Fake Policy - Schuld sind immer die anderen

Die Vorfälle in Chemnitz lassen die üblichen Schreibtisch- und Schwatztäter unisono in hysterischer Schnappatmung einen Verfall der Demokratie konstatieren. Der Übeltäter für diesen Prozess ist auch schnell gefunden: der politikverdrossene, gesellschaftlich unengagierte - meist im rechten Spektrum verortete - Bürger. Das lässt die Frage aufkommen: Seit wann ist es unausgesprochenes Gesetz, dass der Bürger den Job der Politiker ehrenamtlich übernehmen soll?

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Deutschland umgreift abermals die Hysterie. Seit dem Siegeszug der AfD wird zunehmend von einer Krise der Demokratie gesprochen. Die Sprachverrohung in den sozialen Netzwerken und auf der Straße sprächen Bände. Genauso wie die Anzahl unzufriedener Bürger, die ihren Unmut über die geführte Politik äußern. So lautet  zumindest der Tenor des politischen Establishments.

Auch der Erste aus dem Schloss Bellevue - per definitionem mit dem „schönen Blick“ ausgestattet -, Frank-Walter Steinmeier, äußerte sich zum Stand der Demokratie. „Es ist gut, dass sich auch diejenigen, die für Demokratie und Zusammenhalt stehen, zeigen“, äußerte er mit „scharfem“ Blick der „Welt“ gegenüber.

Dass hierbei die Neurechten um die AfD nicht gemeint sein können, ist selbstredend. Schließlich sind diese qua ihres Gedankenguts antimuslimisch, antigesellschaftlich und antidemokratisch. Denn nach dieser Logik ist nur derjenige demokratisch, der sich dem links-grünen Establishment beugt und sich für die paar staatlichen Almosen etwa in Form eines erodierenden Rechtsstaates bedankt.

Nicht zu vergessen sei in diesem Zusammenhang auch das gesellschaftspolitische Engagement Freiwilliger etwa in den Suppenküchen. Trotz beachtlicher Hilfe für die Bedürftigen werden somit gleichzeitig staatliche Fehlentwicklungen kaschiert und politische Fehlentscheidungen weiter unterstützt.

Die staatliche Verwaltung von Armut wird somit in die Obhut privater Verwaltung gereicht, weswegen auch der Bundespräsident das Engagement von Ehrenamtlichen dank derer die Demokratie - also das politische Establishment - funktioniere, würdigte. „Die politisch Engagierten, sie sind nicht „die da oben“ oder das sogenannte Establishment“.

Im Umkehrschluss heißt das, dass „die da oben“ oder das sogenannte Establishment nicht politisch engagiert sind. Wenn aber das politische Establishment qua seines Berufsstandes nicht politisch engagiert ist, was ist es dann? Ist es ein Haufen politisch Unengagierter, der ungewollt politische Verantwortung tragen muss und dafür noch bezahlt wird? Wollen die politisch Unengagierten deswegen, dass mehr engagierte Bürger ohne Bezahlung politische Verantwortung tragen sollen?
Doch wie kann man von jemandem, der von seiner eigenen Hände Arbeit nicht leben kann und auf Sozialleistungen des Staates angewiesen ist, verlangen Verantwortung für andere zu übernehmen, sofern er nicht Verantwortung für sich und seine Familie übernehmen kann? Können 50% der Berliner, die Wohngeld beziehen, weil ihre Einkommen nicht ausreichen, Verantwortung für andere tragen?
Aufgrund dieser politischen Missstände sollte es daher nicht verwunderlich sein, dass mehr und mehr Menschen politikverdrossen und gesellschaftlich unengagiert sind. Denn sie sehen: viel Palaver, wenig Substanz. So konstatierte die Bundesfamilienministerin Franziska Giffey nach den Vorfällen in Chemnitz in der „Welt“: „Die Mittel für die Jugendarbeit wurden in Sachsen jahrelang gekürzt, die Folgen davon sehen wir jetzt.“

Und wer trägt die Verantwortung für diese Folgen? Aus politischer Sicht niemand. Adiaphorisierung nannte der Soziologe Zygmunt Bauman dieses Phänomen. Es besagt, dass Menschen die Konsequenzen ihres eigenen Handelns nicht tragen. Deswegen wird die Verantwortung verlagert und deswegen schreit das politische Establishment nach gesellschaftlichem Engagement der Bürger.
Der Vorschlag der Bundesfamilienministerin ein Gesetz zur Förderung der Demokratie einzuführen, wirkt hierbei wie eine hysterische Schnappatmung. „Es ist auch Aufgabe des Staates, die demokratische Bildung junger Menschen auf allen Ebenen zu organisieren“, so diese in der „Welt“. Ist es aber auch nicht Aufgabe des Staates seine Aufgaben ernst zu nehmen und Verantwortung für fehlgeleitete politische Entscheidungen zu übernehmen?

Das zeigt: Die konstatierte Krise der Demokratie manifestiert sich nicht in dem Aufkommen neurechter Bewegungen. Vielmehr manifestiert sich diese Krise der Demokratie in einer Krise des Establishments mit ihrer jahrelang andauernden Transformation des Hohen Hauses zur Schwatzbude. Für deren fehlgeleitet politischen Entscheidungen sollen nun die Bürger ehrenamtlich in Suppenküchen oder Jugendklubs in den sauren Apfel beißen.

Doch wer, wenn nicht das politische Establishment, sitzen an den Hebeln politischer Macht? Und wer, wenn nicht das politische Establishment, verantwortet die Ereignisse in Chemnitz?
Deswegen ist die Krise der Demokratie in Wirklichkeit eine Krise des Establishments. Nicht mehr und nicht weniger.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Karl Napp

@ Old Shatterhand (bitte mit zwei t!)

