Ein Finanzprodukt – Zwei Welten

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Der herrschende Verbraucherschutz ist ziemlich chaotisch. Der völlig überstürtzte Regelungswahn und viele Lobbyeinflüsse haben beim Thema Anlageberatung zu Absurditäten geführt. Empfiehlt eine Bank einen Fonds, dann muss sie einen halben Regenwald an Unterlagen aushändigen, eine aufwändige Beratungsdokumentation erstellen und die MiFid-Dokumentation durchführen. Empfiehlt sie den genau gleichen Fonds im Mantel einer überteuerten Rentenversicherung, dann fallen diese Vorschriften größtenteils weg.

Ich habe mir zwei Angebote kommen lassen. Ich möchte langfristig in den offensiven Dachfonds LBBW BALANCE CR 75 (LU0097712474) investieren und gedenke dies mit 100€ monatlich  bis ins Jahr 2053 zu tun. Ich kann den Fonds direkt kaufen und in mein Depot legen, oder ich kann eine fondsgebundene Rentenversicherung abschließen, die in diesen Fonds investiert. Ich gebe an, dass mit einer Wertentwicklung von 6% p.a. (nach laufenden Kosten auf Fondsebene) gerechnet werden soll.

Im Versicherungsmantel fallen keine Ausgabeaufschläge an. Direkt kostet mich der Fonds 2%. Die Kosten auf Fondsebene sind bereits in der Renditeannahme berücksichtigt und damit in beiden Vehikeln identisch. Mit diesen Annahmen besitze ich mit den direkten Fonds im Jahre 2053 stolze 177.109 EUR. Bei der Versicherungslösung sind es nur 146.415  EUR. Anders als bei den direkten Fonds muss die Versicherung ihre Kosten erst auf aktive Nachfrage offenlegen. Alternativ finde ich sie auch auf Seite 23 von 48 in den Angebotsunterlagen. Ich finde 2.021€, die als Provision in den ersten 5 Jahren an den Vertreter gehen, sowie Verwaltungskosten, die sich bis zum erreichen des Sparziels auf 3.931€ belaufen. Ich habe also knapp 6.000€ Kosten! Addiere ich die Ausgabeaufschläge bei der direkten Variante auf, dann bezahle ich ca. 936€. Möchte ich vorher an mein Geld, dann geht das bei den Fonds kostenlos. Bei der Versicherung kämen Stornokosten auf mich zu.

Egal welchen Durchführungsweg ich wähle, die Chancen und Risiken sind immer die gleichen! Ich habe sogar das selbe Finanzinstrument. Nehme ich allerdings den direkten Fonds, dann hat der Verkäufer enorme beratungstechnische Verpflichtungen. Diese werden vom BaFin penibel überwacht (ist wirklich so!!!). Verstöße werden mit Bußgeldern bestraft. Ist der gleiche Fonds in einer Versicherung versteckt, dann fallen diese Vorschriften weg. Verkäufer von Versicherungen können die gleichen Produkte wie “Banker” verkaufen, allerdings zu anderen Spielregeln. Ich frage mich warum das so ist. Es liegt die Vermutung nahe, dass man voreilig auf “böse Banken” schießt und die lieben Versicherer weiter ihr Süppchen kochen lässt. Ach ja, und den Fondsgesellschaften ist es am Ende des Tages egal, wo der Fonds liegt. Mehr verdienen tut tatsächlich der Versicherungsberater (siehe Berechnung); er muss sich aber nicht an MiFID und die Protokollpflicht halten.

Zum weiterlesen: 1. “Sogenannter 12/62er Steuervorteil geht auch ohne Versicherung” und 2. “So geht Anlageberatung“.

Wichtiger Hinweis: Genannte Finanzinstrumente und andere Wertpapiere gelten nicht als empfohlen. Sie dienen als Beispiel. Der Kauf von Finanzinstrumenten erfordert Angemessenheit, Geeignetheit und eine ausführliche Beratung bzw. den ausdrücklichen Verzicht auf Beratung seitens des Anlegers. Dieser Text stellt keine Beratung dar. Marktpreise können fallen, steigen oder gleich bleiben.

Beitrag erschien auch auf: pinksliberal.wordpress.com

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