Eurokrise: Politische Glaubwürdigkeit

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Dieses Jahr wird so oder so einmal als das Wendejahr des Euro in die Geschichte eingehen. Vor 2010 galten die, die den Euro für inhärent instabil hielten, als störende Kritikaster. Jetzt am Ende dieses Jahres gibt es kaum einen Artikel, politische Aussage oder Publikation, die keine Sorge um die Zukunft des Euro äußert. Wir befinden uns in einer Situation, die, wenn sie vorausgesagt wurde, in der Vergangenheit als reine Schwarzmalerei abgetan wurde.

Wenn jemand vor der Zeit, die Befürchtung geäußert hat, die Euro-Zone bewege sich langfristig auf eine Transferunion zu, dann wurde das empört zurückgewiesen. Heute wird hörbar in einer wachsenden Zahl von Beiträgen die Transferunion als das einzige Mittel dargestellt, mit der der Euro noch zu retten sei. Es ist wohl nicht zu spekulativ anzunehmen, dass viele, die die Einführung des Euro akzeptiert haben, mit dem Wissen von heute, diese Entscheidung anders beurteilt hätten.

 

Dies sollte einmal Anlass bieten über den gesellschaftlichen Konsens in Deutschland nachzudenken und die Fähigkeit der Selbstkritik der politischen Öffentlichkeit. Die Geschwindigkeit mit der in Deutschland politische Versprechen beerdigt werden ohne darüber ein Wort zu verlieren, unterminiert die Glaubwürdigkeit unseres politischen Systems.

Zur Redlichkeit gehört es auch Fehler einzuräumen und über die Ursachen von Irrtümern zu reflektieren. Einer Fehleinschätzung aufzusitzen ist menschlich und wird sich nie völlig ausschließen lassen. Wenn über 20 Jahren hinweg, das Mantra der Euro werde so stabil sein wie die D-Mark verkündet wurde und schließlich innerhalb eines Jahres sich diese Illusion in Luft auflöst, dann muss sich eine kritische Öffentlichkeit mit der Aufarbeitung dieser Fehleinschätzung auseinandersetzen, da auch nur so realistische Schlussfolgerungen für die Zukunft möglich sind.

Grundsätzliche Schlussfolgerungen sind zum Beispiel die Folgenden: Idealismus für ein politisches Projekt ersetzt keine nüchternde ökonomische Analyse. Begeisterung einer Idee nicht die Auseinandersetzung mit nackten Zahlen. Das Land von Homer und Aristoteles in der Euro-Zone zu haben, war sicher ein schöner Gedanke, eine einfache Betrachtung der ökonomischen Rahmenbedingungen hätte aber nahegelegt, von der Aufnahme Griechenlands Abstand zu nehmen.

Auch der aktuelle EU-Rettungsschirm beruht auf dem Prinzip Hoffnung. Auf die Hoffnung, dass die Zahlungen für die Bürgschaften niemals fällig werden, auf der Hoffnung, dass die Märkte ein Einsehen mit den Wünschen Euro-Staaten haben, der Hoffnung, dass die betroffenen Staaten die Kraft aufbringen werden, gegen den geballten Widerstand auch ihrer Bürger ihren Haushalt zu sanieren. Der Hoffnung, dass, wenn diese Stricke reißen, am Ende die starken Staaten wie Deutschland es schon schultern können. Auf Dauer ist das Prinzip Hoffnung kein tragfähiger Ansatz für eine solide Geld- und Wirtschaftsordnung in Europa

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Die Krise ist ein reinigendes Gewitter für Europa. Es ist ganz vergessen, dass die Krise von der Geldschwemme in USA ausging. Betrug bei Finanzanlagen im US-Immobiienmarkt. Die Geldschwemme hat sogar Staaten leichtsinnig gemacht. Z.B. Deutschland, das meint, einen Zuzug in die Sozialsysteme so einfach finanzieren zu können. Statt eine kriminelle Großfamilie zu finanzieren, bezahlt man besser mehrere forschende Wissenschaftler. So einfach ist das.

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