Vielen Dank für die fleißige Sammlung der zivilisierten, gepflegten, zutiefst demokratischen Bezeichnungen und Worte, deren sich die Protagonisten der Altparteien, die Giganten der Demokratie, die Saubermänner und Gutmenschen schlechthin, hinsichtlich der AfD und ihrer Millionen Wähler bedienen.

Winnetou, Häuptling der Appachen, Santa Fé

PS: Ceterum censeo Merkel esse removendam.

Gravatar: HansWolfgang

Apropos: Das so genannte Establishment: Es hat sich verabschiedet und lebt in Wolkenkuckucksheim. Wie eins Marie Antoinette auf ihren "Bauernhof" in Versailles. Wenn das Volk kein Brot hat, soll es doch Kuchen essen. Die da oben haben sich vom Rest vollkommen gelöst. Die Last wird unten immer unerträglicher. Und die da oben werden immer dreister. Die Demokratie ist in der Tat nicht wegen der wütenden Bürger in der Krise, sondern wirklich wegen des Establishments...

Gravatar: Old Shaterhand

Zitat aus dem Beitrag:
Deutschland umgreift abermals die Hysterie. Seit dem Siegeszug der AfD wird zunehmend von einer Krise der Demokratie gesprochen. Die Sprachverrohung in den sozialen Netzwerken und auf der Straße sprächen Bände. Genauso wie die Anzahl unzufriedener Bürger, die ihren Unmut über die geführte Politik äußern. So lautet zumindest der Tenor des politischen Establishments. Zitat Ende

Wer hat denn mit der Sprachverrohung und Verunglimpfung einer sauber demokratisch gewählten demokratischen Partei angefangen, schon lange bevor die AfD im Bundestag war? Hier ein kleiner Auszug deren sie jetzt mit Fingern auf Andere zeigen aber fröhlich zuvor mit Dreck geworfen haben. Auch wir, das Volk vergessen nichts so schnell.

Jetziger Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Rechtspopulisten, Üble pöbelnde Demagogen, Dumpfbacken, Aalglatt, Schande für Deutschland,
Rattenfänger, Unseriosität ist ihnen auf der Stirn geschrieben, sie appelieren an niedrige Instinkte.

Ehemaliger Bundespräsident Gauck:
AfD = Dödel

Angela Merkel, Kanzlerin:
AfD schürt Vorurteile und spaltet das Land

Ulbig, Kramp Karrenbauer (CDU) Martin Schulz (SPD
AfD sind Rattenfänger

Heiko Maas, Sigmar Gabriel, Y. Fahimi, BP-F.W. Steinmeier, Ralf Jäger (alle SPD)
Rechtsradikales Pack, Offen rassistisch, Geistige Brandstifter, vor Islamismus zu warner ist reiner Populismus, Braune Suppe, Rassisten und Hetzer, Schande für Deutschland, Nazis im Nadelstreifen, AfD ist Nationalistisch, autoritär und frauenfeindlich.

Ralf Stegner,
Rechtsextreme Pegidaidioten, AfD Bande, AfD ist Todesstrafe für demokratische Politiker,

Johannes Kahrs, SPD
Rechtsradikale A-Löscher, Gauland ist ein mieser dreckiger Hetzer. AfD ist Hässlich (12.9.18)

Kretschmann, Özdemir, GRÜNE,
AfD Biedermeier sind Brandstifter, Bodensatz, Mischpoke, Brut,
(Nazijargon „Mischpoke“ abwertend für das polnische Volk)

Spiegel Online
AfD hat die Sprache der NSDAP

Linkes Magazin Music:
Braune Soße, AfD Haufen, konservative Schnösel,

Diverse Parteien und Medien
Europafeindliche, Eurokritische Euro-Hasser, Rechtsgerichtete, am rechten Rand, Rechtslastig, Rechtsextreme Partei, Nazis, Schmierenkasper u.v.a.m.

Lindner FDP (15.8.16)
AfD zerstört Deutschland, sie ist rassistisch, antisemitisch, völkisch, antiliberal und kollektivistisch.

Martin Schulz (Spesenritter und Kanzlerkandidat SPD Mr. 100 % am 25.2.2017)
AfD ist eine Schande für die Bundesrepublik, Gauland gehört auf den Misthaufen der Geschichte (12.9.2018)

Thomas Oppermann SPD am 25.2.17 und 5.9.17 (im Plenum)
Höcke ist für mich ein Nazi, Die AfD ist eine Schande für Deutschland

Pfarrer Dr. Thomas Becker, Lörrach am 22.2.2017 beim Kaneval als Satan verkleidet.
Die AfD ist der Abschaum von Deutschland

Bei ARD Extra 3 gesendet:
Alice Weidel ist eine Nazischlampe
(Ein Gericht hat die Klage von Frau Dr. Weidel wegen Beleidigung abgewiesen.)

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki FDP hatte behauptet ein AFD Mann habe gesagt:
Im Dritten Reich wären noch viel zu wenig Juden umgebracht worden. Eine glatte Verleumdung, welche die AfD mit einer Strafanzeige beantwortet hat. Kubicki und DIE ZEIT müssen wegen Verleumdung zahlen.

Markus Blume (Generalsekretär CSU 12.5.2018)
Brauner Schmutz hat in Bayern nichts verloren

Und die beschweren sich, wenn Sie dann die vielen Bumerangs abbekommen?

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