Ein vergifteter Köder aus Rom

Auf mehr als 200 Seiten haben der Pontifex und seine Ghostwriter ihre Gedanken zum Zustand der Erde zu Papier gebracht.Die grundlegende Argumentationsfigur ist immer dieselbe: Wo kein letztgültiger Beleg für das Gegenteil vorhanden ist, wird geglaubt und nicht gewußt.

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Hinweis: Dieser Text ist geeignet, Ihre religiösen Gefühle zu verletzen, obwohl der Autor das nicht intendiert. Falls Sie sich also beleidigt fühlen, suchen Sie die Ursache dafür in sich selbst.

Der Jäger schickte mich in den Wald, um seine dort vor einigen Tagen verschwundene Frau zu suchen. Die Leiche zu finden war einfach. Meine jahrelange Erfahrung als Monsterjäger half mir, auf die Spur der Kreatur zu kommen, die dies angerichtet hatte. Alle Indizien deuteten auf einen Werwolf. Tatsächlich war es der Jäger selbst, der sich von einem unauflöslichen Fluch betroffen regelmäßig in ein Versteck tief im Forst zurückzog, um niemanden während seiner Verwandlung zu gefährden. Seine Schwägerin, die davon Kenntnis hatte, führte die Ehefrau zum geeigneten Zeitpunkt zu dieser einsamen Hütte. Denn sie begehrte den Jäger für sich selbst und hoffte auf eine Trennung der beiden, wenn ihre Schwester ihn in seiner Bestiengestalt erblickt. So tötete der Jäger als Werwolf seine eigene Frau, ohne es zu ahnen. Die Schwägerin floh und glaubte noch immer, den Witwer für sich gewinnen zu können, als ich in die Geschichte trat und die Vorgänge aufdeckte. Am Ende starben alle. Die Schwägerin durch die Hand des Werwolfs, der ihr die Intrige nicht verzeihen konnte und der Werwolf durch mein silbernes Schwert, weil er darum bat.

Natürlich glaube ich nicht an Werwölfe, an Vampire oder andere finstere Kreaturen, die menschliche Phantasie erschaffen hat. Auch ein Computerspiel wie Witcher 3 vermag daran nichts zu ändern. Ganz im Gegenteil schärft es den Blick für die Verwirrungen der Realität, wenn man deren Übertragung in eine immersive virtuelle Welt betrachtet.

Ich glaube nicht an Werwölfe. Denn die Verwandlung eines Menschen in eine fellbedeckte und muskelbepackte Bestie widerspricht nicht nur den Gesetzen der Physik, sie ergibt auch im Lichte der Evolution keinen Sinn. Aber wer auch immer davon nicht überzeugt ist, kann mir leicht entgegenhalten, ich solle die Nichtexistenz solcher und anderer Monster doch erst einmal beweisen.

Eine derart verdrehte Argumentation würde niemand verwenden? Da kenne ich ein prominentes Gegenbeispiel: den Papst.

…und außerdem dürfte es schwierig sein, sie [die Erderwärmung – Autor] nicht mit der Zunahme extremer meteorologischer Ereignisse in Verbindung zu bringen… (Absatz 23, Seite 23)

Das steht tatsächlich so in Franziskus neuer Enzyklika „Über die Sorge für das gemeinsame Haus“. Weil man nicht beweisen kann, daß Stürme oder Dürren nicht ursächlich auf die Erderwärmung zurückzuführen sind, ist vom Gegenteil auszugehen? Nein, ich glaube nicht an Werwölfe. Oder an Schöpfergötter. Oder an die Apokalypse.

Auf mehr als 200 Seiten haben der Pontifex und seine Ghostwriter ihre Gedanken zum Zustand der Erde zu Papier gebracht. Den sie als besorgniserregend empfinden. Das Pamphlet ist in der dem Vatikan eigenen schwülstigen Sprache verfaßt, die Naivität und Unwissen hinter blumigen und anspielungsreichen Formulierungen geschickt versteckt. Die zentralen Gedanken werden in seitenlangen Ergüssen voller Selbstbezug und Querverweisen ausgebreitet, was das extrahieren und zitieren von Kerngedanken erschwert. Die grundlegende Argumentationsfigur aber ist immer dieselbe: Wo kein letztgültiger Beleg für das Gegenteil vorhanden ist, wird geglaubt und nicht gewußt. Das ist der Unterschied zwischen Theologie und Wissenschaft.

