Ein Gespräch über Freiheit und Demokratie

Neulich hatte ich ein Gespräch mit einem älteren Mann. Es zeigte mir, wie die meisten Deutschen denken.

Veröffentlicht:
von

Vor längerer Zeit berichtete ich auf FreieWelt.net über ein Gespräch mit einem jungen Mann. Er meinte, dass die deutschen Leitmedien frei sind und sich die Zeitungen inhaltlich voneinander unterscheiden. Ich demonstrierte ihm die Gleichschaltung der deutschen Leitmedien anhand der dort auf die gleiche Art und Weise verwendeten Begriffe (siehe „Den Begriffen ihre eigentliche Bedeutung zurückgeben“). Außerdem sagte ich ihm, dass ich seit ca. 15 Jahren keine Mainstream-Zeitungen lese, weil ich schon vorher weiß, also ohne sie gelesen zu haben, was in ihnen steht. Die drei Euro, die diese Zeitungen kosten, gebe ich lieber für einen Kaffee und eine Schokolade oder alternativ für einen Kaffee und ein paar Bananen aus (siehe „Formen des gewaltlosen Widerstands in Deutschland“). Und informieren kann ich mich im Internet. Dort gibt es unabhängige Medien.

Neulich kam ich in einem Café zufällig mit einem älteren Mann ins Gespräch. Irgendwann im Laufe des Gesprächs fingen wir an, über Freiheit und Demokratie in Deutschland zu diskutieren. Er meinte, dass in Deutschland Meinungsfreiheit herrsche. Ich sagte ihm, dass es in Deutschland seit zwei Jahren Zensur im Internet gibt. In den sozialen Medien, auf Facebook, Twitter und Youtube, werden posts und ganze accounts völlig willkürlich oder unter dem absurden Vorwand von „Hate Speech“ gelöscht (siehe „Das Gespenst der Hate Speech“).

Ich argumentierte dann allgemeiner und kam auf die Politische Korrektheit zu sprechen. Sie stellt eine besonders perfide Form der Zensur dar. Es gibt zwar kein Zensuramt wie in kommunistischen Staaten des ehemaligen Ostblocks, das man lokalisieren könnte und das Verbote erteilen und sie überwachen würde, vielmehr handelt es sich bei der Politischen Korrektheit um eine verinnerlichte Zensur; die Menschen haben die Verbote weitgehend verinnerlicht und haben Angst, ihre Meinung zu sagen. Diese Versklavung des Denkens ist meinem Gesprächspartner bis jetzt gar nicht aufgefallen.

Da ich mit Akzent spreche, merkte er, dass ich aus Osteuropa komme, was ich ihm bestätigte. Ich betonte dann gleich, dass in Osteuropa eine viel größere Meinungsfreiheit als in Deutschland herrscht, und zwar aus dem folgenden Grund: In Osteuropa hat sich die Ideolologie der Politischen Korrektheit noch nicht durchgesetzt. Dort können die Menschen – auch in den Medien – noch sagen, was sie denken. Das verblüffte meinen Gesprächspartner.

Abschließend verwies ich noch darauf, dass eine so wichtige Errungenschaft unserer Zivilisation wie die Satire eingeschränkt und allmählich abgeschafft wird, weil man über bestimmte Gruppen nicht mehr lachen darf, sich über sie nicht lustig machen darf. Selbst an den Königshöfen des Mittelalters gab es Hofnarren, die sich über den König und vieles andere mehr lustig machen durften. All das konnte meinen Gesprächspartner nicht richtig überzeugen, aber es gab ihm etwas zu denken.

Dann kamen wir auf das Thema Demokratie zu sprechen. Mein Gesprächspartner behauptete tatsächlich allen Ernstes: „Wir leben in einer Demokratie“. Eigentlich wollte ich darüber lachen, aber ich hielt mich zurück. Ich machte ihn darauf aufmerksam, dass alle wichtigen, alle grundlegenden politischen Entscheidungen in Deutschland demokratisch nicht legitimiert wurden. Die Deutschen konnten über wichtige und grundlegende politische Projekte gar nicht demokratisch abstimmten, z. B. über die Einführung des Euro, den Vertrag von Maastrich, über den Lissabonner Vertrag, das Schengener Abkommen usw. Auch über die Einführung von wichtigen gesellschaftlich-politischen Projekten wie die von Gender Mainstreaming (auch Gleichstellungspolitik genannt) wurde nicht demokratisch abgestimmt. Es gab nicht mal eine Debatte über den Sinn dieses Projekts. Gender Mainstreaming wurde von oben (Top-Down) über die Köpfe der Bürger hinweg flächendeckend eingeführt. Die Deutschen haben auch nicht darüber abgestimmt, ob sie Migration bzw. weitere Migration haben möchten oder nicht. In Ungarn gab es 2016 eine solche Abstimmung. Kein Wunder, Ungarn ist im Gegensatz zu Deutschland ein demokratisches Land.

