Es war einmal, als der FDP-Parteichef erklärte: Das EEG muss weg!

Wenn man in alten Aktenordnern kramt, um sie endlich vom veralteten Ballast zu befreien, kann es passieren, „dass es einen reißt“, wie man in Bayern sagt.

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In politisch grauer Vorzeit – es war der 26. Juni 2014 – publizierte der bereits damals als FDP- Parteichef tätige Christian Lindner u.a. in der Zeitung „Der Tagesspiegel“ einen Gastbeitrag mit dem Titel „Von wegen Reform – das EEG muss weg“.
Sie können noch heute diesen Artikel im Internet lesen; die Web-Adresse finden Sie am Schluss dieses Beitrags. (Anmerkung der Redaktion: Oder hier als link auf die Webseite von Lindner unterlegt.)
Wenn man es liest, stellt man ziemlich perplex fest, dass nahezu alles, was Lindner damals an Kritik äußerte, noch heute gilt – bis auf den Umstand, dass es inzwischen nur noch schlimmer geworden ist.

Unter der o.e. Überschrift steht eine Zusammenfassung (vermutlich von der Redaktion), die den Wortlaut hat: „FDP-Chef Christian Lindner fordert ein Ende der EEG-Reform. Statt auf bezahlbare Preise und Versorgungssicherheit zu achten, fokussiert sich Deutschland geradezu religiös überhöht auf den Klimaschutz.“
Und unter seinem Foto steht die Bildunterschrift „Der Bundesvorsitzende der FDP Christian Lindner hält die Energiewende für gescheitert.“

Der Text des Artikels:

“Das Jahrhundertprojekt Energiewende ist gescheitert. Keines der vereinbarten Ziele wird gegenwärtig erreicht. Der Klimaschutz kommt nicht voran, die Energiepreise steigen, belasten uns als Stromverbraucher genau so wie Industrie und Mittelstand. Nicht zuletzt wird es in den Wintermonaten immer schwieriger, eine sichere Stromversorgung zu garantieren.

Das Planungsbüro der DDR hätte die Energiewende nicht schlechter konzipieren können. Deutschland hat mit Italien die höchsten Industriestrompreise in der EU (Anm.G.K.: Heute sind wir aber bei den Strompreisen die unbestrittene Nr.1) – Arbeitsplätze und Investitionen werden ins Ausland verlagert. Konventionelle Kraftwerke können nicht mehr rentabel betrieben werden, Stromanbieter ziehen sich vom Markt zurück, Kohle- und Gaskraftwerke sollen dann staatliche Zuschüsse erhalten. Statt auf Wirksamkeit, bezahlbare Preise und Versorgungssicherheit zu achten, orientiert sich Deutschland einseitig und geradezu religiös auf den Klimaschutz.

Die Preise werden weiter steigen – ein Ende ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hält mit seiner EEG-Reform am bisherigen Irrweg einer staatlichen Energie-Planwirtschaft fest. Erneuerbare Energien sollen auch in Zukunft subventioniert werden, obwohl Wind- und Solarstrom heute oftmals kostenlos an das Ausland abgegeben wird.
(Weitere Anm.: Inzwischen bezahlt Deutschland die Nachbarländer, wenn sie diese nicht benötigten Leistungsspitzen annehmen ).

Die Reform ist außer Kontrolle geraten.
Der SPD-Vorsitzende will sogar die Unternehmen finanziell belasten , die ihren Stromverbrauch aus eigenen Kraftwerken decken. Wenn Union und SPD das im Deutschen Bundestag tatsächlich so beschließen, wäre das für Deutschland eine industriepolitische Katastrophe. Ob bei der Stahlerzeugung oder der chemischen Industrie – in vielen Branchen würde die Deindustrialisierung weiter voranschreiten, weil es sich dann endültig nicht mehr lohnt, am Standort Deutschland in Anlagen und Arbeitsplätze zu investieren.
Nicht zuletzt: Nach dem Strompreis ist jetzt auch die Reform außer Kontrolle geraten. Das Beratungsverfahren im Bundestag ist völlig chaotisch. Statt Gabriel, der sich als roter Ludwig Erhard inszenieren wollte, gibt nun sein grüner Staatssekretär die Richtung vor: 24 Milliarden Euro Umverteilung im Jahr (Anm.: Jetzt sind es 26 Mrd.) und 250 Euro Preisaufschlag für eine dreiköpfige Familie – das müsste eine vernunftgeleitete Bundesregierung veranlassen, die Reform zu stoppen und das EEG ganz aus dem Verkehr zu ziehen.

