Eine mörderische Krankheit: Die Lügensucht

Es ist wohl kein Zufall, dass die bekannten Lügengebilde immer ganz modischen Zeitgeist-Haltungen entsprechen. Wenn dauernd solche Berichte kursieren, dann ist es logisch, dass labile, aber phantasiebegabte Menschen zunehmend zu glauben beginnen, selbst solche Dinge erlebt zu haben.

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Ein neuer besonders krasser Fall zeigt schockierend, dass es Menschen mit einer geradezu manischen Sucht zur Konstruktion von Lügengebilden gibt. Dabei geht es nicht um die in Politik und Kommerzwerbung üblichen Lügen, die schlimm genug sind. Sondern um eine offensichtlich zumindest für andere wirklich gefährliche Krankheit.

Eine ganze Reihe von Prozessen der letzten Zeit hat mehrere erschreckende Fälle von Frauen aufgezeigt, denen lange detailliert konstruierte Lügen über serienweisen Missbrauch und Vergewaltigungen geglaubt worden sind. Bis dann – zumindest in etlichen Fällen – die Wahrheit herausgekommen ist.

Dabei sind jene Fälle fast noch verständlich, wenn auch sicher nicht zu rechtfertigen, wo diese Lügen als Waffen in einem Rosenkrieg dienen, um sich an einem Ex-Partner zu rächen. In anderen Fällen steckt aber offenbar ohne jedes solche Interesse die reine Lust an der Lüge oder der Drang dahinter, sich mit dramatischen Behauptungen interessant und wichtig zu machen.

Da diese Menschen aber sonst einen durchaus normalen Eindruck machen, hat sich die Psychiatrie noch nicht eingehend genug mit diesem Phänomen befasst. Sie spricht nur recht vage von einem „Münchhausen-Syndrom“. In zumindest einem bekannten Fall wurde aber einer Frau ein angeblicher sexueller Dauer-Missbrauch durch beide(!) Eltern im Kleinkindalter im Laufe einer Psychoanalyse eingeredet.

Für die durch die erfundenen Vorwürfe Beschuldigten ist das Ganze fast immer eine dramatische Katastrophe, die ihr ganzes Leben zerstören kann.

Ganz ohne Bezug zur Sexualität, aber fast noch schlimmer und folgenreicher ist das, was eine jetzt in Australien hochgegangene Lügnerin getan hat: Die Frau hatte als Bloggerin eine große und begeisterte Anhängerschaft gefunden. Sie hat jahrelang detailliert dargestellt, wie man mit Ernährung und Wellness Krebs und viele andere Übel besiegen könne. Sie selbst habe ja mit einer bloßen Ernährungs- und Lebensweise ihren Gehirntumor besiegt. Das begeisterte so viele Menschen, dass sogar Apple ihre App für die neue Smartwatch ausgewählt hat.

Und jetzt stellte sich heraus: Die Frau hatte nie einen Gehirn- oder sonstigen Tumor. Sie hat alles nur erfunden, um sich interessant zu machen. Und als sich dann der Erfolg einstellte, hat sie den Lügenpfad erst recht nicht mehr verlassen wollen.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Jürg Rückert

Karl May war ein Pseudologe. Er hat verschiedene Pseudoidentitäten angenommen in einer frühen kriminellen Karriere. Er war mal Landvermesser, mal Polizeioberleutnant, mal Geheimpolizist ...
Seine späteren Abenteuerromane versuchte er als Tatsachenberichte darzustellen.

Gravatar: Jürg Rückert

"Pseudoerinnerungen oder Pseudologien?" heißt ein Kapitel in dem Sachbuch "Grenzwertige psychische Störungen" (Thieme 2003).
Es informiert über den oben genannten Hintergrund aus psychiatrischer und psychologischer Sicht.
Das Phänomen der induzierten Erinnerung sollte jedem Staatsanwalt bekannt sein. Bestimmte Erinnerungen lassen sich leicht implantieren (in nicht mehr löschbaren Bildern!), wenn ein entsprechender sozialer Erwartungsdruck aufgebaut wird.
Die Zeugen sehen dann dauerhaft Ereignisse, die sich nie zugetragen haben. Auch bei einem Autounfall werden im Erregungszustand vom geistigen Auge serienweise Bilder geschossen, die der Realität nicht entsprechen müssen.

Gravatar: Joachim Datko

Man denke auch an die vielen Priester, die ihre skurrilen Geschichten den Menschen aufdrängen.

Ein Religionslehrer hat mir als Zufallsbekannten erzählt, dass er zwar lüge, aber dass das zur besseren Moral seiner Schüler führt.

Gravatar: Jochen Reimar

Zur Ehrenrettung des Mannes sei gesagt: Karl May (so sehr ich ihn verehre) hat auch kräftigst geflunkert und ein ganzes Lügengebäude errichtet. Andere tun das sicherlich auch. Ob Frauen das häufiger tun, weil sie vielleicht nicht anders können? Hier würde ich erst einmal signifikante und glaubwürdige (!) Untersuchungen dazu abwarten.

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