Edathy: Pädo-Porno gegen den Aufklärer?

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Eine Verschwörungstheorie für den Parteisoldaten

Eine Verschwörungstheorie wird in diesen Tagen hoffähig. Spekulationen schießen ins Kraut, Sebastian Edathy habe sich durch sein „kritisches“ Engagement im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages mächtige Feinde gemacht. Nun wollten diese ihm schaden, indem sie ihm kinderpornographisches Material unterjubeln und das Ganze an die große Glocke hängen. Selbst die konservative „Welt“ hielt mit und schrieb vor wenigen Tagen: „Nicht völlig abwegig erscheint die Vermutung, dass es nun im Bundeskriminalamt das Interesse gegeben hat, gegen den unbequemen Edathy quasi zurückschlagen zu können.“

Hat sich Sebastian Edathiparambil, wie er sich noch vor wenigen Jahren nannte, wirklich solch einflussreiche Feinde gemacht? Hat er sich mit dem Establishment angelegt? War er unbequem? War er der rigorose Aufklärer? Nein.

Der fesche Herr Edathy erfüllte seit Beginn seines Bundestagsmandats im Herbst 1998 genau das, wofür er „gewählt“ wurde. Mit Blick auf sein Abstimmungsverhalten und auch auf seine Äußerungen bezüglich des NSU erscheint es weitaus naheliegender, dass ihm Geheimdienste einen Präsentkorb mit nettem Dankesbriefchen übergeben, als dass sie ihm zwielichtiges Material unterjubeln würden.

Der Soziologe aus Hannover (Abitur im Jahr 1989, seit 1990 stets mit öffentlich-rechtlich geraubten Geldern gepudert) stimmte im Bundestag stets linientreu. Er sagte brav „Ja“ zu den Militäreinsätzen in Darfur, im Sudan, in Mali, im Libanon, in der Türkei, im Kosovo, in Bosnien und in Afghanistan, denn schließlich habe sich gerade am Hindukusch „trotz aller Rückschläge vieles zum Besseren verändert“. „Ein sofortiger Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan wäre verantwortungslos und würde die Mehrheit der friedliebenden Afghanen wieder der Herrschaft von menschenverachtenden Extremisten ausliefern. Alle bisher erreichten Erfolge stünden damit zur Disposition“, schrieb Edathy im Februar 2010 an einen besorgten Wähler. Doch damit nicht genug. Edathy stimmte auch für die Euro-Rettungspakete, für den ESM, für Steuergelder an Großbanken, für die Vorratsdatenspeicherung und für den digital schnüffelnden Bundestrojaner. Im Jahr 2008 verlautbarte er gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Die SPD will die Möglichkeit zu Online-Durchsuchungen im BKA-Gesetz festschreiben. Wir sollten die Verhandlungen zügig und sorgfältig zum Abschluss bringen. Die Mehrheit der SPD-Bundestagsfraktion wird den Fachpolitikern folgen.“ Selbst als die Diskussion über den Bundestrojaner zu einer „Staatsaffäre“ hochkochte, rückte Edathy nicht vom Schnüffel-Tool ab und ließ sich lediglich auf eine „befristete Aussetzung“ des Vorhabens herunterhandeln.

