Elektronen auf frischer Tat beim Tunneln ertappt

Was sich wie ein Delikt anhört, nämlich das »Tunneln« ist ein ganz normaler quantenphysikalischer Vorgang. Erstmals ist es nun gelungen Elektronen live zu beobachten, wie sie die Atome verließen, von denen sie gefangen gehalten wurden (Heraustunneln).

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Der Tunneleffekt erklärt unter anderem, wie es zur Kernfusion in der Sonne kommt oder auch die Funktionsweise des Raster-Tunnelmikroskops, mit dem man bis zu 100-Millionenfach vergrößern kann. Der Fernsehprofessor der Physik, Harald Lesch, demonstriert in der Bildungssendung Alpha Centauri eindrucksvoll, was es mit diesem Phänomen »Tunneleffekt« auf sich hat. Zu Beginn schwebt er durch die Tafelwand der Fernsehkulisse, so wie ein Geist, den keine Barriere von einem Spuk abhalten kann. Gleich darauf nimmt er wieder eine feste Gestalt an und erklärt, dass der Zuschauer seine Vorführung mit Vorsicht genießen soll. Mit dieser Warnung hat er wohl recht. Denn wenn ein Zuschauer es ihm gleich tun wollte, würde er nur Beulen und blaue Flecke davontragen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen durch Wände gehen können, ist verschwindend gering. Nur mikroskopischen Quantenobjekten wie Elektronen oder Protonen gelingt dieses Kunststück mit deutlich höherer Wahrscheinlichkeit.

Man kann den Effekt am Beispiel einer Kugel erklären, die ein Mensch mit Schwung einen Hügel hochrollen lässt. Wenn die Energie, welche der Kugel mitgegeben wird, nicht genügt, rollt die Kugel immer wieder zurück, anstatt die Kuppe zu überwinden und ins nächste Tal zu gelangen. In der Quantenphysik besteht dagegen für Quantenobjekte die Möglichkeit den Potentialwall, wie der Hügel genannt wird, zu durchtunneln. In einem Augenblick befindet sich das Quantenobjekt noch vor dem Potentialwall und im nächsten Augenblick schon dahinter im nächsten Tal. Es ist ein sprunghafter Übergang ohne Zwischenzustände.

Heraustunneln von Elektronen aus Atomen

Noch niemand konnte bisher das Quanten-Tunneln in Echtzeit beobachten. Dieses Kunststück ist nun Physikern des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik gelungen. Sie haben das Heraustunneln von Elektronen aus einem Atom erstmals in live verfolgt. Die elektrischen Kräfte innerhalb eines Atoms halten normalerweise jene Elektronen fest, die sich in seinem Inneren aufhalten. Die Kräfte bilden den Potentialwall, den es zu überwinden gilt, wenn sich ein Elektron aus dem Atom herauslösen soll.

Der Trick der Max-Planck-Physiker bestand darin, mit Hilfe von Attosekunden-Laserblitzen die Elektronen näher an den Rand ihres Atomgefängnisses zu bringen. Eine Attosekunde ist milliardster Teil einer milliardstel Sekunde und damit unvorstellbar kurz. Der Laserblitz vergrößert die Wahrscheinlichkeit, dass die Elektronen aus ihrem Atomgefängnis entkommen können. Und tatsächlich, nach einem zweiten Laserblitz, der die Breite des Potentialwalls ein wenig verringerte, nutzen die Elektronen die Gelegenheit, um herauszutunneln.

Atome, denen ein Elektron fehlt, sind positiv geladen. Als die Physiker im Anschluss an das Experiment die positiv geladenen Atome zählten, waren sie nicht schlecht überrascht, dass zahlreiche Elektronen entkommen waren. Noch interessanter ist aber die Feststellung, dass der Zeitbedarf für das Heraustunneln praktisch kaum messbar ist, sodass die Physiker annehmen, der Tunnelprozess benötige überhaupt keine Zeit. Die Erkenntnisse sollen helfen, bessere Röntgenlaser für die medizinische Therapie zu entwickeln.

Tunneleffekt und Hirnforschung

In der Hirnforschung kann das quantenmechanische Tunneln möglicherweise eine Erklärung für die Geschwindigkeit von bewussten Denkprozessen liefern. Die einzelnen Neuronen des Gehirns werden durch Schnittstellen verbunden, die Synapsen heißen. Diese besitzen einen winzigen Spalt, der überwunden werden muss, wenn ein Signal von Neuron zu Neuron übertragen werden soll. Die herkömmliche Theorie besagt nun, dass zur Übertragung von Signalen an den Synapsen, das ursprünglich elektrische Signal in ein chemisches umgewandelt werden muss. Die Theorie kann aber nicht die Geschwindigkeit von bewussten Denkprozessen erklären. Wie jeder weiß, der schon mal einen Akku am Stromnetz geladen hat, benötigt die Umwandlung von elektrischer Energie in chemische erhebliche Zeit. Würde die herkömmliche Theorie stimmen, müsste Denken schneckengleich langsam sein. Weil das der Erfahrung widerspricht, nehmen einige Hirnforscher an, dass der extrem schnelle quantenmechanische Tunneleffekt zur Überwindung des synaptischen Spalts eine Rolle spielt. Sollte man das experimentell bestätigen können, hätte man gleichzeitig eine Verbindung von Bewusstsein zur Welt der Quanten mit all ihren seltsamen Phänomenen gefunden.

Der Autor des Beitrags ist Verfasser des Buchs »Unsterbliches Bewusstsein, Raumzeit-Phänomene, Beweise und Visionen« in dem aufgrund quantenphysikalischer Phänomene die Existenz von Bewusstsein auch außerhalb des Gehirns nachgewiesen wird.

 

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