Erwin Pröll, das politische Genie

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Zweitklassige Führungspersönlichkeiten scharen nach einer alten Erfahrungsweisheit drittklassige Menschen um sich. Wie ist dann ein Politiker zu beurteilen, der primär letztklassige Menschen anzieht? Wie etwa ein Erwin Pröll.

Er gilt als politisches Urvieh mit brutalen Durchsetzungsmethoden, wenn auch nicht als sonderlicher Intellektueller. Aber die wichtigsten Qualitäten einer Führungspersönlichkeit sieht man erst daran, mit welchen Menschen sie sich umgibt. Wenn man den niederösterreichischen Machthaber an Hand jener Menschen beurteilt, die er in der Politik gefördert hat, da kommt einem bald das Wort Desaster in den Mund.

Niemand anderer als Pröll hat etwa einen Ernst Strasser nach oben befördert. Von niederösterreichischen Parteifunktionen bis ins Innenministerium und dann an die Spitze der ÖVP-Liste für das EU-Parlament (bei letzterem Avancement hat Neffe Josef ebenfalls eine Hauptrolle gespielt).

Besonders beschämend ist dabei für beide Prölls: Sie haben die offen deponierten Bedingungen Strassers vor seiner EU-Kandidatur akzeptiert. Strasser hat darauf bestanden, dass er auch als EU-Abgeordneter weiter als Lobbyist Geld verdienen könne. Das aber sind zwei absolut unvereinbare Tätigkeiten. Um das zu erkennen, braucht es nicht erst der Recherchen britischer Journalisten mit versteckter Kamera und verstecktem Mikrophon. Alles Weitere zu Strasser findet sich in der Gerichtssaalberichterstattung.

Jene Bedingung Strassers hätte von den Prölls mit einem absoluten Veto verboten werden müssen – selbst wenn es nachvollziehbar ist, dass Josef Pröll in Othmar Karas als völlig unberechenbarem Geschoß keine brauchbare Alternative gesehen hat.

Jedenfalls ist die Affäre Strasser – selbst wenn der Mann letztlich doch noch freigesprochen werden sollte – und die Pröll-Rolle darin meilenweit von jedem Anstand, jedem Gehört-sich, jedem Charakter entfernt.

Mindestens ebenso bedenklich ist Erwin Prölls Rolle auch bei der Karriere der Monika Lindner. Denn auch diese ist einzig und allein ihm zu verdanken. Ohne Pröll wäre Lindner vor allem nie und nimmer ORF-Generaldirektorin geworden.

ÖVP und FPÖ wollten damals eigentlich andere Kandidaten für die ORF-Spitze. Aber Pröll hat auf Lindner bestanden, was die schwarz-blaue Koalition zum Nachgeben gezwungen hat, da Pröll ja über mindestens zwei Stimmen im Stiftungsrat bestimmt. Daher ist es eine wirkliche Chuzpe, wenn Lindner nun in einem Buch Wolfgang Schüssel die Schuld daran zuschiebt, dass sie nicht wiederbestellt worden ist. Das war vielmehr ganz eindeutig auf die Dummheit Lindners selbst zurückzuführen.

Sie selbst hat als ORF-Chefin keine Chance ausgelassen, das blau-orange Lager zu provozieren. Sie hat sich in ihrer Naivität ganz auf die SPÖ verlassen. Worauf dieses dritte Lager sich dann eben rächte und am ORF-Wahltag mit der Linken packelte. Zweites (oranges) Motiv für diese Packelei war, dass die ÖVP sich geweigert hat, Peter Westenthaler ein paar Monate vor der Wahl 2006 noch schnell zum Vizekanzler von Schwarz-Orange zu machen.

Das dritte Lager büßt heute selbst ähnlich wie Lindner mit dem Ende ihrer ORF-Karriere schwer dafür, dass es sich beim ORF mit der SPÖ eingelassen hat. Aber Lindner begreift zum Unterschied von der FPÖ offenbar bis heute nicht, wie dumm es von ihr war, sich auf die falschen Treueschwüre ihres Mitarbeiters Alexander Wrabetz einzulassen. Sie glaubt sogar bis heute, dass sie gewonnen hätte, wenn sie TV-Chefredakteur Werner Mück geopfert hätte. Der hatte wenigstens noch ein bisschen der massiv linkslastigen Redaktion entgegenzuhalten versucht. Worauf er logischerweise von den Linken (angeführt von den Herren Wolf, Huemer und Konsorten) mehr attackiert worden ist als das unpolitische Leichtgewicht Lindner.

Die Dame ist schlicht unbetamt und naiv. Wer das bezweifelt hat, ist spätestens bei ihrem späteren Scheitern in der Plakat-Branche oder jetzt bei der Groteske rund um ihre Nationalrats-Kandidatur erwacht.

In diese Reihe der besonders peinlichen Pröll-Kreationen gehört auch Innenministerin Johanna Mikl-Leitner. Seit ihrem Ruf „Zaster her!“ kann es daran wohl wenig Zweifel geben. Jedoch: Während die anderen beiden genannten Pröll-Fehlgriffe inzwischen abgestürzt sind, sitzt Mikl fest im Sattel. Sie darf offenbar zur Belohnung für treue Pröll-Dienste nun auch gleich das ganze Kapitel Justiz im Namen der ÖVP verhandeln.

Mit anderen Worten: Mikl ist die dritte schwere Culpa in eligendo auf dem Konto des niederösterreichischen Machthabers. Erwin Prölls Menschenkenntnis reicht nur zur Einteilung in Freunde und Feinde. Da drängen gerade die peinlichsten Figuren danach, zu seinen Freunden zu zählen, um das nutzen zu können.

Unglaubliche Brutalität prägt auch Prölls Verhalten in Sachfragen. Da sei an seinen – die Steuerzahler letztlich Unsummen kostenden – Kampf gegen einen Semmering-Tunnel erinnert. Dem hat er erst zugestimmt, als das Projekt sinnlos verteuert worden war.

Pröllsche Brutalität sah man auch, als ein Oberstgericht einen für die Hypo-NÖ negativen Bescheid der Finanzmarktaufsicht aufgehoben hat. Da hat Pröll sofort lauthals die Köpfung des FMA-Vorstandes verlangt. Als ob es nicht täglich hunderte Male passiert, dass eine höhere Instanz einen Verwaltungsbescheid aufhebt. Auch mit solchen der niederösterreichischen Landesregierung ist das schon oft genug passiert. Ohne dass es da einen Rücktritt an deren Spitze gegeben hätte.

Prölls Verhalten zeugt von einem sehr gebrochenen Verhältnis zum Rechtsstaat. Irgendwie hat er halt nicht mitbekommen, dass die Feudalzeit vorbei ist. Er nimmt vielmehr das Wort „Landesfürst“ ganz wörtlich.

Weiterlesen auf: andreas-unterberger.at

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