Auch seitdem am 26. Januar 2012 Edathys Stern heller zu leuchten begann, als er den Vorsitz des NSU-Untersuchungsausschuss im Bundestag übernahm, wich er nie wirklich von der staatstragenden Linie ab. Bei all seiner berechtigten Kritik an der Behinderung der Ausschussarbeit durch die Dienste und auch trotz seines hartnäckigen und erfolgreichen Drängens auf eine Befragung des Führungsbeamten von V-Mann „Corelli“ blieb er bis zuletzt nur ein Gatekeeper, ein Pförtner, der von oben unerwünschte Fragen geschickt umging und aus der Zirkusmanege heraushielt. Das Geheimdienst-Franchise namens NSU blieb auch dank ihm bis heute im Dunkeln. Bezeichnend: Im Mai 2013 fragten ihn die NDR-Journalisten Angelika Henkel und Stefan Schölermann: „Gab es aus ihrer Sicht in irgendeiner Form Unterstützung oder gar eine Kooperation des NSU oder des NSU-Umfelds mit staatlichen Behörden?“ Edathy verneinte konsequent: „Wir haben keine Hinweise dafür, dass es, was schlimm genug ist, sich um mehr gehandelt haben könnte als um eine massive Zusammenballung unglaublicher behördlicher Fehlleistungen. Für ein bewusstes Wegschauen, was das Agieren des Trios betrifft oder gar für eine aktive Unterstützung gibt es keinerlei Indizien.“ Am langen Ende seien Politik, Polizei und Geheimdienste lediglich „blind auf dem rechten Auge“ gewesen. Rechter Extremismus sei unterschätzt worden. Das System habe einmal mehr nur Fehler begangen, die korrigiert werden müssen, die korrigiert werden können – mal wieder. Gegenüber Henkel und Schölermann brachte Edathy seine systemklempnerische Denkweise auf den sprachästhetischen Höhepunkt: „Es spricht etliches dafür, dass die Veranlassung der Aktenvernichtung im Bundesamt für Verfassungsschutz im November 2011 ausgesprochener Dummheit entsprungen ist. Gänzlich ausschließen, dass bewusst Unterlagen vernichtet werden sollten, kann man zwar nicht. Die Wahrscheinlichkeit ist allerdings höher, dass es sich um ein verantwortungsloses Bescheuertsein gehandelt hat. Was allerdings die Frage aufwirft, wie doof man sein kann, um dennoch im Bundesamt für Verfassungsschutz Referatsleiter werden zu können.“ Worte wie gemalt. Naive Kunst. Wirkliche Systemkritik geht anders.

Zwei weitere Punkte sprechen zudem gegen eine Geheimdienstaktion gegen Sebastian Edathy. Zum Einen lässt sein eigenes Verhalten in den vergangenen Monaten kaum Zweifel daran zu, dass das gefundene Material nicht aus seinen geschäftlichen Beziehungen mit den Kinderporno-Händlern von Azov Films stammen könnte. Im November 2013 erkundigte sich der Rechtsanwalt Christian Noll in Edathys Namen bei verschiedenen Staatsanwaltschaften, ob gegen seinen Mandanten ermittelt werde. Zu den möglichen Gründen für die Ermittlungen schrieb Noll: „wegen Kinderpornographie“. Vor drei Monaten schon muss also Sebastian Edathy von Ermittlungen gegen ihn zumindest geahnt haben.

Zum Anderen beruhen die Ermittlungen gegen Sebastian Edathy auf Erkenntnissen kanadischer Strafermittler, die während der „Operation Spade“ im Jahr 2010 unter anderem Daten von 800 deutschen Kunden von Azov Films sowie 45 Terabyte kinderpornographischen Materials sicherstellten. Eine solche Operation können sich deutsche Geheimdienste unmöglich aus den Fingern saugen. Gerade kanadische Behörden werden sich dank ihrer jahrzehntelang gediehenen Verbindungen innerhalb der mächtigen „Five Eyes“-Schnüffel-Allianz kaum von deutschen „Kollegen“ in die Karten sehen lassen. Schließlich sind deutsche Dienste auf internationaler Ebene kein besonders helles Licht. Die deutsche Bundeskanzlerin scheiterte im vergangenen Herbst mit ihrem Begehren, deutsche Geheimdienste an dem Five Eyes-Abkommen zwischen USA, Kanada, Australien, Großbritannien und Neuseeland teilhaben zu lassen, furios. Warum sollten nun gerade deutsche Ermittler kanadische Operationen anzapfen und für ihre Zwecke nutzen können?

Die Verschwörungstheorie pro Sebastian Edathy ist und bleibt eine Räuberpistole.

Viel bedeutsamer erscheinen Spuren, die durch die „Operation Spade“ ans Licht gebracht wurden, in den vergangenen drei Jahren allerdings nicht weiterverfolgt wurden. So wurden allein bis zum Jahr 2010 mehr als ein Dutzend von IP-Adressen innerhalb des Berliner Reichstages dazu benutzt, kinderpornographisches Material herunterzuladen und zu speichern, wie die kanadischen Ermittler nachweisen konnten. Sebastian Edathy meldete seinen Bundestagslaptop am 12. Februar 2014 als gestohlen.

Doch nutzte er die digitale Anbindung des Reichstages ins pädophile Netz ganz alleine?