Kein Sonderweg für Deutschland

Die Energiewende muss grundlegend neu konzipiert werden.

Erstens: Die Energiewende muss endlich zu einem europäischen Projekt werden. Bücher kann man in Polen bestellen – warum nicht auch Strom ? Im europäischen Durchschnitt ist der Haushaltsstrompreis circa zwei Drittel niedriger als in Deutschland – davon sollen auch die deutschen Bürger profitieren können. Voraussetzung ist ein europäisches Stromnetz – das muss an die Spitze der Agenda der neuen EU-Kommission.

Zweitens: Erneuerbare Energien sollen keine Subventionen mehr erhalten. Das Einspeiseprivileg gehört abgeschafft. Wer sich Solarmodule aufs Dach schraubt oder Windparks betreiben möchte, soll den Strom selbst nutzen, ihn speichern oder an einen Zwischenhändler verkaufen – wenn sich das aber nicht lohnt, soll der Staat diesem Geschäftsmodell aber nicht weiter das Geld der Bürger hinterherwerfen. Vor allem dürfen Importe von günstigem Ökostrom nicht länger diskriminiert werden.
Drittens: Eine Neukonzeption muss nicht übers Knie gebrochen werden – Europa sollte sich Zeit nehmen, die Klimaschutzziele bis zum Jahr 2050 schrittweise angehen und den europäischen CO2-Zertifikatehandel optimieren. Denn aktuell bremst die einseitige finanzielle Förderung von Solar- Wind- und Biogasanlagen sogar Innovationen in neue Technologien, Speicher oder Energiesparmodelle aus. Das bestätigen auch zahlreiche Forscher und Institute, wie jüngst die vom Bundestag eingesetzte Expertenkommission Forschung und Innovation oder sogar der Weltklimarat IPCC.

Deutschland muss jetzt als erstes seinen Sonderweg verlassen. Das EEG funktioniert nicht mehr – es ist Zeit, ihm den Strom abzudrehen. Dies steht einer verantwortungsvollen Energie- und Umweltpolitik in keiner Weise im Wege, weil es Alternativen gibt, wie man Klimaschutz effizienter und effektiver erreichen kann.

Christian Lindner, MdL, Bundesvorsitzender der FDP.“

Ende des Artikels.

Nachwort:
Die heutige Situation ist in der Tat schlimmer, als es Herr Lindner beschrieb, weil er sich das offenbar auch nicht vorstellen konnte.
Es ist schon beeindruckend, wie weit die FDP bereits vor 7 ½ Jahren war. An einer zutreffenden Analyse und Bewertung dieser Regierungspolitik hat es bereits damals wahrlich nicht gefehlt.
Wie wäre es, wenn die FDP diesen damaligen Bewertungen und Forderungen ihres Chefs auch im Jahr 2021 konsequent gefolgt wäre ?

Die Quelle: https://www.tagesspiegel.de/meinung/gastbeitrag-von-fdp-chef-lindner-von-wegen-reform-das-eeg-muss-weg/10105230.html/

…und diesen Artikel gibt es tatsächlich noch heute zu lesen. Dass das Web nichts vergisst, ist eigentlich sehr gut. Es frischt das Gedächtnis auf.
G.K.