An vielen Orten des Planeten trauern die alten Menschen den Landschaften anderer Zeiten nach, die jetzt von Abfällen überschwemmt werden. (Absatz 21, Seite 22)

Da hier nicht Windräder als Abfallprodukte einer verfehlten Energiepolitik gemeint sind, fragt man sich schon, um welche Menschen und welche Landschaften es denn genau geht. Belege für diese und andere vergleichbare Aussagen bleibt uns der Papst leider schuldig. Wann immer die Möglichkeit einer Konkretisierung besteht, flüchtet er sich in die Zitierung anderer mehr oder weniger ernstzunehmender Denker aus 2000 Jahren Kirchengeschichte.

Alles ist aufeinander bezogen, und alle Menschen sind als Brüder und Schwestern gemeinsam auf einer wunderbaren Pilgerschaft, miteinander verflochten durch die Liebe, die Gott für jedes seiner Geschöpfe hegt und die uns auch in zärtlicher Liebe mit »Bruder Sonne«, »Schwester Mond«, Bruder Fluss und Mutter Erde vereint. (Absatz 92, Seite 84)

Das beispielsweise hat der Papst dem Sonnengesang seines Vorbildes Franz von Assisi entnommen (im italienischen ist die Sonne tatsächlich männlich und der Mond weiblich). Die Enzyklika besteht in vielen Passagen aus der Aneinanderreihung solch esoterischer Vorstellungen. Da ist jedes Computerspiel rationaler.

Wie üblich leitet der Papst seinen Lehrbrief an die Bischöfe mit einem auf Aussagen seiner Vorgänger Bezug nehmenden Abschnitt ein. Er vermittelt damit dem Klerus, nicht von der Kirchentradition im Denken abzuweichen. Es folgen dann sechs weitere Kapitel, von denen gleich das erste der Umweltpolitik gewidmet wird und ein Panoptikum an Schreckensvisionen in bester biblischer Tradition ausbreitet. Der Klimawandel ist hier, ebenso wie die Energiepolitik, eigentlich nur ein Thema unter vielen. Mehr Augenmerk, auch von der reinen textlichen Länge her, liegt auf Themen wie den Umgang mit Abfällen, der Bereitstellung von sauberem Trinkwasser und dem Erhalt der Artenvielfalt.

Die Quintessenz lautet: Wir werden alle in Elend und Armut zugrunde gehen. Nicht nur die Menschen, sondern gleich die ganze „Schöpfung“, also alle oben angeführten Brüder und Schwestern, von der Sonne über den Mond und den Fluß bis hin zur Mikrobe.

Die Ursache liegt aus Sicht des Papstes in dem von ihm so genannten „technokratischen Paradigma“. Gemeint ist hier das, was ich in anderen Texten schon als „Primat der Technologie“ beschrieben habe. Es äußert sich in vielen Zusammenhängen. Nicht zuletzt in den steigenden Möglichkeiten, unsere Umwelt zu gestalten, zu nutzen und Ressourcen aus ihr zu gewinnen. „Primat“ bedeutet dabei, Technologie als die prägende Kraft zu erkennen, die letztendlich den Rahmen für ökonomische und gesellschaftliche Prozesse determiniert.

Das technokratische Paradigma tendiert auch dazu, die Wirtschaft und die Politik zu beherrschen. Die Wirtschaft nimmt jede technologische Entwicklung im Hinblick auf den Ertrag an, ohne auf mögliche negative Auswirkungen für den Menschen zu achten. (Absatz 109, Seite 100)

Die Zusammenhänge zwischen Handel, Konsum, Innovation und materiellem Wohlstand haben Franziskus und seine Mitautoren sehr wohl erkannt. Daraus leiten sie eine umfassende Kapitalismuskritik ab und fordern grundlegende Änderungen am System unseres Wirtschaftens. Man kann die päpstliche Weisheit wie folgt zusammenfassen: Um nicht in Elend und Armut zu sterben, sollten wir besser in Elend und Armut leben. Nur so würden wir unserer Verantwortung nachkommen, Gottes Schöpfung in möglichst unveränderter Form für unsere Nachkommen zu erhalten. Damit auch diese in Elend und Armut ihr Dasein fristen können. Unser Lebensglück hinge schließlich an einem spirituellen Wohlbefinden, das allein der Gehorsam gegenüber den Dogmen des christlichen Glaubens ermöglicht.

