Dual Fluid Reaktor fachlich begutachtet

Es hagelte Kritik, als das Konzept des Dual Fluid Reaktors (DFR) des Teams vom Institut für Festköperkernphysik (IFK) durch den Greentec-Skandal einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde.

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Es hagelte Kritik, als das Konzept des Dual Fluid Reaktors (DFR) des Teams vom Institut für Festköperkernphysik (IFK) durch den Greentec-Skandal einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde. Interessanterweise schlugen damals nicht nur die Ökologisten wild um sich. Es waren vor allem Befürworter der Kernenergie, die glaubten, der Idee eines Flüssigsalzreaktors fachlich entgegentreten zu müssen. Ich habe das aus zwei Gründen nicht verstanden. Erstens ist ein Streit darüber, welches Reaktorkonzept für die Zukunft nun das bessere ist, angesichts der momentanen Situation in Deutschland wenig sinnvoll. Alle, die noch immer für Kernenergie eintreten, sollten ihre Kräfte doch bündeln, statt sich in unnützen Scharmützeln aufzureiben. Zweitens waren die fachlichen Einwände aus meiner Sicht unbegründet.

Was auch die Fachgutachter des Journals “Annals of Nuclear Energy” nun bestätigen. Denn bei dieser Zeitschrift hat das IFK einen umfassenden Artikel über den DFR zur Veröffentlichung eingereicht, der ein intensives Peer Review durchlaufen hat (von der Einreichung am 23.07.2014 bis zur endgültigen Akzeptanz am 12.02.2015). Alle wesentlichen Elemente des Konzeptes werden in dem Artikel angesprochen, auch die Fragen nach der Verarbeitung der flüssigen Salze während des Betriebes (Abtrennen der kurzlebigen Spaltprodukte) und nach den erforderlichen Materialien (Korrosionsfestigkeit). Offensichtlich hat man für die Fachgutachter befriedigende Antworten gegeben. Das IFK zitiert diese auf seiner Facebook-Seite wie folgt:

Erster Gutachter

“…the idea of DFR is generally interesting and quite pioneering, DFR system, if finally developed and realized, can solve several drawbacks of existing and intended reactor systems with solid fuels.”

Zweiter Gutachter

“This paper presents an innovative and interesting reactor concept, and its publication should be pursued.”

Und schreibt weiter:

Natürlich wurden auch im Rahmen des Begutachtungsprozesses viele Fragen aufgeworfen, die wir aber zufriedenstellend beantworten konnten, denn das Paper wurde am Ende ohne konzeptionelle Änderungen veröffentlicht. Wir werden diese Diskussion aufbereiten und auf unserer Webseite demnächst veröffentlichen.

Man kann nun den Dual Fluid Reaktor als fachlich positiv evaluiertes Reaktorkonzept ansehen. Die Debatte über seine grundsätzliche technische Machbarkeit ist aus meiner Sicht entschieden. Fragen nach der Finanzierung der weiteren Entwicklung und vor allem nach den politischen Rahmenbedingungen in Deutschland sind anderer Natur – und liegen eben leider nicht mehr im Bereich der Physik.

Hier geht es zum Paper, der Abstract lautet wie folgt:

 

Abstract

The Dual Fluid Reactor, DFR, is a novel concept of a fast heterogeneous nuclear reactor. Its key feature is the employment of two separate liquid cycles, one for fuel and one for the coolant. As opposed to other liquid-fuel concepts like the Molten-Salt Fast Reactor (MSFR), both cycles in the DFR can be separately optimized for their respective purpose, leading to advantageous consequences: A very high power density resulting in remarkable cost savings, and a highly negative temperature feedback coefficient, enabling a self-regulation without any control rods or mechanical parts in the core.

In the current reference design the fuel liquid is an undiluted actinide trichloride based on isotope-purified Cl-37, circulating at an operating temperature of 1000 °C. It can be processed on-line in a small internal processing unit utilizing fractional distillation or electro refining. Medical radioisotopes like Mo-99/Tc-99m are by-products and can be provided right away. In a more advanced design, an actinide metal alloy melt with an appropriately low solidus temperature is also possible which enables a reduction of the core size and allows a further increase in the operating temperature due to its high heat conductivity.

For the reference design, pure Lead as coolant is the best choice. It yields a very hard neutron spectrum, fostering a very good neutron economy and therefore making the DFR a preferred thorium breeder but also a very effective waste incinerator and transmuter. With its high coolant temperature the DFR achieves the same ambitions as the Generation IV concept of the very high temperature reactor (VHTR), with all its advantages like electricity production with high efficiency and the synthesis of carbon-free fuels, but with overall production costs competitive with today’s refined oil.

The specific combination of the liquids in the very high temperature regime requires structural materials withstanding corrosive attacks. Because of the small size of the reactor core the utilization of these expensive materials would have no significant impact on the overall energy (and also economic) efficiency, measured by the EROI (Energy Return on Investment), which is more than 20 times higher than for a light-water reactor (LWR).

The DFR inherits the positive properties of the lead-cooled reactor (LFR) and of the MSFR, especially its outstanding passive safety Features.

 

Leider verbirgt sich die vollständige Veröffentlichung hinter einer Paywall. Aber unter diesem Link findet sich eine frei verfügbare, inhaltsgleiche Fassung, die nur nicht so perfekt formatiert ist wie der Originalartikel.

DFR-Optionen

 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Gerhard Roos

Ein etwas irreführender Titel, hier wurde eine Veröffentlichung begutachtet (reviewed) und nicht etwa das Reaktorkonzept!

Gravatar: Carsten merkler

Über die Wirtschaftlichkeit brauchen wir uns doch garnicht zu unterhalten, wenn man damit keinen Gewinn machen kann, wer sollte es dann bauen wollen? Viele weitere positive Aspekte garnicht angesprochen. Es gibt nur 2 rationale fragen , was bleibt wirklich alles Atommüll? Möglicherweise wird dieser zu heute gar reduziert ... Und wie sicher sind sie wirklich? Alles andere klärt der Kapitalismus ...

Gravatar: Michael Görz

@Herr Stemmer:
Die im Jahr gelieferte Energie liegt in D in etwa bei 1000 kWh/kWp, je nach Bedingungen meist zwischen 900 und 1100. 365 Tage x 24 Stunden sind 8760 Stunden pro Jahr. Teilen wir nun die angenommenen 1000kWh durch ein Jahr ergibt sich ein "Wirkungsgrad" n von etwa 0,114. Teilen wir Ihren Mittelwert von 50 Cent pro kWp durch n erhalten wir kalkulatorische Entstehungkosten der Anlagen. Wir vergleichen 4,38 € pro kW (PV) im Vergleich zu 1 € pro kW (Nuklear), sofern der Reaktor durchgängig betrieben wird.

Gravatar: Andrew Dodson

This is THE most superior design of liquid fueled reactors.

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Gravatar: Freigeist

Warum wird das Konzept nicht in Japan oder China realisiert?

Gravatar: Michael Ziefle

dass, dieser Reaktor Hand und Fuss hat, habe ich mir eigentlich gleich gedacht. Er basiert ja auf einem Forschungsprojekt eines Flüssigsalsreaktors aus den 60iger Jahren dem EBR II, der nur aus politisch-wirtschaftlichen Gesichtspunkten eingestellt wurde. Fuktioniert hat er auf jeden Fall. Kann man bei Wikipedia nachlesen, am besten natürlich bei der english Wiki. Der DFR ist sozusagen die verfeinerte weiterentwickelte Ausgabe. Aber das nützt uns leider in Dummdeutschland nichts mehr, da ja hier das "Böse" Atom bekämpft werden muss.

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