Ein teurer Fehler

Seit fünf Jahren leben wir Europäer mit dem Emissionshandel und immer noch wissen viele Bürger nicht, welche Belastungen dieses klimapolitische Experiment für Haushalte und Unternehmen mit sich gebracht hat. Die britische TaxPayers’ Alliance hat jetzt eine Schätzung für Europa vorgelegt.

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An sich ist der Emissionshandel ein elegantes Umweltinstrument. Mit der Verbindung einer absoluten Emissionshöchstmenge, die in einem geeigneten Allokationsverfahren an alle beteiligten Emittenten als Emissionsberechtigungen verteilt wird, und einem Handelssystem, in dem diese zwischen den Unternehmen entgeltlich getauscht werden können, lässt sich ein politisch gesetztes Emissionsziel zu minimalen gesamtwirtschaftlichen Kosten erreichen. Die ökonomische Logik dieses Systems ist ganz simpel: Jedes am Handelssystem beteiligte Unternehmen steht vor der Entscheidung die ihm zur Verfügung stehenden Emissionsrechte entweder selbst als gesetzliche Legitimation seiner Schadstoffemissionen zu verwenden oder am Markt meistbietend zu veräußern. Liegt der Produktionsertrag unter Inanspruchnahme einer Emissionsberechtigung über dessen Marktpreis, entscheidet sich das Unternehmen für die eigene Verwendung. Im anderen Fall wird die Emissionsberechtigung am Markt verkauft. Unternehmen mit hohen Kosten der Vermeidung von Emissionen können Emissionsrechte von Unternehmen erwerben, bei deren Produktionsanlagen Emissionsminderungen nur geringe Kosten verursachen. Dadurch sinken die Kosten der Vermeidung der Schadstoffemissionen auf ein Minimum. Kein Unternehmen muss mehr als den Marktpreis einer Emissionsberechtigung für seine Emissionen zahlen und der Marktpreis entspricht im Wettbewerb dem höchsten Kostenaufwand, den das Unternehmen mit den ingesamt geringsten Vermeidungskosten für die Vermeidung einer Tonne Kohlendioxid trägt.

Soweit zur Theorie, die Praxis sieht dagegen weniger rosig aus. Was eigentlich eine Tugend des Emissionshandels ist und im Idealfall einen volkswirtschaftlich nützlichen Lenkungseffekt bei den Verbrauchern und Unternehmen auslöst hat sich als  spürbare, aber dennoch nutzlose Belastung erwiesen: Die Einpreisung der Emissionsberechtigungen in die Güter- und Energiepreise der in den Emissionshandel eingebundenen Unternehmen hat den europäischen Verbrauchern seit Einführung des Emissionshandels im Jahr 2005 Belastungen in Höhe von 46 bis 116 Mrd. Euro, je nach Annahmen über die Überwälzungsfähigkeit der Unternehmen, eingebracht. Pro Kopf bedeutet das eine Belastung von 93 bis 232 Euro für jeden Europäer. Deutsche Verbraucher wurden dabei mit 10 bis 26 Mrd. Euro überdurchschnittlich belastet, was pro Einwohner 131 bis 327 Euro bedeutet.

Natürlich entsprechen diese Zahlen nicht den gesamtwirtschaftlichen Kosten des Emissionshandels, sondern lediglich dem Finanzvolumen das von den Verbrauchern zu den Unternehmen im Emissionshandel umverteilt wurde. Während die Verbraucher für jede emittierte Tonne Kohlendioxid einen Preiszuschlag zahlen müssen, wird bei den Unternehmen nur die letzte emittierte Schadstoffeinheit mit dem vollen Marktpreis der Emissionsberechtigungen belastet. Die übrigen Emissionen ließen sich durch Produktionsumstellungen und Investitionen in emissionssparende Anlagen mit geringeren Kosten reduzieren. Daher betragen der eigentliche Vermeidungsaufwand der Unternehmen und damit die gesamtwirtschaftlichen Kosten des Emissionshandels nur einen Bruchteil der Belastungen der Verbraucher, der Rest ist der als Windfall-Profits bekannte Umverteilungsgewinn der am Emissionshandel beteiligten Unternehmen. Ein kleines Beispiel mag das demonstrieren: Angenommen vor Einführung des Emissionshandels emittiert die Wirtschaft zehn Tonnen Kohlendioxid. Im Zuge der Einführung des Emissionshandels wird eine Emissionsobergrenze von sieben Tonnen eingeführt, wobei von den notwendigen Reduktionen in der Höhe  von drei Tonnen die Unternehmen eine Tonne zu Kosten von einem Euro, eine weitere Tonne für fünf Euro und die dritte für zehn Euro beseitigen können. Die Gesamtkosten des Emissionshandels betragen 16 Euro (1 + 5 +10 Euro). Da der Marktpreis der Emissionsrechte den Grenzkosten entspricht, also der teuersten Emissionsminderung,  errechnet sich der Wert der Emissionsrechte aus zehn Euro mal sieben Tonnen Kohlendioxid, also 70 Euro. Diese Summe wird von den Unternehmen so weit wie möglich auf die Preise überwälzt. Kein Wunder das der Emissionshandel von der europäischen Industrie als geringeres Übel einer sonst eher missliebigen Klimaschutzpolitik toleriert wird.

Gegen den Klimawandel konnte mit diesem Instrument dagegen nahezu nichts erreicht werden, da mit der Energiewirtschaft und fünf weiteren Industriebranchen nur ein Teil der europäischen Volkswirtschaft in den Handel einbezogen wurde und Verdrängungseffekte zu einem hohen „Emissionsexport“ durch direkte und indirekte Produktionsverlagerungen führen. Während europäische Unternehmen mit hohem Aufwand Kohlendioxidemissionen reduzieren müssen, bleiben kostengünstigere Vermeidungspotentiale außerhalb Europas ungenutzt. Der europäische Emissionshandel, das Aushängeschild der „Klimavorreiter“ aus Brüssel zeichnet sich vor allem durch drei Eigenschaften aus: Er verursacht Preisvolatilitäten und damit wirtschaftliche Unsicherheit, belastet private Haushalte und kommerzielle Abnehmer mit steigenden Energiekosten zugunsten der Gewinne vieler am Emissionshandel beteiligter Unternehmen und lastet den europäischen Volkswirtschaften unnötige Kosten auf. Viel mehr Fehler kann man bei der Umsetzung einer an sich guten umweltpolitischen Idee kaum machen.

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