Einstiegsdroge Pink

Ein Fahrradhelm von Lillifee, eine pinke Trinkflasche oder gar eine Barbie-Puppe – was Sie als Eltern unbedingt über mädchengefährdende Produkte wissen sollten.

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Besten Dank an das feministische Marktüberwachungsorgan „Emma“, jetzt wissen wir es endlich schwarz auf weiß: Pink macht Mädchen dümmer. Ich schäme mich gerade schon ganz doll, weil unsere jüngste Tochter zum vierten Geburtstag ein neues Lieblingskuscheltier bekommen hat: ein Plüscheinhorn mit pinkem Sattel und Glitzermähne. Hätte ich doch vorher gewusst, dass die Kleine dadurch verblödet, nun haben wir den Schund im Haus und ich weiß: Sie ist nicht mehr zu retten.

Der Einstieg in ein vermasseltes Frauenleben hat seinen Lauf genommen. Sie wird womöglich später am Herd stehen, heiraten und vielleicht genauso reaktionäre Dinge tun wie ihre Mutter und viele Kinder kriegen. Ja, wir könnten ihr das Einhorn nachts im Schlaf entreißen und auf einem feministischen Scheiterhaufen verbrennen, gemeinsam mit der Lillifee-Kindergartentasche, den Barbie-Puppen, die sie von ihrer großen Schwester geerbt hat, dem pinken Helm mit der Krone drauf, all ihren Lieblingskleidern, den Schleifenspangen und der Hello-Kitty-Kakaotasse. Kitty, auch eine dieser Einstiegsdrogen für kleine Mädchen.

Das Ü-Ei ist nur der i-Punkt auf einer ganzen Liste von sexistischen Artikeln

Die Firma Ferrero hat auf den pinken Wahnsinn jetzt noch einen drauf gelegt und das bei Kindern beliebte und bei an überfüllten Kassen wartenden Eltern verhasste Kinder-Überraschungsei in einer Mädchenversion auf den Markt geworfen.
Es ist pink, außen sind diese seltsamen Lolita-Hexen aus der TV-Serie „WinX-Club“ drauf und drinnen garantiert nur Dinge, die Mädchen gefallen. Spontan kommt mir der Gedanke: Da weiß man wenigstens, was man kriegt. Wie oft sehen wir enttäuschte Kinderaugen, weil wir uns zu dem sinnlos teuren Kram haben weichklopfen lassen und dann ist nur eine blöde Flugmaschine zum Zusammenbasteln drin, die garantiert nicht fliegt.

Aber halt! So einfach ist das nicht. Wir sprechen hier schließlich über mädchengefährdende Produkte. Sexismus im Kinderzimmer! Schließlich ist das Ü-Ei nur der i-Punkt auf einer ganzen Liste von sexistischen Artikeln, die der Markt in seiner Gier unseren Mädchen zum Fraß vorwirft. Zwar haben die gleichen Feministinnen jahrelang gefordert, dass Lego und Playmobil endlich mehr Mädchenfiguren produzieren sollen, aber so war das nicht gemeint! Lego hat inzwischen pinke Bauklötze und die Lego-Friends, eine Mädchenclique mit pinkem Pony-Stall und Hundesalon. Playmobil hat das Zauberfeenland im Einhorn(sic!)-Köfferchen, bei Duplo findet sich Dinge wie das Cinderella-Schloss und Dornröschen im Turmgemach (ja, die wartet wirklich noch auf den Prinzen) und von Lillifee, diesem „charakterlosen“ Ding wollen wir gar nicht erst anfangen.

Wer also dachte, es handelt sich hier doch einfach nur um Spannung, Spaß und Schokolade, wird von der „Gender-Forscherin“ Stevie Schmiedel eines Besseren belehrt. Sie ist Initiatorin der Kampagne „pinkstinks“ und widmet sich mit ihren Gleichgesinnt_Innen dem Kampf gegen das, was sie „Gender-Apartheid“ nennt. Das Ü-Ei gibt ihr gerade mal wieder den Rest. Demnach drängt man mit der Farbe und den dazugehörigen Produkten Mädchen in altbekannte Rollen und erzieht sie zu kleinen Konsumentinnen. Jungs etwa nicht? Im dazugehörigen Pinkwatch-Blog wird nach allerlei Pink auf der Welt gefahndet und die böse Farbe auch in den letzten Winkeln aufgespürt. Auch die Olympischen Spiele in London sind mit auf der Fahndungsliste, besser gesagt der Designer für das deutsche Mannschaftsoutfit. Hellblau und Pink trug Deutschland beim Einmarsch ins Stadion, das muss bei pinkstinks zum kollektiven Atemstillstand geführt haben.

Mein Gott, die wollen doch nur spielen! Was ist das doch für ein großartiges Land, wenn man sonst keine Probleme hat, als die Farben von Kinderspielzeugen und Sportleroutfits zu diskutieren. Mädchen sind Mädchen und Jungs sind Jungs. Fragen sie mal eine Vierjährige. Ihre Welt ist herrlich in Ordnung, gerade weil sie sie so einfach begreifen kann. Weil sie sich selbst einordnen will und sich im Unterschied zu anderen abgrenzen möchte. Mama ist ein Mädchen, Papa ist ein Junge. Bei uns zu Hause steht es damit 3:3, alles in Butter. Das ist nicht bedenklich und auch nicht sexistisch, sondern normal.