Mit Anspielung auf Osteuropa betonte mein Gesprächspartner, dass doch in Polen die Demokratie abgebaut wird. Als Beleg dafür nannte er das neue Justizgesetz. Ich hakte nach und fragte ihn, wie das Gesetz genau lautet. Die Frage konnte er mir leider nicht beantworten, weil er kein Polnisch konnte. Er hat nur in deutschen Zeitungen gelesen, dass dem neuen Gesetz zufolge Verfassungsrichter durch politische Parteien bestimmt werden können. Daraufhin machte ich ihn darauf aufmerksam, dass seit Anbeginn der Bundesrepublik Verfassungsrichter von politischen Parteien vorgeschlagen und durchgeboxt werden. Nebenbei bemerkt handelt es sich zum Teil um inkompetente Personen, d. h. Personen, die das Verfassungsrecht nicht studiert bzw. sich mit ihm nicht eingehend beschäftigt haben. Sie wurden nicht aufgrund von Fachkompetenz, sondern aus ideologischen und lobbyistischen Gründen auf diese Positionen gehievt.

All das gefiel meinem Gesprächspartner nicht. Sichtlich verärgert wandte er sich von mir ab, trank seinen Kaffee schnell aus, stand auf und ging. Das Gespräch offenbarte mir, wie die meisten Deutschen ticken: Sie leben in Illusionen.

Literatur: Alexander Ulfig, Wege aus der Beliebigkeit, Baden-Baden 2016.

Für die Inhalte der Blogs und Kolumnen sind die jeweiligen Blogger verantwortlich. Die Beiträge der Blogger und Gastautoren geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Gravatar: Max Moritz

@ Alexander Ulfig 03.05.2019 - 09:21

Was mögen die Gründe für diese Angst vor der Freiheit sein?

Ich denke es geht um eine ganz bestimmte Ausprägung von Freiheit.
Wenn es um Naturwissenschaft, Geisteswissenschaft, Kreativität und Einfallsreichtum geht: Sicherlich nicht, ohne dies hier im Detail begründen zu müssen, denn schließlich ist gedankliche Freiheit dafür eine schiere unabdingbare Voraussetzung.

Ich denke es geht um eine etwas äußerliche Art der Freiheit in der Lebensart, in einer Vorliebe für Ordnung und Struktur, das beißt sich für uns Deutsche mit lockerem, kreativem Chaos in der Welt, in der wir leben und leben wollen.

Man sollte sich hüten, beide inneren Haltungen vorschnell zu bewerten. Wirklich geholfen wäre uns Deutschen, wenn man uns diese German Angst nimmt, das bei äußerem Chaos gleich die Welt als Ganzes zusammen fällt, oder wie bei Asterix: Uns der Himmel auf den Kopf fällt.

Nein, das Leben geht weiter, wie es immer schon weiter gegangen ist und auch wir Deutschen haben es immer wieder vermocht uns aus äußeren Trümmern empor zu heben,
ob innerlich gestärkt und geläutert, das ist nochmal eine ganz andere Frage.
MM

Gravatar: Alexander Ulfig

@a
Ich gebe Ihnen recht. Das ist auch meine Erfahrung: Menschen aus "dem Osten" lieben die Freiheit. Es sind Menschen aus den neuen Bundesländern, Schlesien, Polen, Böhmen, Tschechien, Slowakei, Ungarn und aus den baltischen Ländern. Hingegen habe ich bei den Westdeutschen den Eindruck, dass sie mit Freiheit nichts anfangen können. Sie plappern nach, was die Herrschenden und die Mainstream-Medien, die die Herrschenden unterstützen, sagen. Warum das so ist, kann ich nicht erklären. Ist es die Erfahrung des Kommunismus?

