Eine ganz normale Szene eines Dreijährigen

Dieser Szene in einem Vorortzug habe ich nicht mit Wonne beigewohnt, sondern sie mit der Betroffenheit eines Vaters beobachtet.

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  • Kind (etwa drei Jahre alt, weinend, weil es das Gewünschte nicht bekommt)
  • Mutter: "Willst du … oder … oder …?" (Angebot)
  • Kind (realisiert, ich kann aufdrehen und weint lauter)
  • Mutter (streichelt den Sohn)
  • Kind (ermutigt, Stimmlage noch höher)
  • Mutter (spricht ihm beruhigend zu – wegen ihrem eigenen Harmoniegefühl, es ist öffentliche Zone)
  • Kind (schluchzt, beginnt an ihrem Leibchen zu ziehen)
  • Mutter (streichelt weiter, es ist ihr peinlich)
  • Kind geht zum Vater (der verfällt der gleichen Masche wie die Mutter; spricht anscheinend beruhigend auf ihn ein)
  • Kind (nochmals bestätigt; der Vater hätte mit einer ruhigen, bestimmten Anweisung Schluss machen und ihn an der Hand nehmen können; eine weitere Eskalationsstufe wäre das Aussteigen und Gehen gewesen; das ist gerade der Nutzen der sogenannten Triangularität, dem Pendeln des Kindes zwischen Vater und Mutter)
  • Kind ergibt sich in die Situation (weil die Eltern kein Getränk dabei haben, nicht aber weil es sich der Anordnung der Eltern fügt)
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Frage: Welcher Effekt stellt sich ein, wenn sich solche Szenen hundertfach wiederholen? Ich behaupte: Es werden kleine Prinzen herangezüchtet.

Erschien zuerst unter www.hanniel.ch.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Axel Senf

„Als ich ein Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte wie ein Kind und urteilte wie ein Kind“ (1. Korinther 13:11, Einheitsübersetzung)

DIE URSACHEN
Kleine Kinder haben ihre Gefühle noch nicht so gut im Griff. Das allein kann schon Auslöser für gelegentliche Wut- und Trotzreaktionen sein. Doch das ist nicht alles.

Man braucht nur an die Veränderungen zu denken, die Kinder im Alter von etwa zwei Jahren erleben. Bisher haben Mama und Papa alles für sie getan. Wenn sie zum Beispiel geschrien haben, kamen die Eltern gleich angelaufen. Fragen standen ihnen ins Gesicht geschrieben: „Ist das Kleine krank? Hat es Hunger? Braucht es eine neue Windel? Will es hochgenommen werden?“ Die Eltern waren immer zur Stelle, und das war auch gut so, denn ein Baby ist voll auf Hilfe angewiesen.

Mit zwei Jahren ungefähr merkt das Kind jedoch allmählich, dass die Eltern nicht mehr auf alles sofort reagieren. Statt immer nur auf seine Bedürfnisse einzugehen, erwarten sie jetzt, dass sich das Kind auch nach ihren Wünschen richtet. Das Blatt hat sich gewendet, und die Kleinen reagieren darauf nicht selten mit lautstarkem Protest.

Gewöhnlich stellen sich Kinder mit der Zeit darauf ein, dass Mama und Papa sie nicht nur pflegen und versorgen, sondern auch erziehen. Idealerweise verstehen sie auch irgendwann, dass sie ihren „Eltern in allem gehorsam“ sein müssen (Kolosser 3:20). Bis dahin kann es aber sein, dass sie durch Wut- und Trotzattacken die Geduld der Eltern bis aufs Äußerste strapazieren.

WAS MAN TUN KANN
Verständnis haben. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Da sie mit ihren Emotionen noch nicht richtig umgehen können, reagieren sie vielleicht überzogen, wenn ihnen etwas gegen den Strich geht. Deshalb sind die Eltern gefordert, die Situation aus der Perspektive des Kindes zu sehen.
Grundsatz der Bibel: 1. Korinther 13:11
„Als ich ein Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte wie ein Kind und urteilte wie ein Kind“ (1. Korinther 13:11, Einheitsübersetzung)

Gravatar: U.M.

