld für die Erziehung von Kindern bis zu drei Jahren in den Familien wird von der FDP abgelehnt. Sie plädiert für ein Gutschein- Modell.

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Zur Erinnerung: Schon vor 2 Jahren hatte die Festlegung auf ein Betreuungsgeld die alte Koalition fast entzweit. Es geht um eine monatliche Zahlung von 150 Euro, die es ab August 2013 für die Eltern geben soll, die ihre Kinder von ein bis drei Jahren nicht in einer Einrichtung betreuen lassen wollen oder können. Der von Kritikern des Betreuungsgeldes verwendete Begriff "Herdprämie" ist zum Unwort des Jahres 2008 gewählt worden.

Nun wird von einer Partei, die sich als liberal bezeichnet, eine Zahlung in Gutscheinen bevorzugt. Dahinter stehe die Sorge, ob das Geld auch bei den Kindern ankomme. Wer nachliest, welche Aufgabe dem Staat im Liberalismus zukommt, findet u.a., dass sich seine Rolle vorrangig auf den Erhalt von Recht und Freiheit zu beschränken habe. Dem Einzelnen solle durch sein Mehr an Freiheit auch mehr Verantwortung für sich selbst übertragen werden.

Wie aber sollen Eltern Verantwortung übernehmen und frei über ihr eigenes Familienleben entscheiden, wenn Ihnen statt Geldscheinen Gutscheine gegeben werden?

Paul Kirchhof sagte letztes Jahr in einem Interview in der BILD: „Der mündige Bürger hat mehr davon, wenn er vom Staat gute Geldscheine statt Gutscheine bekommt. … Gutscheine mit vorgeschriebener Verwendung sind dagegen ein Zeichen von Unfreiheit.“

Wie kann dann eine liberale Partei, die sich für Freiheit und Toleranz einsetzen will, überhaupt nur einen Gedanken an ein Gutschein-Modell verschwenden?

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Gladstone

Ich bin gegen Krippen und gegen Betreuungsgeld. Ich bin für hohe Steuerfreibeträge für Kinder. Wenn den Bürgern ihr Geld in der Tasche gelassen wird, dann können sie selber entscheiden, ob sie ihre Kinder in die Krippe geben oder zu Hause versorgen - aber bitte finanziert vom eigenen Einkommen- in beiden Fällen.

Gravatar: Frank Martin

Herr Bloch schreibt:
"Die Emanzipation der Frau hat dazu geführt, dass auch Frauen sich heute über selbst erwirtschaftetes Arbeitseinkommen definieren, also folglich muss auch Kindererziehung bezahlt werden, wenn sie geleistet werden soll - ansonsten ist die Emanzipation nicht zuende gedacht."
Es ist niemand gezwungen die Ideen anderer Leute zuendezudenken und dies auch noch zu finanzieren. Zudem wird mit einem Betreuungsgeld nicht Kindererziehung bezahlt, denn eine Abrechnung darüber findet gottlob nicht statt. Wie sollte das auch aussehen, ohne die Eltern restlos zu entmündigen und sie zu staatlich besoldeten Erziehungsfunktionären zu degradieren? Inwieweit Umverteilung dazu beitragen soll, Eltern tatsächlich zu einer Orientierung auf die Zukunft ihrer Kinder zu verleiten, ist bisher nicht erklärt worden. Was wir aber wissen: Bisher sind alle menschenkommandierenden Sozialklempner-Programme grandios gescheitert und es gibt keinen Anlaß zu glauben, daß dies beim nächsten Versuch anders sein würde.

Gravatar: Michael Bloch

Das ganze Gerede, ob das Geld auch wirklich bei den Kindern ankomme, ist schlichtweg Unsinn. Hier einige Fakten:

Ein Kind kostet pro Monat rund 670,- Euro (Quelle: Statistisches Bundesamt). Hiervon wird ein großer Teil für die größere, familientaugliche Wohnung benötigt, ein Mehrpersonenhaushalt braucht mehr Energie, Strom und Wasser sowie mehr Kleidung und mehr Lebensmittel. Sprich: ein Großteil der "Familienförderung" geht für die Lebenshaltung wie Miete, Strom und Lebensmittel drauf und steht daher gar nicht mehr zum "Versaufen" zur Verfügung, um Ex-Finanzminister Steinbrück zu zitieren.
Und in einer Gesellschaft, in der alle von den Kindern als spätere Steuer- und Rentenzahler profitieren, müssen sich auch alle an den Kinderkosten beteiligen. Es ist daher nur gerecht, wenn von den 670 Euro Kinderkosten pro Monat zum Beispiel die Hälfte von der Gemeinschaft über ein entsprechendes Kindergeld getragen würde.
Und was ein "Betreuungsgeld" angeht: Kindererziehung ist Arbeit, harte Arbeit, und eine Mutter, die sich freiwillig für diese Arbeit entscheidet, hat auch den Anspruch, diese entsprechend bezahlt zu bekommen, so wie sie ja auch jede andere Arbeit ganz selbstverständlich bezahlt bekäme.
Die Emanzipation der Frau hat dazu geführt, dass auch Frauen sich heute über selbst erwirtschaftetes Arbeitseinkommen definieren, also folglich muss auch Kindererziehung bezahlt werden, wenn sie geleistet werden soll - ansonsten ist die Emanzipation nicht zuende gedacht.
Und dass mehr Kinder nötig sind, steht außer Frage: wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass das Fehlen der seit 35 Jahren nicht mehr geborenen 12 Mio. (!) Menschen die Hauptursache für den wirtschaftlichen Untergang sind, den wir gerade erleben - wo keine Menschen mehr nachwachsen, können keine Alten mehr versorgt werden usw. das ist ein Teufelskreis, den bisher die wenigsten verstanden haben.
Wachen Sie endlich auf!

Gravatar: Franz

an Ilja Ewert

Selbst wenn das Geld in - sagen wir 10% der Fälle nicht bei den Kinden ankommt, soll man es dann 90% der Kinder vorenthalten?

Allerdings plädiere auch ich für einen gleichen Steuerfreibetrag pro Person im Haushalt.

Gravatar: Ilja Ewert

Wer garantiert, dass das Geld auch bei den Kindern ankommt und nicht anderweitig genutzt wird.

Gravatar: Frank Martin

Weder Geld noch Gutscheine sind ordnungspolitisch vertretbar.

Ihre Eigenständigkeit können sich Familien dann bewahren, wenn für jedes Kind der gleiche Steuerfreibetrag wie für jeden Erwachsenen angerechnet wird, wenn Kinderbetreuung voll benutzerfinanziert wird und diese Kosten zugleich steuerlich abgesetzt werden können. Dann hat auch eine Mutter wieder die Chance, ihre Kinder selbst aufwachsen zu sehen oder sie von Verwandten oder guten Freunden, auch gegen Entgelt, betreuen zu lassen und muss sie nicht mangels preiswerter Alternative in einem Kindergarten abgeben, den sie und ihr Mann über Steuern zu finanzieren gezwungen wird.

Kinder sind keine Investitionsgüter des zwangsumverteilenden Sozialstaats. Sie sind die Zukunft der Familien, denen sie entstammen. Schon bei dem Gedanken, Menschen könnten überlegen, sich Kinder anzuschaffen, um vom Betreuungsgeld zu leben, läuft es mir kalt den Rücken herunter. Solche Anreize zu setzen, lädt zum Mißbrauch von Kindern ein.

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