Ebenezer Scrooge – Ein Wohltäter?

Die Weihnachtsgeschichte einmal anders

Kaum eine Geschichte ist so oft verfilmt worden, wie die Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens. Ebenezer Scrooge wird dort als Inbegriff des Geld hortenden Geizkragens vorgeführt. Erst drei Geister, die ihm in der Nacht erscheinen, überzeugen ihn davon, freigiebig mit seinem Geld umzugehen. Ob dass aber wirklich, wie von Dickens suggeriert, Srooge zu einem größeren Wohltäter macht, bezweifelt der Ökonom Steven Landsburg.

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Als Wohltäter betrachten wir einen Menschen, der auf eigenen Konsum verzichtet, um ihn anderen Menschen zu kommen zu lassen. Ein Egoist, so Landsburg, sei hingegen ein Mensch, der lieber selbst mehr konsumieren will. In diesem Sinne sei ein Geizkragen wie Ebenezer Scrooge nicht nur kein Egoist, sondern sogar ein Wohltäter, zieht man die ökonomischen Folgewirkungen seines Geizes in Betracht.

Schadet Scrooge mit seiner Sparsamkeit den anderen Mitgliedern der Gesellschaft? Im Gegenteil, argumentiert Landsburg, seine Sparsamkeit sorge sogar für mehr Wohlstand. Es gäbe zwei Möglichkeiten, wie der „Geizkragen“ mit dem gesparten Geld verfahren kann. Er kann es gegen Zinsen verleihen oder er kann es horten. Wenn er das Geld an andere verleiht, erhöht er damit das Angebot an Kapital. Das größere Angebot von Kapital senkt den Zinssatz, den die Kreditnehmer entrichten müssen. Damit schaffen die Sparer und ganz besonders die „Geizhälse“ die Grundlage für mehr Investitionen und einen größeren Güterangebot, was zu sinkenden Preisen führt. Gerade die Armen können sich nun Güter leisten, deren Preis für sie zuvor unerschwinglich war.

Selbst aber, wenn Scrooge sein Vermögen in seinem Haus hortet, hat das denselben Effekt als würde er den Menschen das Geld direkt geben. Würde er das Geld direkt verschenken, könnten die Beschenkten mit dem Geld mehr Güter kaufen. Wenn Scrooge das Geld spart, profitierten hingegen alle davon, denn er verringert damit die Geldmenge. Weniger Geld kommt jetzt auf eine gleichbleibende Menge von Gütern, damit erhöht sich die Kaufkraft der übrigen Geldbesitzer und wer bis dahin über geringere Mittel verfügte, kann sich mit den vorhandenen Mitteln nun mehr leisten. Genau umgekehrt verläuft dieser Prozess, wenn der Geizhals Scrooge nach seiner nächtlichen (und traumatischen) Erfahrung mit den Weihnachtsgeistern plötzlich sein Verhalten radikal verändert und die Spendierhosen anzieht. Mit seiner zusätzlichen Nachfrage erhöht er die Knappheit der vorhandenen Güter und damit den Preis. Würde der reiche Ebeneza ganz unvermittelt, wie in der Weihnachtsgeschichte dargestellt, seinen gehorteten Reichtum ausgeben, würden die Preise rapide anziehen und viele von Ebenezers weniger begüterten Mitbürgern könnten sich ihren Weihnachtsbraten nicht mehr leisten.

Landsburg stellt Dickens Urteil damit auf den Kopf. Die drei Weihnachtsgeister machen aus einem grantigen aber ungewollt wohltätigen Sparer einen freundlichen, aber verschwenderischen Konsumenten. Vielleicht sollte sich einmal ein Drehbuchautor daran setzen, um die Geschichte auf eine andere Weise zu erzählen. Einem verschwenderischen Lebemann begegnen in der Nacht drei Geister und zeigen ihm seine wenig erfreuliche Zukunft, darauf hin wird aus ihm ein hart arbeitender, sparsamer Zeitgenosse. Dieser Version würde nicht nur von solideren ökonomischen Vorstellungen ausgehen, sondern auch eine Moral vermitteln, die angesichts der hohen öffentlichen und privaten Verschuldung von großer Aktualität ist.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Stefan

Zu Dicken´s Zeit und in der heutigen Zeit kann man selbiges beobachten: Scrooge wird nicht nur als Geschäftsmann, sondern ob seines absonderlichen Reichtums als Inhaber eines Kartells beschrieben. Gleichzeitig sind ihm gesellschaftliche und menschliche Normen relativ egal, er setzt selbst an Heiligabend Waisenkinder in den Schnee und in die Kälte. Beides zusammen, Kartell und das einnehmen von noch mehr Geld, dass er den ärmsten aufgrund seiner Monopolstellung noch wegnimmt, sind das kennzeichnende, dass man auch in der heutigen Zeit oft wiederfindet. Nicht umsonst ist Herr Ackermann Träger eines Donaldistenpreises. Allerdings wünsche ich den heutigen Scrooge´s nicht mehr die Geister auf den Hals, sondern ich warte immer noch, das unser Staat funktioniert und das Kartellamt bei ihm eintrifft. Obwohl... die Geister wären auch nicht schlecht.

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