Es entspricht dem Zeitgeist, dass der Vater eher eine zweite Mutter ist.

Zitat aus "Edel und Stark"

"Das ist der Mann von heute, wie ihn die Frauen gemacht haben.........
Ihr habt euch die Memmen gemacht, jetzt lebt auch mit ihnen und beschwert euch nicht."

Gravatar: Clara West

Ja, die Jugend von heute war schon immer schlecht. Vielleicht ist es dem Autor entgangen, aber Erziehung ist ein Prozess, der durchaus 20 Jahre dauern kann. Zunächst sind es die Eltern, später immer mehr das Umfeld und die Realität des Lebens, z.B. wenn man anfangen muss, seine Stromrechnungen selber zu bezahlen.

Meine Großeltern waren seinerzeit fassungslos und haben das Ende der Welt herannahen sehen, weil unsere Eltern uns erlaubten, bei Tisch zu sprechen.

Wenn ich zurückblicke, dann hat in den letzten Jahrzehnten "die Jugend von heute" es immer besser gemacht, als ihre Eltern. Sie hat alte Zöpfe abgeschnitten, neue Wege beschritten, die Technik revolutioniert, sich für Frieden und Integration eingesetzt und alte Vorurteile abgebaut. Man besucht sich heute, anstatt sich zu bekriegen. Man lernt fremde Sprachen, um sich zu verstehen.

Und so blicke ich munter und zuversichtlich auf die "Jugend von heute" und bin mir sehr sicher, dass sie ihren eigenen Weg finden wird. Nein, wir Eltern werden nicht ihr role model sein. Unsere Aufgabe wird sein, Vergangenheit zu verwalten. Die Zukunft gehört der neuen Generation und es ist ihr Recht, es anders zu machen. Wir haben es auch anders gemacht - gegen den Willen unserer Eltern.

Man, was waren wir schlecht! :)

Gravatar: M. H.

Ja, so sind viele der heutigen Eltern. Und ich kann ihnen nur sagen: Ihr züchtet lebensuntüchtige Menschen mit riesiger Erwartungshaltung heran, für die die Welt untergeht, wenn sie nicht ihren Willen bekommen und die anderen nicht nach ihrer Pfeife tanzen. Ihr handelt aus falsch vestandener Liebe, die nicht darauf abzielt, das beste für das Kind zu tun, sondern das beste für euch. Es soll auf Euch als Wunscherfüller fixiert bleiben und nie wirklich selbstständig werden, weil das für Euch Verlust im Gebrauchtwerden bedeuten könnte.
Tyrannen sind nicht glücklich und selbstbewusst, sonst wären sie nicht Tyrannen. Es sind Schwächlinge und rückgratlose Jammergestalten, die nie gelernt haben, selbst Hand anzulegen die Kohlen selbst aus dem Feuer zu holen .

Gravatar: Anne

Ja Herr Striebel, wer kennt solche Szenen nicht....
Väter sind zwar von Geburt an dabei, aber ihr Wort ist kein Machtwort mehr. Meine Generation ist mit der Psychoanalyse aufgewachsen und es hieß u.a. "es ist verboten zu verbieten"
Leider hat sich daran bis heute wenig geändert.
Die Elternverunsicherung ist bei den heutigen jungen Eltern angekommen.

Gravatar: Jutta

DANKE; DANKE.
Endlich kommt das auch mal von einem Elternteil, in dem Fall dem Vater.
Im Verkauf ist das prima zu beobachten, wie die Eltern sich von ihren Kindern tyrannisieren lassen. Es ist entsetzlich. Und alles wird benutzt und auf dem Boden umhergezogen, aufgerissen, ausprobiert, kaputtgemacht.
Elterliche Autorität ? Pustekuchen.
Klar, es gibt auch noch ein paar Vernünftige, aber das werden immer weniger. Bei denen kann es dann schon auch mal vorkommen, dass ich mich bedanke.

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