Über den Autor:

Dr. Ing. Günter Keil ist ehemaliger Regierungsdirektor im Bundesforschungsminsiterium

Für die Inhalte der Blogs und Kolumnen sind die jeweiligen Blogger verantwortlich. Die Beiträge der Blogger und Gastautoren geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: asisi1

Was die Sprecher der Riegierungsparteien heute so von sich gegeben haben, kann man sich nicht mehr anhören. Soviel Dummheit und soviel Lügen können selbst Hilfsschüler nicht mehr glauben.
Für Deutschland gibt es nur noch eine Richtung und zwar mit Worp Speed ins Chaos!

Gravatar: Aufbruch

Christian Lindner, welch ein Wendehals. Gleiches gilt für seine gesamte Partei. Es hat schon viele verlogene Wahlkämpfe gegeben. Das kennt man. Aber was Lindner und die FDP sich geleistet haben, setzt allem die Krone auf. Es ist unverkennbar, dass Lindner in den Mühlen der Bilderberger, Atlantikbrücke und Co. eine Gehirnwäsche durchlaufen hat. Und die Partei folgt ihm gehorsamst. Die Lügen und Täuschereien, die man den Wählern aufgetischt hat, werden die Partei zerreißen. Die Enttäuschungen über Lindner sind seine Partei sind allenthalben vernehmbar.

Dass man vor den Wahlen auch andere, wohlgesonnene Experten, instrumentalisiert hat, zeigt die Abgründigkeit dieser Partei und ihres Vorsitzenden. Wolfgang Reitzle hat anlässlich eines Parteitags eine fulminante Rede gehalten. "Wo sind wir überhaupt noch führend? Ganz sicher bei Steuern, Umverteilung und vor allem natürlich beim Strompreis. Und genau dafür haben einige Parteien ja Pläne, diese Führungsposition noch auszubauen." Nur nicht die FDP, sollte das doch heißen. So sollte es beim Wähler wohl rüberkommen. Aber was ist passiert? Die FDP hat sich diesen "anderen Parteien" angedient und macht genau das mit, was Reitzle geißelte. Das ist Wählerbetrug in reinster Form. Reitzle wurde regelrecht missbraucht. Die FDP, die sogar gegen die EU klagen will, weil diese Atomstrom als "grünen" Strom anerkennen will, begräbt sich selbst. Und das ist gut so.

Gravatar: Fritz der Witz

ES WAR EINMAL....

So beginnt bekanntlich jedes Märchen.

Heute aber geht es NUR NOCH um Status und das große Fressen an den steuerfinanzierten Fleischtöpfen. Ekelhaft, diese ranzig riechende, durch und durch korrupte und bürgerfeindliche Politkloake.

Viele Grüße an den Schlapphutverein.

Gravatar: Werner Hill

Damals waren auch die Globalisten noch nicht so mächtig, die FDP durfte noch selber denken und ich habe sie noch gewählt.

7 Jahre danach sind wir soweit, daß Selberdenken bestraft wird (siehe Umgang mit der AfD!).

Welch ein Fortschritt!

Gravatar: Hajo

Und dieser Widerspruch zu heute ist das Bemühen der Strippenzieher hinter der Politik, diese auf ihre Linie zu bringen, koste es was es wolle, denn Geld haben sie genügend, was sie vorher den Massen geraubt haben und nun zum Enspurt ansetzen wollen und man kann jedem nur raten, sich dagegen entschieden zu wehren, denn mit diesen Typen ist schon längst nicht mehr zu spassen, die meinen ihre Aussagen ernst und wer ohne Eigentum glücklich leben will, der muß sie nur weitermachen lassen.

Bei den Landtagswahlen könnte man anfangen und seinen Irrtum korrigieren, weil sie sonst die Oberhand gewinnen und dann wird die Reue später groß sein, das man derzeit noch verändern könnte, denn Wahlen sind auch nicht mehr selbstverständlich und dann haben wir das,was sich derzeit noch niemand vorstellen kann.

Wer bei uns noch an eine eigenständige Politikerriege glaubt, hat die Zeichen der Zeit leider nicht erkannt und wie oft muß man es noch wiederholen, daß wir umzingelt sind von Demagogen, die nur ihre eigene Haut retten wollen zu Lasten der Masse, was für die meisten dann sehr übel enden wird.

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