Ecce homo und die Millionen

Vom 25. bis 29. Mai 2016 findet in Leipzig der 100. Katholikentag statt. Das Motto lautet: “Seht, da ist der Mensch” (Latein: Ecce homo)

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Leipzig, das ist ein Stadt im Osten der Republik, die einen Anteil von Christen an der Wohnbevölkerung hat, der sich um rund 10 % beläuft. Das Jubiläumstreffen der Katholiken in Deutschland findet, so könnte man es sagen, in der Fremde statt.

Demzufolge muß man sich nicht wundern, wenn die Bürgervertretung der Stadt sich schwer tut, den für einen Katholikentag üblichen kommunalen Zuschuß rauszurücken. Eine Million Euro hat das ZdK beantragt. Irgendwie erscheint es, versetzt man sich mal in die Haut eines von Religion völlig unberührten Mitbürgers, total spooky, wenn die reiche Kirche ankommt und einen Megaevent veranstaltet und dann noch Kohle aus dem Stadtsäckel haben will.

Nicht weniger spooky muß es aber erscheinen, wenn andere Großevents auch mit Millionenbeträgen aus kommunalen Kassen gefördert werden. Der Grund ist recht simpel. Findet in einer Stadt ein Großevent mit einer hohen sechsstelligen oder gar siebenstelligen Besucherzahl statt, dann konsumieren die Besucher in der Stadt. Sie müssen essen, trinken, schlafen, sie kaufen Souvenirs nutzen den Nahverkehr und vieles andere. Durch Einkommensteuer und Gewerbesteuer fließen dann häufig größere Beträge an die Stadt zurück, als sie an Zuschuß gewährt hat. Der Konsum der Massen geniert im Vorfeld Investitionen, und macht, einmal ganz platt gesagt, die Stadt ein bißchen reicher. So ist es – betrachtet man das mit der ideologiebefreiten Brille – eine Win-Win-Situation. Die Veranstalter haben es ein bißchen leichter, die Kosten für die Veranstaltung zu schultern, denn bis der erste Teilnehmerbeitrag eingegangen ist, entstehen schon fast die gesamten Kosten der Veranstaltung. Die Kommune hat den Prestigegewinn, die kostenlose Werbung und zusätzliche Steuereinnahmen. Am Ende lassen ja auch die Veranstalter die Zuschüsse in der Stadt, denn davon werden Hallen und Säle gemietet, Catering bestellt, Mitarbeiter vor Ort bezahlt und was sonst noch anfällt, wenn man einen Großevent vorbereitet.

Schaut man sich an, wer den Protest gegen den kommunalen Zuschuß unterstützt, so wird schnell klar, daß es wenig Sinn hat, mit Vernunftsargumenten gegen zu halten. Die Formel ist ganz einfach: Wenn diese Katholen schon hierher kommen, dann sollen sie auch selber bezahlen. Klare Trennung von Staat und Kirche werden ebenso ins Spiel gebracht, wie die Forderung Mission dürfe nicht staatlich subventioniert sein. Das Argument der hohen Verschuldung der Stadt Leipzig zieht nicht, da wie oben gezeigt, Kommunen von Großevents eher mehr Steuereinnahmen haben als weniger.

Und jetzt hat der Katholikentag ein Problem, ein Imageproblem. Nach dem doch recht erfreulichen Katholikentag in Regensburg kommt nun die kalte Dusche aus Leipzig. Ist der Katholikentag bei vielen Katholiken selber schon nicht sonderlich beliebt, da er oft zu einseitig, zu politisch, zu links, zu liberal und zu wenig fromm daher kommt, bläst ihm jetzt auch noch der kalte Wind aus dem Osten entgegen.

Das sind keine guten Vorzeichen für den Jubiläumskatholikentag.

Ob die Worte von Bischof Heiner Koch da noch ein paar Wogen glätten und vielleicht ein paar Kritiker zu Neugierigen machen können?

“Wenn Pontius Pilatus auf den gefolterten und verspotteten Jesus zeigt und die Worte spricht, die wir für das Leitwort des Katholikentags ausgewählt haben, ‘Seht, da ist der Mensch’, dann zeigt er in diesem Menschen Jesus auf den Menschen schlechthin, der da hängen gelassen wird, draußen vor den Toren der Stadt, ausgegrenzt, am Ende. Aber er zeigt auch auf den Gott, an den wir Christen glauben, einen Gott, der mit den Menschen leidet”, so der Bischof von Dresden-Meißen, Heiner Koch. “Ich möchte alle einladen gleich zu welcher Kirche, Religion oder Weltanschauung sie sich zählen, auf den Menschen zu sehen mit seinem Glück, seiner Sehnsucht, seinem Leid und seinen Sorgen und sich von diesem Menschen herausfordern zu lassen. Jede Sichtweise ist in diesem Sehprozess wichtig. Ihr Blickwinkel auf den Menschen bedeutet uns sehr viel. Gut, wenn wir beim Katholikentag zu Sehleuten werden.”

Es wäre zu hoffen.

Für die Zukunft sollte sich das ZdK wirklich überlegen, ob man noch kommunale Zuschüsse beantragt, denn auch für Münster 2018 sieht es düster aus. Wenn der Katholikentag sich künftig weder bei den Katholiken noch bei der Welt größerer Beliebtheit erfreut, dann könnte man das Konzept vielleicht mal grundsätzlich in Frage stellen. Dies kann besonders mit Blick auf den grandiosen Eucharistischen Kongress in Köln im vergangenen Jahr erfolgen, denn hier zeigte sich ein zukunftsträchtiges Format einer katholischen Zusammenkunft. Durchaus kleiner, das ist keine Frage, doch kleiner muß nicht schwächer heißen.

Beitrag erschien auch auf: katholon.de

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