Er ist ja schon ein harter Brocken

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Das Interview, das Papst Franziskus den Zeitungen seines Ordens gegeben hat, ist ja durchaus in vieler Munde. Irgendwie glaubt jeder, er könne dies oder das hinein oder herauslesen. Manch einer meint gar, der Papst richte großen Schaden damit an.

Mal ganz ehrlich, welcher Papst hat nach irgendeines Deppen Meinung nicht großen Schaden mit irgendeiner Veröffentlichung angerichtet? Die Kirche gibt es immer noch, die Lehre der Kirche steht auch noch. Alles noch katholisch … naja, bis auf die Ketzer. Aber ist das was neues?

Gestolpert bin ich heute über diesen Teil:

Um die Wahrheit zu sagen: In meiner Erfahrung als Oberer in der Gesellschaft habe ich mich nicht immer so korrekt verhalten, dass ich die notwendigen Konsultationen durchführte. Und das war keineswegs gut. Mein Führungsstil als Jesuit hatte anfangs viele Mängel. [...] Dessen ungeachtet sind die Menschen des Autoritarismus überdrüssig. Meine autoritäre und schnelle Art, Entscheidungen zu treffen, hat mir ernste Probleme und die Beschuldigung eingebracht, ultrakonservativ zu sein. [Quelle.]

Der Papst schaut hier sehr selbstkritisch auf die Entwicklung seines Führungsstils. Als junger Mann war er offensichtlich ein Heißsporn. Früh in die Verantwortung gekommen, weil eine ganze Generation ausgefallen war. Sein Temperament hat ihn zur Autorität verleitet und wohl harte Kante zeigen lassen, wie er selber sagt. Fast klingt es durch, als sei der junge P. Bergoglio beratungsresistent gewesen. Das ist sehr ehrlich. Es ringt einem Bewunderung ab, wenn Papst Franziskus so selbstkritisch auf seine Entwicklung schauen kann. Er schont sich nicht.

Doch er bleibt nicht dabei stehen. Vielmehr erklärt er, wie er den Weg gefunden hat, den ihm die Tradition seines Ordens weist. Konsultationen nennt sich das. Der Konsult ist in der Regel der Jesuiten ein Gremium, das den Oberen berät. Dies zu nutzen in wirklich offenen Gesprächen, den Ratgebern zuzuhören, bezeichnet der Papst als große Hilfe. Und in der Tat ist sie das. Sie entspricht der geistlichen Tradition der Kirche, die zwar eine Top-down – Führung hat. Der Obere entscheidet, die ihm unterstellten üben den Gehorsam. Aber dies ist ein geistlicher Gehorsam, kein Kadavergehorsam. Denn der Obere hat allein Christus zu gehorchen. Die Stimme des Herrn aber hört der Obere im Gebet und im Rat (hier: Konsult). Alle Ordensregeln kennen dies in irgendeiner Form. Und auch die Gemeinde hatte nie einfach nur die Struktur: Der Bischof befiehlt – alle gehorchen.

Warum stellt der Papst das so in den Vordergrund? Wir haben doch nun wirklich Sitzungskatholizsimus zum Überdruß. Gerade weil das so ist, beschreibt Franziskus:

Ich wünsche mir wirkliche, keine formellen Konsultationen.

[Quelle.]

Offene Gespräche, freie Gespräche, die dem Geist Raum geben. Es ist ein geistlicher Prozeß und eben keine formelle Sitzung. Es hat was mit Gebet und aufeinander hören zu tun. Es geht nicht darum die Kirche oder den Glauben neu zu erfinden. Es geht darum, zu hören, wie heute das Evangelium verkündet werden muß, damit es die Menschen erreicht.

Es hat aber auch etwas damit zu tun, daß auf dem Weg nicht irgendjemand das Damoklesschwert einer “Kultur der Folgenlosigkeit” über dem Gespräch aufhängt. Eine solche ständige und erpresserische Bedrohung des sog. “Dialogs”, den DBK, ZdK, Verbände und andere in steter freundlicher Feindseligkeit miteinander führen, kommt für den Papst nicht in Frage. Das ist der Unterschied. Es zeigt, wie wenig geistliche Klarheit einige Teilnehmer des “Dialoges” an den Tag legen.

Am Ende eines Konsults, eines Beratungsprozesses oder Gespräches steht der Obere in der Verantwortung zu entscheiden. Es ist seine geistliche Pflicht dies zu tun, es im Sinne des Evangeliums zu tun. So wie es umgekehrt die Pflicht der untergeordneten ist, in eben diesem Sinne, nämlich des Evangeliums, zu gehorchen. Da ist nichts rumgeeiertes, nichts weichgespültes, das ist geistlich klare Kante, die der Papst hier zeigt. Er zeigt sie in der geistlichen Tradition seines Ordens. Man könnte es bei Benediktinern oder Franziskanern oder Dominikanern u.a. in gleicher Weise auf den Wegen der jeweiligen Spiritualitäten ebenso zeigen.

Und er zeigt einmal wieder, wie Klarheit und Barmherzigkeit (auch sich selbst gegenüber) einander nicht entgegen stehen, sondern sogar einander bedingen. Er schont sich nicht, er beschönigt nichts,  er zeigt den Weg, den er gegangen ist auf, damit man daran lerne.

Beitrag erschien zuerst auf: blog.peter-winnemoeller.de

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