Europa dreht sich seinen Energiehahn langsam ab

Mit der Verabschiedung der “Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Energieeffizienz und zur Aufhebung der Richtlinien 2004/8/EG und 2006/32/EG” durch das Europäische Parlament ist die europäische Energiepolitik noch einem weiteren Schritt zur Planwirtschaft in der Energieversorgung gegangen.

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Bemerkenswert daran ist nicht nur, dass mit den sog. Energieverpflichtungssystemen den einzelnen Mitgliedsstaaten regelrecht der Energiehahn abgedreht werden soll, da jeder Anbieter von Energie pro Jahr sein Energieabsatzvolumen um 1,5 Prozent reduzieren muss, sondern auch die Einschränkungen für Unternehmen hinsichtlich ihrer Standortentscheidung, Technologiewahl und der Preisbildung an den Märkten. So soll es etwa nicht mehr möglich sein Kraftwerke über 20 MW Nennleistung ohne Wärmerückgewinnung zu bauen, wobei sichergestellt werden muss, dass die Kraftwerke an einem Standort stehen, an dem Abwärme von Wärmebedarfspunkten genutzt wird. Damit dürfte die wirtschaftliche Effizienz der Kraftwerke gegenüber einer verengten primärenergetischen Sichtweise ins Hintertreffen geraten, was letztlich nur in einer Verteuerung des gesamten Energieversorgungssystems münden kann. Ähnliche Effekte dürften die nicht wirtschaftlich begründbaren Vorgaben im Bereich der Verbrauchserfassung nach sich ziehen. Zusammen mit der Regulierung von Übertragungs-/Fernleitung- und Verteilungstarifen zur Unterbindung von Anreizen zur erhöhter Leistungsabnahme ergeben sich damit erhebliche Eingriffe in die gewinnwirtschaftlich ausgerichtete Preisgestaltung der Energieversorger. Die Selbstorganisation der Netzbetreiber und deren Flexibilität im Sinne einer optimalen Auslastung der vorhandenen Netzkapazitäten wird pauschalen Effizienzzielen untergeordnet. Auf der anderen Seite wird der Vorrang für Stromerzeugungsanlagen, die wie die erneuerbaren Energieträger bekanntermaßen gerade nicht zur Entlastung und optimalen Auslastung der Netze beitragen, weiter gestärkt.

Aus ordnungspolitischer Perspektive gibt es keinerlei Rechtfertigung für dermaßen tiefgreifende Eingriffe in das Energieversorgungssystem, da die optimale Umwandlung von Energie im Wirtschaftssystem gerade eine Stärke von auf freier Preisbildung basierenden Märkten ist. Die Knappheit von Primärenergieträgern wiederspiegelt sich zwangsläufig in den Primärenergiepreisen wieder und bewirkt preisinduzierte Kosteneffekte Anreize zur Energieeinsparung. Energieeffizienzauflagen darüber hinaus können nur um den Preis zusätzlicher ökonomisch nicht lohnenswerter Investitionen getätigt werden. Aus klimapolitischer Perspektive ist der Umweg über die Energieverbrauchsreduzierung mit ökonomischen Effizienzverlusten verbunden, da der Energieverbrauch ungeachtet seiner spezifischen Klimagasemissionen restringiert wird. Die Märkte werden daher an ihrer Suche nach der kostengünstigsten Möglichkeit der Treibhausgasvermeidung systematisch gehindert. Zudem neutralisieren sich die Klimaeffekte von Effizienzmaßnahmen unter den Bedingungen der starren Emissionsobergrenze im System des des europäischen Emissionshandels. Durch Energieeinsparungen frei werdende Zertifikate lassen Mehremissionen in anderen Bereichen zu. Auch wenn die Energieeffizienzziele in Zukunft für alle Anbieter gleichermaßen durchgesetzt werden könnten, wird dadurch die Anpassungsflexibilität an den Emissionshandel erheblich eingeschränkt. Energieanbieter mit hohen Vermeidungskosten müssen ungeachtet dessen ihr Energieangebot drosseln, obwohl kostengünstig am Markt verfügbare Emissionsrechte eine Angebotserhöhung möglich gemacht hätten.

Zusammenfassend ist zu bemerken, dass die Energieeffizienzrichtlinie völlig ungeeignet ist mehr echte Effizienz in das europäische Energieversorgungssystem zu bringen. Ihr fundamentales Manko ist die auf den unmittelbaren Primärenergieeinsatz isolierte Betrachtung einzelner Technologien, die indirekte Effekte der Energieverwendung, wie etwa Rebound-Effekte unberücksichtigt lässt, und ökonomische Effizienz als maßgebliches Kriterium des Wirtschaftens unter den Bedingung knapper Ressourcen gänzlich unberücksichtigt lässt. Energieeffizienz ist nur dann sinnvoll, wenn der Wert der Einsparungen groß genug ist, den zusätzlichen technischen Aufwand oder mögliche Nutzenverluste entgangener Energiedienstleistungen zu decken. Ökologische Effizienz gebietet zudem, die negativen Effekte von Schadstoffemissionen direkt zu reduzieren, um nicht die Vielzahl von Kollateralschäden indirekter Regulierung in Kauf nehmen zu müssen.

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Vermutlich haben Atom-U-Boote schon häufig radioaktiven Abfall in die See entsorgt. Das Volk glaubt viel, aber nun ist es zu Ende mit dem Märchen von der sicheren Atomkraft. Das Volk glaubt es nicht mehr.

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