Beitrag erschien zuerst auf: ef-magazin.de 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Crono

@Wohlfahrt
.... ein Psychoanalytiker und Psychiater, der Spezialist auf diesem Gebiet ist, ... im deutschen Fernsehen ..
~~~
Ja, alles Spezialisten .............., in wessen Dienst?
Im deutschen Fernsehen? Na dann ist wieder ALLLLLLLLLLLES klar.

Gravatar: Klaus Wohlfahrt

Warten Sie auf den Tag, an dem Ihr Nachbar Sie anzeigt, weil Sie immer so viel Kaugummi kauen. Dass lässt schließlich auch darauf schließen, dass da nicht nur Pfefferminz drin ist, sondern verbotene Substanzen (XTC-Kaugummis). Es gibt keinen Erfahrungssatz, wie ihn die Staatsanwaltschaft in Hannover angewendet hat. Darum ist ihr ihr Vorgehen ja bekanntlich auch um die Ohren geflogen und von Juristen jedweder Couleur als dilettantisch bescheinigt worden.

Gravatar: MicroHirn

Nun, da hätte sich das BKA nach Ihrer Auffassung erst bei diesem Spezialisten informieren müssen. Ich denke mal, ich vertraue da eher auf die Erfahrungen der Spezialisten vom BKA.
Überhaupt wird es zu jedem Thema irgendeine (vermutliche) Mindermeinung geben, auf die sich dann das Fernsehen stürzt. Sinn hätte eine solche Feststellung auch nur dann, wenn absolut ausgeschlossen werden könnte, das niemand der 'harmloses' Bildmaterial besitzt nicht auch kriminelles besitzen könnte. Da die Übergänge aber gegeben sind, sehe ich es als richtig an, solchen Verdachtsmomenten auch nachzugehen.

Gravatar: Klaus Wohlfahrt

Bitte keine fahrlässigen Falschbehauptungen,
noch in dieser Woche hat im deutschen Fernsehen ein Psychoanalytiker und Psychiater, der Spezialist auf diesem Gebiet ist, deutlich gemacht, dass er und seine Kollegen wissen, dass eben nicht von dem einen auf das andere geschlossen werden kann.
Das Gegenteil wird durch ständiges Behaupten von Laien nicht richtig.

Gravatar: MicroHirn

Bitte keine Augenwischerei,

wer solches Bildmaterial erwirbt, steht im Verdacht auch härtere Bilder zu besitzen oder darauf umzusteigen. Da müssen wir uns nichts vormachen. Zum Schutz von Kindern ist es richtig, solche Leute unter Verdacht zu stellen. Alles andere wäre naiv und blind.

Gravatar: waldgänger aus Schwaben

Warum ich nichts von diesen Theorien halte:

1) Edathy hätte nie den Besitz "legalen Materials" eingeräumt, wenn er solches nie erworben hätte. Warum auch?

2) Das Unterschieben von Kinderpornos wäre einfacher zu bewerkstelligen.Einfach in das Haus eindringen, ein paar USB-sticks platzieren, Anruf bei der Polizei und er ist überführt.

3) Das Unterschieben via downloads oder Bestellungen und Kreditkartendaten ist fehleranfällig. Was wenn der Betroffene ein Alibi nachweisen kann? Er zum Beispiel zum angeblichen Tatzeitpunkt im Ausland war oder auf einer Wahlkampfveranstaltung.

Er muss beschattet werden, so dass er zu den unter geschobenen Zeiten auch tatsächlich zu hause ist.
Das hätte der BND oder wer auch immer aber schon 2005 lange vor dem NSU-Untersuchungsausschuss tun müssen.

Gravatar: Christian Mayer

Nun waren die 45 Terabyte aller Wahrscheinlichkeit nach aber nach deutschem Recht keine Kinderpornografie, da können Ermittler solange von Kategorie 1 und 2 fabulieren, wie sie wollen. http://www.heise.de/tp/blogs/5/155891 Warum wird diese Lüge also auch hier weiterverbreitet? Die fragwürdigen aber anscheinend nicht überprüfbaren Aussagen auf der Pressekonferenz der kanadischen Polizei gelten nicht als Gegenargument.

Gravatar: reiner tiroch

danke für den tollen bericht!
dieser Edathy ist eine Ratte wie es im Buch steht. ich hoffe von dem, dass er für immer in der Versenkung verschwindet weil wir von solchen politikern mehr als genug haben.

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