Eurobonds sind keine Lösung

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Der Staat gibt mehr Geld aus als er einnimmt, deshalb vergibt er Anleihen, also Wertpapiere mit einem festen Zinssatz. Diese werden auf den Kapitalmärkten gehandelt, das heißt das Papier kann gekauft werden und verkauft. Der Wert des Papiers richtet sich nach Angebot und Nachfrage. Wenn die Nachfrage nach bestimmten Anleihen steigt, dann steigt ihr Verkaufswert, wenn die Nachfrage fällt, dann fällt auch ihr Verkaufswert. Die Nachfrage der Anleihe wird sich nach drei Kriterien ausrichten: Der Ausfallwahrscheinlichkeit und der Inflationsrate.

 Wenn zum Beispiel die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass sich ein Staat seinen Zahlungsverpflichtungen entzieht und für den Anleger damit die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass er sein Geld ganz oder teilweise verliert, dann wird er nur für einen wesentlich höheren Zinssatz bereit sein, mit seinem Geld die betreffende Anleihe zu kaufen. Genauso sieht es aus, wenn die Inflationserwartung steigt. Wenn zum Beispiel eine Anleihe mit zwei Prozent verzinst ist und die Inflationsrate steigt auf vier Prozent, dann macht der Anleger real gesehen Verluste. Bei einer Inflationserwartung von vier Prozent, muss also der Zinssatz einer Anleihe auf sechs Prozent steigen, damit der Anleger zwei Prozent erhält.

 Wenn ein Staat solide wirtschaftet, seinen Haushalt im Griff hat, ein stabiles Wirtschaftswachstum aufweist und die Geldpolitik für niedrige Inflationsraten sorgt, dann werden auch die Zinsen für Staatsanleihen gering sein. Wenn ein Staat seine Wirtschaft gegen die Wand fährt, einen Defizitrekord nach dem anderen aufstellt, und die Notenbank immer höhere Inflationsraten in Kauf nimmt, dann wird der Zinssatz bei jeder weiteren Ausgabe von Anleihen steigen und der Wert, der bereits im Umlauf befindlichen Anleihen sinken. Wie sieht es nun in der Eurozone aus: Die Haushalte der EU-Staaten wurden nicht nachhaltig saniert, die EZB betreibt eine Politik des leichten Geldes. In diesem Umfeld muss man schon Zocker sein, um weiterhin in die Staatsanleihen hoch verschuldeter Staaten zu investieren. Mit Spekulation hat das nur am Rande zu tun. Wer sein Geld aus Anleihen abzieht und in Sachgüter investiert, verhält sich im Prinzip völlig rational.

Wenn die Kapitalmärkte normal funktioniert hätten, hätten sich Griechenland, Italien und CO niemals soweit verschulden können. Denn der Zinssatz für Anleihen wäre frühzeitig auf ein Niveau gestiegen, das zu nachhaltigen Sparmaßnahmen erzwungen hätte. Es gibt keine effektivere Schulenbremse als die Risikowahrnehmung der Kapitalmärkte – wenn man sie nicht künstlich außer Kraft setzt. Genau das ist in der Eurozone geschehen. Dadurch, dass die EZB die Staatsanleihen von Staaten wie Griechenland und Portugal als Sicherheiten akzeptiert hat, wirkte das wie eine Versicherung und die Risikoprämie wurde damit künstlich gesenkt. Ohne diese Praxis hätten sich die betroffenen Staaten nicht in dieser Dimension verschulden können, sondern der Zinssatz wäre auf einem Niveau geblieben, das eine Verschuldung erschwert hätte.

Die Eurozone kann stabilisiert werden, wenn diese Sichermechanismen auf den Kapitalmärkten wieder in Kraft treten. Das heißt,  die Zinsen steigen und erzwingen den notwendigen Sparkurs oder eine weitreichende Umschuldung, die aber ebenfalls von den Staaten für viele Jahre lang eine sparsame Haushaltspolitik erfordert. Steigende Zinsen sind also kein Übel, sondern Teil der notwendigen, aber bitteren Medizin. Alles steigt und fällt mit dem Willen der Politik zu sparen. Wenn dieser Wille deutlich wird, dann werden auch die Zinsen wieder Sinken, wenn dieser Wille fehlt, kann kein Rettungsschirm der Welt verhindern, dass die Bonität der europäischen Staatsanleihen immer weiter sinkt und die Zinsen bis in den zweistelligen Bereich hinein steigen.

Zeit ist Geld, dieses Sprichwort bewahrheitet sich auch in der Eurokrise. Die Politik ist seit dem Frühjahr 2010 dabei Zeit zu kaufen, zu erst durch Rettungsschirme, jetzt mit dem Ziel eines dauerhaften Rettungsfonds und möglicher Weise Eurobonds. Mit all diesen Maßnahmen, kann man die notwendige harte Konsolidierung hinausschieben, aber am Ende wird die Rechnung präsentiert. Mit Eurobonds kann das Problem noch eine ganze Weile in die Zukunft verlagert werden, aber der Preise wäre sehr viel höher. Mit dem Wegfall des Drucks der Finanzmärkte würde auch der Druck zur Haushaltssanierung abnehmen und die Verbindlichkeiten der Schuldenstaaten im Euroraum würden weiter wachsen. Die Zinslast würde auch für die Bundesrepublik steigen, was in einer Rezession, die unabweisbar zu einer Haushaltskrisen großen Ausmaßes auch hier zu Lande führen würde, auch Deutschland früher oder später ins Gerede brächte.

Jeder Versuch, dies durch politische Auflagen zu verhindern, muss – bedenkt man die Erfahrung mit den Maastrichtkriterien  - zum Scheitern verurteilt sein. Kein politischer Mechanismus kann eine ebenso effektive Kontrolle ausüben wie die Kapitalmärkte über den Zins. Daher gilt: Wenn der politische Mechanismus nicht so effektiv ist wie der der Kapitalmärkte, dann ist die Einführung von Eurobonds schädlich. Wäre er genauso effektiv, dann wären Eurobonds unnötig, weil dann die Staaten sich in gleicher Größenordnung sanieren müssten. So oder so: Das Kernproblem Europas ist nicht die Spekulation, die schlechte Stimmung, der mangelnde Begeisterung für Europa, negative Berichterstattung, das Kernproblem ist die Verschuldungspolitik der Staaten und die Kernaufgabe ist die Sanierung der nationalen Haushalte. In dieser Lage ist Konsolidierungspolitik die beste Europapolitik.

 

 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Yarx

Da wiederspricht man sich selbst:
Griechische Staatsanleihen in Euro sind eben nicht im Wert gefallen, weil es keine eigene Inflation in Griechenland mehr gibt seit Einführung des Euro. Das hat nix mit der EZB zu tun.
Bitte nochmal genau nachdenken!

Gravatar: Bassermann

Gerard, es ist jedesmal eine Wohltat deine trefflichen Texte zu lesen! Schade das Politik heute nichts mit Vernunft, Analyse und Abwägung zu tun hat.

Gravatar: Klimax

Alles richtig. Nur will das keiner hören. Und wenn sogar Frau Merkel zögert, dann stellt sich vorauseilend die CDU quer (wie heute zu hören war), um Eurobonds zu erzwingen. Die wollen noch ein wenig weitermachen, jeder ist sich eben selbst der Nächste.
Also: Eurobonds werden kommen, da lege ich mich fest.

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