Ich gebe zu, ich hatte vor der Geburt unseres ersten Kindes auch eine kurze Alle-sind-gleich-Phase. Alles nur Erziehung. Wir machen diesen Rosa-hellblau-Quatsch nicht mit. Unsere Tochter und das Leben haben mich eines Besseren belehrt. Sie hatte nichts Pinkes, kein Kleidchen, keinen Strampler, keine Haarspange. Alles schön geschlechtsneutral und bunt. Wir haben das genau drei Jahre durchgehalten, dann kam sie in den Kindergarten und mit ihm drei neue Lieblingsfarben: Glitzer, Pink und Rosa, wobei mir der Unterschied bis heute nicht klar ist. Sie wollte einfach ein ganz normales Mädchen sein. Diddl-Mäuse auf rosa Briefpapier – das war noch in der Prä-Lillifee-Kitty-Ära – pinke T-Shirts und Glitzernagellack. Sie wollte Barbies und dann zur Einschulung den pinken Blümchen-Schulranzen und sie hat es trotzdem als Klassenbeste aufs Gymnasium geschafft.

Als Zweites bekamen wir einen Sohn. Der hätte es uns doch wenigstens zeigen können. Wie man umgeben von Puppen und Kuscheltieren alle Softskills als Mann entwickelt und seine weibliche Seite neu entdeckt. Leider interessierte ihn der Kram seiner Schwester nicht im Geringsten, obwohl er überall bereitstand. Als er vor lauter Verzweiflung anfing, mit der Plüschtigerente zu spielen, einfach nur, weil sie Räder hatte, haben wir aufgerüstet: Holzeisenbahn, Parkgarage und er war glücklich. Er hat die Hälfte seines zweiten Lebensjahres damit verbracht, Matchbox-Autos in verschiedenen Aufstellungen unter meinem Schreibtisch zu parken. Er ist jedes Möbelstück unseres Hauses damit abgefahren und wir sind nachts darüber gestolpert: Er war einfach ein ganz normaler Junge.

Manchmal braucht man Klischees

Seltsamerweise machen sich die Damen Feministinnen weniger Gedanken darüber, dass die gleiche Nummer auch bei Jungs läuft. Star-Wars-Mäppchen, Piraten-Schulranzen, Spider-Man – die Helden sind alle versammelt in unserem Kinderzimmer und das ist auch gut so. Ja, es sind Klischees und manchmal braucht man sie, um an ihnen zu wachsen oder auch, um sie zu überwinden. Ihre ehemalige Lillifee-Tapete ist unserer 13-Jährigen heute peinlich, sie hat die Phase hinter sich gelassen. Aber sie hat ihr nicht geschadet. Sie will nicht Friseurin werden, obwohl sie den pinken Frisierkopf besaß, sondern Rechtsanwältin und wir sollen schon mal sparen, denn sie will auch zwei Semester nach Harvard. Was aus unseren Kindern wird, haben wir größtenteils selbst in der Hand als Eltern. Und ein bisschen Pink ruiniert ihnen nicht den Verstand – zumal ich dann auch gerne wüsste, wie sich diese Farbe auf Männer auswirkt. Inzwischen ist sie bei jedem guten Herrenausstatter in Hemdform zu haben. Aber da gibt es wohl keine Bedenken, das ist ja dann die Durchlässigkeit zwischen den Geschlechtern, metrosexuell, ergo gut. Weibliche Seite und so.

Unser viertes Kind war wieder eine Tochter, wir haben sie einfach Mädchen sein lassen, ohne uns mit weiteren Erziehungsexperimenten an ihr abzuarbeiten. Sie ist heute vier und hält sich selbst für großartig. Manchmal zieht sie ihre pinken Kunstflügel von Karneval an und behauptet, sie sei eine Fee, die fliegen kann. Sie kann mit einem Rollschuh am Fuß gleichzeitig Skateboard fahren. Sie klettert ihren Brüdern aufs hohe Baumhaus hinterher, obwohl sie es nicht darf, sie liebt das blaue Leuchtschwert ihres Bruders und kann schon seit einem Jahr ohne Stützräder fahren wie ihre Heldin Conni aus den Kinderbüchern – aber ihr Fahrradhelm ist eben pink mit Krone drauf. Ihren Kakao will sie nur aus der Hello-Kitty-Tasse und gerade findet eine Etage tiefer im Kinderzimmer eine ernsthafte Auseinandersetzung zwischen ihrem pinken Pony und Barbies Freund Ken statt. Das Pony droht zu gewinnen.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf TheEuropean.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Kitty

Habe selten so innig geschmunzelt! Es ist genauso wie Sie beschreiben, Frau Kelle!! Ich kann das als Mutter von Sohn und Tochter nur dick unterstreichen und "Emma" hält uns zum Narren.

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