Gravatar: Dichter Tatenlos

Demokratie lebt von kritischen und aufgeklärten Bürgern. Der Autor hat das ausgezeichnet dargestellt. Solche Situationen, wie die oben beschriebenen, das hat wohl jeder in Diskussionen erlebt.

Die neue Wende beginnt beim Denken der Bürger. Ein mühseliger und langer Weg noch. Einiges wurde bereits erreicht. Wir haben die Freien Medien (wie hier!), eine starke Parlamentspartei der Bürger namens AfD sowie eine Menge patriotischer Bewegungen. Von PEGIDA über Ein Prozent bis Kandel, Cottbus und die Identitären. Dazu viele weitere Bürgergruppen und ja, auch innerkirchliche Initiativen nicht zu vergessen (wer im Netz sucht, der wird fündig!).

Das ist doch eine tatsächliche Klimaerwärmung: Rettung des Gesellschaftsklimas - menschgemacht durch Bürgermacht.

Gravatar: germanix

@ Tom der Erste 02.05.2019 - 14:08

Zitat: "...In diesem Falle halten Sie sich bitte raus...."

Besser ist es nicht zu beschreiben - wer sich als Physiker und Philosoph bezeichnet, aber nichts liest und dennoch so kommentiert, hat nichts in diesem Forum verloren!

Gravatar: a

Sie kommen aus Schlesien, wir aus Böhmen. Diese Deutschen haben seit Jahrhunderten mit slawischen Völkern gelebt und deshalb eine Ahnung von Freiheit. Wir sind beide etwa gleich alt und kürzlich nannte mich jemand "älterer Herr". Ihr Gesprächspartner muß sehr alt gewesen sein. Einer, der noch viel älter ist, ist Willy Brandt (105), der 1969 sagte: "Mehr Demokratie wagen" Er sagte Demokratie und meinte Diktatur, denn er kannte seinen Vater nicht. Die Vaterlosen sind starrsinnig und stur, eben Dikatoren. Die meisten Deutschen kennen ihren Vater nicht: "Alles hat so zu geschehen, wie ich es will oder gar nicht" sagen sie, vor allem die Frauen. Ihr "Vater Unser" nach Robert Gernhardt: "Lieber Gott, nimm es hin, daß ich was Besond'res bin ... Preise künftig meinen Namen, denn sonst setzt es etwas. Amen!" Da ist Hopfen und Malz verloren. Wir können trotzdem Botschafter der kleinen Freihet sein. Noch besser als diese ist die Wahrheit. Die führt in die absolute Freiheit. Und dann betet jeder das "Vater Unser"wieder im Originaltext!

Gravatar: Hajo

Ich bin dem Alter nach auch so ein Mann, aber mit umfassender Bildung durch solide Ausbildung und Weiterbildung bis zum heutigen Tage auf nahezu allen Kanälen und anderen Formen der Wissenserweiterung und dem Schreiber des Aufsatzes kann ich in vielen Fällen nur zustimmen, wenn es um die Beurteilung der älteren Klasse geht und dabei spielt das Geschlecht keine Rolle, denn bei nahezu jeder Äußerung von Gleichaltrigen tritt die Uninformiertheit voll zu Tage und das ist nicht nur ein erschreckender Zustand, sondern auch schädlich für die Gesellschaft, die dann mit dem Wahlverhalten der Älteren um ihre Zukunft gebracht wird, von wenigen Ausnahmen abgesehen.

Gravatar: Ekkehardt Fritz Beyer

... „Sie stellt eine besonders perfide Form der Zensur dar. Es gibt zwar kein Zensuramt wie in kommunistischen Staaten des ehemaligen Ostblocks, das man lokalisieren könnte und das Verbote erteilen und sie überwachen würde, vielmehr handelt es sich bei der Politischen Korrektheit um eine verinnerlichte Zensur; die Menschen haben die Verbote weitgehend verinnerlicht und haben Angst, ihre Meinung zu sagen.“ ...

