Ein harter Knochen, unterwegs im Auftrag des Herrn

Wer heutzutage einen festen Standpunkt hat, fällt auf. Wird dieser Standpunkt auch noch öffentlich vertreten, gibt es Proteste. Beeindruckt das einen wie Kardinal Meisner? Kein Stück!

Veröffentlicht:
von

In Köln findet dieser Tage ein Eucharistischer Kongress statt. Eingeladen dazu hat Kardinal Joachim Meisner, Erzbischof des größten Bistums im Lande. Und eingeladen hat er zur Feier der Heiligen Messe, zu Gebet, Prozession und Meditation. Zu den rund 800 Veranstaltungen werden mehrere Zehntausend Teilnehmer erwartet. Christliche Taubenzüchter, lesbische Mofafahrer/Innen und wackere Streiter mit bunten Luftballons gegen das Bankensystem fehlen im Programmangebot, also all das, was heutzutage die offiziellen katholischen und evangelischen Kirchentage so ungemein bunt erscheinen lässt. Und so haben sich bereits Kritiker zu Wort gemeldet, die über Weihrauch, Volksfrömmigkeit und – am schlimmsten – die vielen "Traditionalisten" meckern.

 

Einer, den all das nicht anficht, ist der Gastgeber. Denn Kardinal Meisner ist auf einer Mission, sozusagen im Auftrag des Herrn unterwegs. Immer wieder sorgt der streitbare Kirchenmann für öffentliches Aufsehen und Proteste, wenn er in unmissverständlicher Deutlichkeit Stellung zu gesellschaftspolitischen Themen nimmt. Ob er unsere Kultur an die Gottesverehrung gebunden wissen will, ob er der CDU empfiehlt, wegen ihrer Haltung zur Abtreibung das "C" aus dem Namen zu streichen, ob er den Atheisten-Vorbeter Richard Dawkins in die Nähe des Nationalsozialismus rückt – der Kölner Kardinal sorgt für Stimmung in der Bude. Und er überrascht immer wieder mal diejenigen, die den gebürtigen Breslauer für einen unbelehrbar erzkonservativen Knochen halten, etwa mit seinen Aussagen zur "Pille danach" im Fall von Vergewaltigungsopfern.

Kardinal Meisner ist umstritten, auch beim katholischen Glaubensvolk. Viele Schäfchen halten ihn bis heute für eine Fehlbesetzung im traditionell liberalen rheinischen Katholizismus, dem der frühere Berliner Bischof kurz vor Weihnachten 1988 von Papst Johannes Paul II. geradezu aufgedrängt wurde. Vielleicht wird die Geschichte einmal anders urteilen. Vielleicht ist dieser Kardinal genau der richtige Mann für eine rheinische und deutsche katholische Kirche, die zunehmend konturlos und deshalb unattraktiv für eine wachsende Zahl von Menschen geworden ist. Klartext reden, einen Standpunkt vertreten, selbst wenn kalter Wind von vorn weht – das ist im politisch korrekten Deutschland derzeit nicht en vogue. Umso wohltuender, wenn sich einer mal nicht darum schert, sondern einfach sagt, was er für richtig hält. "Deine Rede sei ja, ja, nein, nein..." heißt es bei Matthäus. Von Denk- und Sprechverboten steht da nichts.

Beitrag erschien zuvor auf: rp-online.de

 

Für die Inhalte der Blogs und Kolumnen sind die jeweiligen Blogger verantwortlich. Die Beiträge der Blogger und Gastautoren geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Gravatar: Lena Krause

Schöner Spruch von Th. Fontane. Er zeigt, dass Kardinal Meisner zwar auch nicht gegen modische Dummheiten ankommt, es aber immerhin versucht und bei einigen Leuten bestimmt auch Erfolg hat.
Von denen, die gern gedankenlos mitlaufen, wird er natürlich als Stolperstein empfunden und entsprechend beschimpft.

Gravatar: ringelnatter

@Freigeist
Apropos neue Erkenntnisse:
"Gegen eine Dummheit, die gerade in Mode ist, kommt keine Klugheit auf."
(Theodor Fontane)

Gravatar: Freigeist

@Steffi
Ist den das ganze "Gender" Thema überhaupt eine neue Erkenntnis?

Gravatar: Steffi

@Klimax
Meisner hat seit jeher kein Blatt vor den Mund genommen. Mit dem Ruhestand hat das m.E. wenig zu tun.

@Freigeist
Was Sie wahrscheinlich neue Erkenntnisse nennen, sind zum großen Teil Modeerscheinungen und Zeitgeistströmungen. Und diese sind mehr oder weniger Ansichtssache.
So manche "neue Erkenntnis" (siehe Gender Mainstreaming) hat den Menschen mehr Unglück als Fortschritt gebracht.



Ach, gibt es Wahrheiten, die

Gravatar: Altrheinländer

Zu Beginn seiner Amtszeit lehnte ich (Rheinländer) Kardinal Meisner noch ab. Doch heute erkenne ich (an), daß dieser Mann einer der ganz wenigen ist, die Rückgrat und Anstand besitzen - ich muss ja nicht in allem seiner Meinung sein - aber ich kann sie respektieren. Unsere Politiker und andere "Freigeister" sind davon sehr weit, weit entfernt.
Was bitte, ist denn grossartig daran, wenn man seinen Standpunkt flexibel anpasst, heute vielleicht rot, morgen eventuell grün und übermorgen als Synthese möglicherweise sogar braun?
Hampelmänner haben übrigens auch keinen festen Standpunkt...grins

Gravatar: Freigeist

Feste Standpunkte und das Problem des alterns.
Standpunkte können heutzutage schnell veralten.
Dynamik ist angesagt, feste Standpunkte sind ein alter Hut. Der Tsunami der neuen Erkenntnisse und feste Standpunkte passen nicht zusammen.

Gravatar: Klimax

Kardinal Meisner geht mit Ende dieses Jahres in den Ruhestand. Da kann man natürlich leicht "mutig" sein. Dem kann keiner mehr etwas anhaben.

Gravatar: Klartexter

Proteste, dafür sind doch nur die Linken und die Grünen zuständig, wenn denen etwas gegen ihre Ideologie geht. Es sind doch nicht die Konservativen, wozu ich den Kardinal Meisner zähle und auch deswegen schätze. Er ist kein Umfaller und steht für den Erhalt der über die Jahrhunderte gewachsenen Wertegesellschaft und nicht für deren Abschaffung, wofür Grüne und Linke stehen.

Gravatar: Bodo

Genau das gefällt mir an diesem Kardinal: Er hat Rückgrat und lässt sich nicht verbiegen. Solche Leute braucht das Land und nicht Wellenreiter des Zeitgeistes wie der Präses der ev. Kirche.

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang