Dröhnendes Schweigen

Die Erwartungen an De Mazière in der Drohnen-Affäre werden von Tag zu Tag größer. Um am 5. Juni noch überzeugen zu können, muss er vollkommen glaubwürdige Erklärungen parat haben.

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Das Schweigen der Drohnen. Wie aus dem blauen Himmel summen sie unbemannt und unbefraut durch die Lüfte. Ihr Auftrag: Beobachten, kontrollieren und touchieren. Nicht kollidieren. Doch die Drohnen haben sich mit dröhnendem Schweigen verflogen. Einer leidet besonders darunter. Er wird nun selbst fixiert, steht unter ständiger Beobachtung, wird kontrolliert und ist auf Kollisionskurs gegangen. Der König der Drohnen ist touchiert. Für Thomas de Maizière ist das bedrohliche Schweigen seiner Drohnenpolitik mehr als belastend, vielleicht sogar politisch tödlich.

Das lange Schweigen des Ministers lastet, auch auf ihm selbst. Erst am 5. Juni kann oder mag er zum Drohnendebakel ausführlich Stellung nehmen. Bis dahin aber wird sein Schweigen weiter dröhnend anschwellen, jeden Tag mehr. Der Prototyp des geräuschlosen Managers der Macht erlebt im Angesicht des lauten Klamauks um seine Drohnen die eigene Ohnmacht. In der selbstverordneten Stille dröhnt es immer bedrohlicher. Journalistische Spekulanten, politische Trittbrettfahrer und professionelle Opponenten füllen das akustische Vakuum. Der Minister habe sein Haus und seinen Apparat nicht im Griff. Vielleicht werde die Spitze des Hauses schon lange und gezielt sabotiert. Vielleicht habe sich der Apparat partiell verselbständigt und schaffe sich eigene Machtzentren. Irgendwelche Chargen mit eigenen Interessen, vielleicht sogar im Verbund mit der Rüstungsindustrie. Unter dem Mantel des Schweigens blühen Phantasien und pilzen Verdächtigungen.

Das ministerielle Krisenmanagement macht sprachlos

Verließen de Maizière nicht schon seine politischen Instinkte, als er vor Wochen seinen Schutzbefohlenen, den deutschen Soldaten in der Türkei, öffentlich vorwarf, sie gierten nach Anerkennung und sollten sich nicht so wehleidig gebärden? War er nicht bereits im Jahr 2009 hausintern über das sich anbahnende Desaster der Drohnen informiert und in Alarm versetzt worden? Warum war seine Anweisung aus dem Januar 2013, dem Bundesrechnungshof alle Unterlagen zu dem Drohnendeal zur Verfügung zu stellen, von der Ministerialbürokratie nicht befolgt worden? Gibt es im Ministerium keine „Fehlerkultur“ mit einem Fehlerbewusstsein und dem einsichtigen Übergang in den Korrekturmodus, wie dies der Vorsitzende des deutschen Bundeswehrverbandes Ulrich Kirsch argwöhnt?

Was gibt es noch zusammenzutragen und aufzuklären, dass dies mehr als 10 Tage kostbare Zeit beansprucht, bevor der Minister sich zu den Vorgängen äußern mag? Müssten nicht nach jahrelanger Beschäftigung mit dem Projekt alle Fakten und Akten griffbereit und allzeit aufbereitet zum Rapport der nach Gesetz und Recht und bestem Wissen und Gewissen akribisch arbeitenden Beamten vorliegen?

Das ministerielle Krisenmanagement macht sprachlos. Auch die politischen Kombattanten. Die de Maizièresche Paralyse widerspricht eklatant allen Regeln der Krisenkommunikation und versetzt sein Umfeld in Schockstarre. Der Minister pokert hoch. Er weiß nur zu gut, dass er am 5. Juni vollkommen überzeugende Erklärungen und eine glaubwürdige Performance liefern muss, wenn er diese Affäre politisch überleben und daraus mit neuem Vertrauen versehen hervorgehen will. Seinerzeit hatte Innenminister Rudolf Seiters (CDU) im Juni 1993 für das nicht unmittelbar aufklärbare Chaos bei der Verhaftung der RAF-Terroristen Wolfgang Grams und Birgit Hogefeld durch die seinem Haus unterstellte GSG 9 am Bahnhof in Bad Kleinen die politische Verantwortung übernommen und damit Maßstäbe gesetzt.

In Zeiten aber, wo die Politik beabsichtigt, den Bürger mit immer neuen Belastungen in Haft und mit einer rigiden Besteuerung in die Pflicht zu nehmen, gerät der Umgang des Politbetriebs mit dem Geld der Bürger zunehmend ins Visier. Wer bereitwillig die Steuerfahndung losschickt und Steuerhinterziehung anprangert, der muss auch im eigenen Beritt dafür sorgen, dass Steuerverschwendung stringent Einhalt geboten wird. Ein legerer Umgang mit Steuermitteln, die den Bürgern zuvor gleich vom Gehalt einbehalten oder als Mehrwertsteuer auch den Familien an der Supermarktkasse abgeknöpft werden, verträgt sich nicht mit einer schon im Vorwahlkampf zuweilen hysterisch reklamierten Steuermoral. 

De Mazière muss positiv überraschen

Die Leute sehen auch ein „Sümmchen“ von 500 Millionen Euro schon lange nicht mehr als Petitesse an, auch wenn für die Banken- und Schuldnerländerrettung in Europa längst mit weit höheren Summen hantiert wird.

Es wird hohe Zeit, dass der Umgang des Staates und seiner beamteten oder politischen Repräsentanten mit dem Steuergeld der Bürger auch strafrechtlich nachvollziehbar sanktioniert wird. Die bestehenden Regeln lassen auch ausgewachsene Papiertiger nicht mal von dröhnenden Drohnen mit den Augen des Gesetzes blinzeln oder gar die Krallen des Rechts ausfahren.

Verteidigungsminister de Maizière hat es jetzt in der Hand, positiv zu überraschen. Sonst droht nicht nur den Drohnen, dass ihnen die Stunde schlägt.

 

Beitrag erschien zuvor auf: TheEuropean.de.

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