Das Kollektiv ist dem Papst wichtiger, als das Individuum. Die geistige Erfüllung wichtiger als die materielle Bedarfsbefriedigung. Von jemandem, der sich in der Tradition des möglicherweise geisteskranken Franz von Assisi wähnt, ist auch nichts anderes zu erwarten.

Die Genügsamkeit, die unbefangen und bewusst gelebt wird, ist befreiend. Sie bedeutet nicht weniger Leben, sie bedeutet nicht geringere Intensität, sondern ganz das Gegenteil. (Absatz 223, Seite 197)

Daß aber die meisten Menschen diesen Weg auch dann nicht mitgehen würden, wenn sie es denn könnten, weiß der Pontifex genau.

Es wird keine neue Beziehung zur Natur geben ohne einen neuen Menschen. (Absatz 118, Seite 108)

Daraus leitet sich die Notwendigkeit einer umfassenden Umerziehung ab, deren Zielstellung im abschließenden Kapitel der Enzyklika beschrieben wird.

Die Erziehung zur Umweltverantwortung kann verschiedene Verhaltensweisen fördern, die einen unmittelbaren und bedeutenden Einfluss auf den Umweltschutz haben, wie die Vermeidung des Gebrauchs von Plastik und Papier, die Einschränkung des Wasserverbrauchs, die Trennung der Abfälle, nur so viel zu kochen, wie man vernünftigerweise essen kann, die anderen Lebewesen sorgsam zu behandeln, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen oder ein Fahrzeug mit mehreren Personen zu teilen, Bäume zu pflanzen, unnötige Lampen auszuschalten. All das gehört zu einer großherzigen und würdigen Kreativität, die das Beste des Menschen an den Tag legt. Etwas aus tiefen Beweggründen wiederzuverwerten, anstatt es schnell wegzuwerfen, kann eine Handlung der Liebe sein, die unsere eigene Würde zum Ausdruck bringt. (Absatz 211, Seite 188)

Neben anderen will der Papst die Kirche selbst in diese Richtung orientieren.

Ich hoffe auch, dass in unseren Seminaren und den Ausbildungsstätten der Orden zu einer verantwortlichen Genügsamkeit, zur dankerfüllten Betrachtung der Welt und zur Achtsamkeit gegenüber der Schwäche der Armen und der Umwelt erzogen wird. Da viel auf dem Spiel steht, sind nicht nur Institutionen notwendig, die die Macht besitzen, Sanktionen gegen Umweltattacken zu verhängen, sondern ebenso notwendig ist es, dass auch wir uns gegenseitig kontrollieren und erziehen. (Absatz 214, Seite 190)

Müssen wir uns fürchten vor diesem Papst, vor dieser Kirche?

Das Prinzip der gegenseitigen Kontrolle und Lenkung haben schließlich schon andere „geistige Führer“ erfolgreich implementiert. Kehren wir dazu kurz zur Motivation des Franziskus zurück, die in der folgenden Bezugnahme auf einen seiner Vorgänger im Amt deutlich wird:

Acht Jahre nach Pacem in terris sprach der selige Papst Paul VI. 1971 die ökologische Problematik an, indem er sie als eine Krise vorstellte, die »eine dramatische Folge« der unkontrollierten Tätigkeit des Menschen ist. »Infolge einer rücksichtslosen Ausbeutung der Natur läuft er Gefahr, sie zu zerstören und selbst Opfer dieser Zerstörung zu werden« (Absatz 4, Seite 4)

Der Vergleich mit einer älteren Quelle ist nicht nett, aber erhellend:

Die ewige Natur rächt unerbittlich die Übertretung ihrer Gebote. […] Indem der Mensch versucht, sich gegen die eiserne Logik der Natur aufzubäumen, gerät er in Kampf mit den Grundsätzen, denen auch er selber sein Dasein als Mensch allein verdankt. So muß sein Handeln gegen die Natur zu seinem eigenen Untergang führen. (Adolf Hitler, Mein Kampf, 1924)

Natürlich bezog sich Hitler hier nicht auf Fragen der Umweltgestaltung und –nutzung, sondern auf seine Vorstellungen von einer evolutionär erforderlichen „Reinheit der Rasse“. Interessant scheint mir aber schon, wie ähnliche Argumentationsmuster von unterschiedlichen Ausgangspunkten zu ähnlichen Folgerungen führen.