Ist dies nicht auch ein besonderer Grund dafür, dass unser völlig vermerkeltes Deutschland auf der „Rangliste der Pressefreiheit“ immer weiter zurückfällt?
https://netzpolitik.org/2018/rangliste-der-pressefreiheit-deutliche-kritik-an-deutschen-gesetzen/

Allerdings nicht nur das: Unter vielem Anderen wurden schon anno 2008 auch „rechtsstaatliche Defizite im Kartellrecht der Europäischen Gemeinschaft“ festgestellt http://ec.europa.eu/competition/consultations/2008_regulation_1_2003/gleiss_lutz_de.pdf,
die vom Mainstream sicherlich auf keinen Fall publik gemacht werden dürfen!!!

Soll(?) das Recht(?) daher nun - zumindest in der freien(?) Wirtschaft - durch ´private` Schiedsgerichte wieder hergestellt(?) werden???
https://www.tagesspiegel.de/politik/handelsabkommen-ceta-europaeischer-gerichtshof-haelt-schiedsgericht-fuer-rechtens/24271826.html

Gravatar: karlheinz gampe

Die Deutschen werden zunehmend dümmer. Es schwindet der mit steigender Bildung zunehmende kritische Geist.Ich hab einmal mit einer Frau diskuttert, die hat sich die Ohren zugehalten, weil sie keine Argumente hatte und rief ich will das nicht hören ! Ein Schlachtschaf !

Denn nur die aller dümmsten Kälber, wählen ihre Schlächter selber !

Gravatar: Max Moritz

Es tut mir immer gut Ihre Artikel zu lesen, vielen Dank.

Es sind vor allem die Stimmen von Leuten die Deutschland mit dem Blickwinkel von außen betrachten und denen dann so bemerkenswert eigentümliche Sachen an uns Deutschen auffallen.
Das ging mir bisher schon bei Abdel Hamad Samat so, bei Henryk Broder, bei Asserate, diesem Chinesen ("Mein Deutschland", Name gerade vergessen) und bei vielen anderen so.

Da ich selbst 17 Jahre täglicher Grenzgänger über 3 verschiedene EU-Länder war und in weiteren Ländern, inkl. Lareinamerika, gearbeitet habe, kann ich diese merkwürdige, besserwisserische Art vieler Landsleute nur bestätigen. Umgekehrt, versteht man es, sie sich um den Finger zu wickeln, dann lecken sie einem schon fast die Stiefel.

Wir brauchen eine echte wert-konservative Revolution, freiheitsliebend und ökologisch planetar orientiert,
in anderen Worten: zeitlos modern und urdeutsch, urdeutsch deswegen, da wir Deutschen, wie alle eigenständigen Völker und Kulturen, eine Mission auf diesem Planeten zu erfüllen haben..
MM

Gravatar: germanix

@ Dr. Alexander Ulfig

Leider haben Sie Recht - die meisten Deutschen denken so, wie Sie beschrieben haben.

Oder noch besser ausgedrückt - die meisten Deutschen denken erst gar nicht - sie sind der über 70-jährigen Konditionierung und dem immer währendem Schuldkomplex ausgesetzt!
Die Nazikeule wird in den Mainstream-Medien täglich, ja stündlich bedrohlich über die Köpfe geschwungen.

Daher ist ein Entkommen nicht möglich, es sei denn, der Psychiater hebt die Hypnose auf - dazu hat er aber keine Veranlassung!

Die von Ihnen geschilderten Gespräche sind mir sehr gegenwärtig - ich selber habe ähnliche Erfahrungen gemacht!

Bezüglich unserer Demokratie, bin ich der Meinung, dass wir eine Parteien-Diktatur haben!

Die Meinung ist in Deutschland so sehr eingeschränkt, dass der Mitarbeiter gegenüber dem Unternehmen, keine öffentliche Positionierung seiner politischen Gesinnung, kundtun darf. Er/sie muss sofort mit Sanktionen rechnen!

Über 50 der größten Unternehmen in Deutschland werben öffentlich für die Altparteien auf Großplakate jetzt vor der EU-Wahl!

Die Mainstream-Medien trommeln seit Monaten seitenweise um die Gunst der Wähler für die Altparteien!

Die AfD wird als Nazipartei, Populisten- und Rassisten-Partei bezeichnet - wenn überhaupt berichtet wird - kein Wort über Angriffe/Übergriffe, Abfackelungen auf AfD-Abgeordnete, Häuser und Autos!

Der Staat ist eine verkommene, linksfaschistische Parteien-Diktatur - dessen Schöpfer, schöpfen das Volk ab!

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang