Drohende Staatspleiten: Am Puls der Märkte

DAX und DowJones eignen sich schon lange nicht mehr als Stressindikatoren. Wer den echten Pulsschlag der Märkte sucht, schaut auf Anleihenrenditen. Droht die Pleite, dann klettern sie nach oben. Dieser Tage scheinen sich die Märkte auf mindestens 2 Staatsbankrotte einzustellen.

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Ukraine: Seitdem die proamerikanischen Separatisten gegen die russischsprechende Bevölkerung im Krieg sind, stiegen die Anleihenrenditen gnadenlos an. Eine Um- oder Neuverschuldung wäre bei diesem Niveau kaum möglich. Staatsanleihen der Ukraine zeigen ein typisches “Junk-Bond-Muster”: Die kurzlaufenden Kredite haben eine höhere Rendite als die langlaufenden Kredite, weil der Markt denkt, es ginge der Ukraine in 5 Jahren besser, wie heute. Die im Herbst 2015 fälligen Bonds bringen über 140%, wenn sie bedient werden. Wer bis 2022 warten kann,  verdient beim aktuellen Kurs ca. 22% pro Jahr. Damit ist ein zirka 50%iger Schuldenschnitt ist eingepreist. Vor Herbst 2015 sind keine größeren Anleihen fällig; es bleibt also noch Hoffnung.

Sehr heiß wird es in Venezuela. Wer heute die am 16.03.2015 fällige Anleihe kauft und Glück hat, verdient 57,54% p.a., doch die Chancen stehen nicht wirklich gut. Auch hier preist der Markt den Default ein. Auch zehnjährige Venezuela-Bonds rentieren weit über 30% p.a., was die Sache wieder spannend macht. Das Problem der Staaten sind nicht nur die hohen Zinszahlungen sondern die fehlende Refinanzierbarkeit. Kein Staat will und kann 10, 20, 30 oder 50 Prozent Zins auf neue Schulden bezahlen. Auch die im Dezember fälligen Anleihen von Ecuador bringen bis dahin 10,46%, was wirklich viel wäre. Panama hat eine Fälligkeit im März 2015 und wird sie bedient dann kommen Käufer (von heute) auf 16,46%.

Auch abseits von Südamerika sind die Renditen für Staatsanleihen gestiegen. Die im August 2015 und 2018 fälligen Anleihen von Weißrussland bringen, sofern es nicht zum Ausfall kommt, weit über 20% pro Jahr. Nach heutiger Lage sehen wir hier schon mal den nächsten Krisenkandidat. Eine Staatspleite wird oft durch innere Unruhen und radikale Wahlergebnisse begleitet. Auf dieser Welt gibt es einige Kandidaten mit Renditen über 10%: Russland, Weißrussland, Griechenland, Ukraine, Venezuela, Argentinien, Ecuador, und Panama. Danach kommen Länder wie Ghana, Nigeria oder Pakistan, deren Anleihen kurz davor sind, auch in diese Richtung zu gehen. Info: Die BRD bezahlt für 10 jährige Schulden aktuell ca. 0,39% pro Jahr.

Wie viele Pleiten die Welt ertragen kann und welche Doministeine dabei fallen, kann ich nicht abschließend beurteilen. Doch es gibt auch Chancen: Geht es den Ländern, z.B, bei anziehendem Öl-Preis besser, dann ergeben sich nun günstige Einstiegsmöglichkeiten. Kurzfristig wird es ziemlich ruckelig, aber mittel- bis langfristig bleibt der Markt attraktiv. Das größte Risiko ist und bleibt die Geopolitik, denn sie ist unberechenbar. Das Risiko dieser Schrottanleihen dürfte das von beispielsweise Aktien bei weitem übertreffen. Denken wir an die Lehman-Pleite: Kann die Welt auch mehrere Staatspleiten überstehen? …Ja, sie kann und der Erdball wird sich danach munter weiter drehen.

Datenquelle: Börse Stuttgart “Anleihen Finder”

Beitrag erschien auch auf: pinksliberal.wordpress.com

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: MAX

Diese Anleihen sind etwas für Zocker , die mit einem Totalverlust
leben können.
Der Normalverdiener ist wohl mit deutschen Anleihen besser beraten , auch wenn die Zinsen fast Null sind.
Welches Risiko man eingeht muss jeder selbst entscheiden.

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