Nun ist der Papst zwar der letzte absolute Monarch Europas, aber sicher kein irrer Diktator, der eine totalitäre Gewaltherrschaft anstrebt. Seine Macht besteht eher darin, Schlagzeilen erzeugen zu können. Dies hängt mit einem einzigen Wert zusammen: der Zahl der Anhänger seiner Kirche. Es ist die Vermutung der Beobachter, er könne mitunter das Denken und die Entscheidungen von 1,2 Milliarden Menschen auf diesem Planeten beeinflussen, die ihm den Raum in den Medien eröffnet.

Jede Veröffentlichung der Kurie beinhaltet daher die intrinsische Motivation, diese Zahl zu erhöhen oder sie zumindest zu stabilisieren. In einer Zeit, in der die Antworten der institutionalisierten Kirche auf aktuelle gesellschaftspolitische Fragestellungen vielen Mitbürgern unzureichend und unpassend erscheinen, gilt es vor allem, das Aufblühen von Ersatzreligionen zu behindern. Wo diese bereits existieren und auf Dauer überlebensfähig erscheinen, kann immer noch der Versuch unternommen werden, sie zu integrieren und verlorene Schäfchen wieder dem Oberhirten zuzuführen.

Als selbsternannte einzige Hüterin der Wahrheit kann die römisch-katholische Kirche keine anderen Kulte neben sich akzeptieren. Die Enzyklika ist in weiten Teilen nichts anderes als eine Zusammenstellung und Beschreibung der ökologistischen Dogmen, vom Vorsorgeprinzip über die Nachhaltigkeit bis hin zum Antikapitalismus und zur Technophobie. Sie richtet sich an die Umweltbewegung, indem sie den Nachhaltigkeitsaposteln und Klimaaktivisten unserer Tage aufzeigt, daß die Kirche ihnen eine geistige Heimat bieten kann und bieten will. Und belegt damit gleichzeitig, daß der Ökologismus nicht auf rationaler Erkenntnis, sondern auf spirituellem Aberglauben beruht.

Das macht keine Angst, sondern verschafft Befriedigung. Denn wenn schon der Papst sagt, Klimaschützer und Energiewendebefürworter seien mehr Gläubige als Wissende, wer will dem dann noch widersprechen?

Dies ist der giftige Köder, den Franziskus auslegt. Wer seine Worte begrüßt und unterstützt, der hat für alle erkennbar eingeräumt, daß er den Mythos der Wahrheit vorzieht. Kollege Schellnhuber ist in diese Falle bereits getappt.

Glaube bedeutet letztlich nichts anderes, als von etwas überzeugt zu sein, für das nicht nur keinerlei Beweise oder Belege, sondern auch keinerlei Indizien existieren – und seien letztere auch noch so schwach ausgeprägt. Sich dieser Art des Denkens zu enthalten, ist zugegeben schwierig und anstrengend. Vielen Menschen gelingt das nie, viele versuchen es auch nicht oder sehen keine entsprechende Notwendigkeit. Glauben zu wollen, ist scheinbar tief in unserem Wesen verankert. Als Hexer, der Werwölfe, Vampire und sonstige Finsterlinge mit seinem Silberschwert sauber filetiert, ist man gegen solches Gift immun.

Beitrag erschien auch auf: science-skeptical.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Ghostwriter

Einige Ansichten von Franziskus - insbesondere bezüglich Europa - lassen doch recht deutlich erkennen, dass er aus Lateinamerika kommt und eben nicht in Europa sozialisiert wurde.

Gravatar: Lisje Türelüre aus der Klappergasse.

