Ein Urteil ist ein Urteil und sonst nichts

Geht es jeweils nach den Richtern der ersten Instanz, wird Silvio Berlusconi auf Grund seiner jetzt schon drei saftigen Verurteilungen für den Rest seines Lebens hinter Gittern verschwinden. Das gibt in mehrfacher Hinsicht zu denken.

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Prinzipiell muss man es positiv finden, dass die Justiz auch vor der drastischen Verurteilung eines mächtigen Politikers nicht zurückscheut – selbst wenn sie damit mittelfristig den Sturz einer Regierung auslösen sollte. Angefangen von der Steuerhinterziehung bis zu seinen Festen mit jungen Mädchen hat schon manches an Berlusconi einen kräftigen Hautgout. Das hat auch der Einsatz seines privaten Medienimperiums für politische Zwecke, ebenso wie der umgekehrte Einsatz seiner politischen Macht für Firmeninteressen.

Vor allem wird durch Berlusconis Verurteilung die deutliche Botschaft ausgeschickt: Niemand solle glauben, dass er über den Gesetzen steht. Das ist eine gute Botschaft. Und sie ist auch, zumindest in Italien, deutlich angekommen (in Österreich gehen die Staats- und insbesondere Oberstaatsanwälte mit einem unter schwerem Verdacht stehenden Regierungschef ja offensichtlich viel schonender um).

Auf den zweiten Blick hat aber auch das Verhalten der Richterinnen einen ebensolchen unguten Geruch wie der Lebensstil Berlusconis (im letzten Prozess waren drei Frauen Richterinnen). Zu diesem Gestank trägt insbesondere die Tatsache bei, dass in allen Berlusconi-Prozessen sämtliche Richter erst dann mutig geworden sind, als Berlusconi nicht mehr so mächtig war wie früher. Dazu trägt auch der mehr als befremdliche Umstand bei, dass Berlusconi im bisher jüngsten Prozess zu strengeren Strafen verurteilt worden ist, als die Staatsanwälte überhaupt beantragt hatten. Dazu trägt auch das erstaunliche Faktum bei, dass die Justiz gegen nicht weniger als 33 Entlastungszeugen Berlusconis strafrechtlich vorgehen will. Lehre an Berlusconis Landsleute: Wer für ihn eintritt, wird eingesperrt.

Zu dem immer kräftiger stinkenden Hautgout trägt aber auch die erstaunliche Beobachtung bei, dass europaweit die Justiz mit Vorliebe gegen rechte Politiker vorgeht: von Österreichs Grasser bis Italiens Berlusconi, von der ukrainischen Timoschenko bis zum kroatischen Sanader. Dazu kommt auch Frankreich, wo einige Richter Ex-Präsident Sarkozy ins Visier genommen haben. Dabei gibt es in vier dieser fünf Länder mindestens ebenso massive Beispiele für linke Korruptionisten und Gesetzesbrecher, die jedoch allesamt nicht verfolgt werden. Die hasserfüllten Aktionen gegen den deutschen Ex-Präsidenten Wulff passen da übrigens auch perfekt ins Bild, oder die von den Linken gesteuerte Hexenjagd in mehreren Ländern unter der neuen Anti-Verhetzungs-Strategie der Europäischen Union.

Ist die Justiz so links geworden, dass sie heute so massiv einäugig agiert? Oder ist es mit ihrer Freiheit gar nicht so weit her, wie man noch vor wenigen Jahren glauben konnte? Sind die Gerichte – wie ja schon mehrere Studien sagen – am Ende gar von den Medien massiv beeinflussbar?

Tatsache ist, dass bei allen bis auf Wulff die Verfolgung erst nach dem Rücktritt eingesetzt hat oder Relevanz bekommen hat. Und ebenso Tatsache ist, dass alle fünf Politiker – wieder mit Ausnahme Wulffs – sehr tatkräftige und politisch zielstrebige Vertreter ihrer Zunft gewesen sind. Diese ist ja sonst eher durch farblose Opportunisten geprägt, welche sich selber oder ihre Partei bereichern und ansonsten alles treiben lassen.

Zurück zu Berlusconi: Vor allem riechen die Urteile – insbesondere deren Höhe – sehr stark nach Rache. Subjektiv ist es zwar vielleicht verständlich, dass die Richter es dem Expremier heimzahlen, weil dieser sie immer wieder öffentlich beschimpft und mit Gesetzesnovellen behindert hat. Vielleicht auch deshalb, weil er die Regel verletzt hat, dass man vor Richtern am besten nur ständig buckeln sollte. Objektiv darf sich ein unabhängiger und souveräner Richter jedoch keinesfalls durch so etwas beeinflussen lassen.

Ja, und ist er nun schuldig? So werden nun viele fragen und glauben, das wäre die Kernfrage in den Prozessen gewesen. Antwort: Letztlich weiß ich es nicht. Diese Frage war aber ohnedies nur ein Teilaspekt eines von beiden Seiten durch und durch politisierten Verfahrens. Und: Nur naive Menschen können glauben, das Urteil eines Gerichts hätte etwas mit dem Herausfinden der objektiven Wahrheit zu tun. Ein Urteil ist ein Urteil ist ein Urteil. Und sonst nichts.

Weiterlesen auf: anderas-unterberger.at

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Miguel David

Sehr geehrter Dr. Unterberger,

Sie schreiben das Urteil gegen Berlusconi sende die Botschaft aus:
Niemand solle glauben, dass er über den Gesetzen steht.

Diese Aussage ist wertlos.
In Anbetracht einer Gesetzesflut von ca. 80000 Artikeln und Paragraphen für deutsche Bürger
welche durchsetzt sind mit endlosen Ausnahmen für die herrschende Klasse + Interpretationsspielraum für Richter die wiederum von der Politik ernannt werden ist das sogenannte "Recht" nichts anderes als Herrschaftswillkür.

Krassestres Beispiel: Steuern. Im Privatrecht wäre dies räuberische Erpressung, der Staat Macht daraus mit einem "Ermächtigungsgesetz" sogenanntes öffentliches Recht.

Recht ist Willkür der Mächtigen.Vielleicht war es mal anders, aber nie war es deutlicher als heute.

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