Übrigens soll es einen ähnlichen Vorstoß schon einmal unter der Regentschaft unseres Papstes Benedikt gegeben haben. Damals hat Papst Benedikt dieses Vorhaben - gemeint sind wohl die Ausarbeitungen der entsprechenden Lobbyisten- mit den Worten - Überzeugt nicht! - zurückgewiesen haben.
Womit er wieder einmal recht behielt.

Gravatar: Karl Letis

Vom Menschen und seinem Umgang mit seines Gleichen versteht die katholishce Kirche sehr viel. Von der Natur udn wie man in Zukunft mit den relationspartner Erde umgeht, weniger.
Vom technischen Fortschritt und seinen Möglichkeiten hat sich die kath. Kirche seit etwa 500 Jahren komplett abgekoppelt.

Gravatar: Lisje Türelüre aus der Klappergasse.

Nein, meine religiösen Gefühle haben Sie nicht verletzt!
Im Internet wird die Encyklika von vielen (u.a. von Dr. Wolfgang Thüne ) kritisiert.
Wir - oder besser ich - müssen es einfach aushalten! Die Kirchengeschichte lehrt, daß die Kirche schon einige "Klöpse" an Päpsten er- und überlebt hat.

Gravatar: Elmar Oberdörffer

Sehr geehrter Herr Dr. Heller, Ihrer Bewertung der Papstenzyklika stimme ich zu. Ich habe sie mir heruntergeladen und habe die wichtigsten Passagen auch gelesen. Aber wie Sie schreiben: "Auf mehr als 200 Seiten haben der Pontifex und seine Ghostwriter ihre Gedanken zum Zustand der Erde zu Papier gebracht. Den sie als besorgniserregend empfinden. Das Pamphlet ist in der dem Vatikan eigenen schwülstigen Sprache verfaßt, die Naivität und Unwissen hinter blumigen und anspielungsreichen Formulierungen geschickt versteckt. Die zentralen Gedanken werden in seitenlangen Ergüssen voller Selbstbezug und Querverweisen ausgebreitet, was das extrahieren und zitieren von Kerngedanken erschwert." Das wird mich auch davon abhalten, die Enzyklika vollständig zu lesen. Weiter schreiben Sie: "Die grundlegende Argumentationsfigur aber ist immer dieselbe: Wo kein letztgültiger Beleg für das Gegenteil vorhanden ist, wird geglaubt und nicht gewußt. Das ist der Unterschied zwischen Theologie und Wissenschaft." So ist es. Nun ist es aber so: Die Lehren einer Religion lassen sich auf keine Weise beweisen, sie müssen geglaubt werden. Zu den Lehren des römisch-katholischen Christentums gehört auch die Lehre, daß Christus den Apostel Petrus als den Leiter seiner Kirche eingesetzt hat, daß die Päpste die Nachfolger Petri sind, und daß der Papst in Fragen der Glaubens- und Sittenlehre durch den Beistand des Heiligen Geistes unfehlbar ist. Wohlgemerkt: nur in diesen Fragen, in allen anderen Fragen nicht! Also auch nicht in Fragen des Klimawandels, des Klimaschutzes, des Umgangs mit der Umwelt, der Energieerzeugung, der Wirtschaftsform, also den Themen seiner Enzyklika. Dies sind aber weltliche Fragen, mit den Methoden der Naturwissenschaft oder der Wirtschaftwissenschaft zu beantworten. Die Antworten müssen beweisbar sein, ein Anspruch, sie zu glauben, weil irgend jemand, und sei es der Papst, sie gibt, besteht nicht. Was geschieht nun, wenn der Papst in einer Enzyklika, also einem offiziellen Lehrschreiben, Antworten zu Fragen gibt, die ihn nichts angehen, von denen er auf Grund seiner Ausbildung als Theologe nichts oder nur wenig versteht, und die daher falsch oder unsinnig sind? Der Papst verliert an Glaubwürdigkeit, und zwar nicht nur bei den Themen der Enzyklika oder anderen weltlichen Themen, sondern insgesamt, also auch auf seinem eigentlichen Gebiet, der Glaubens- und Sittenlehre. Bei mir ist das jedenfalls so, und ich werde wohl nicht der einzige sein, dem das so geht. MfG Elmar Oberdörffer

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