Doppeltes Unheil über Europa: Der Triumph der Ideologie über die Vernunft

Aber die im Dunkeln sieht man nicht, heißt es in der Moritat von Mackie Messer.

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Viele, sehr viele Europäer sind voll Zorn auf die Politiker, jene im eigenen Land wie jene in EU-Funktionen, weil sie durch Opportunismus und Feigheit die an sich so großartige Idee eines europäischen Miteinanders kaputt gemacht haben. Der Zorn ist zwar voll berechtigt. Noch viel legitimer wäre er aber, würde er sich auch auf eine ganz andere Berufsgruppe richten, die weitgehend im Dunkeln agiert, die aber noch viel mehr für das Unheil über Europa verantwortlich ist. Diese Gruppe zündet gerade jetzt die Lunte, die nicht nur die EU endgültig in die Luft sprengen, sondern auch viele jener Länder mitreißen wird, die sich noch an EU-Regeln halten (mit nachträglicher Ergänzung).

Es geht um die Juristen, genauer gesagt: um die Europarechtler, die am EU-Gerichtshof tätigen Menschen, und auch um viele nationale Verfassungsjuristen. Sie agieren als juristische Dschihadisten. Fanatisch, weltfremd, theoretischen Utopien hingegeben, voll Verachtung auf die gewöhnlichen Menschen Europas herabblickend, die die Folgen ihrer Entscheidungen auszubaden haben, mit denen sie sich selbst als Gutmenschen zu profilieren versuchen. Sie lesen zu diesem Zweck aus Verträgen und Gesetzen Dinge heraus, die dort ursprünglich gar nicht drinnen waren, sondern erst durch ihre eigene Judikatur hineingekommen sind.

Sie sind die leibhaftige Verkörperung des schlimmen Prinzips: „Fiat iustitia et pereat mundus“. Es müsse blind dem Wortlaut der Gesetze entsprochen werden, selbst wenn dadurch die Welt untergeht. Im konkreten Fall sind es „nur“ die Länder Europas, die da untergehen werden, und als Nebenopfer Vernunft, Recht und Ordnung in Europa.

Das Fass der Empörung – das sich schon seit etlichen Jahren gefüllt hat – hat nun der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof zum Überlaufen gebracht. Gewiss, das ist noch nicht der Gerichtshof. Dieser könnte sich auch über die „Empfehlungen“ des Generalanwalts hinwegsetzen. Er tut es aber fast nie. Dennoch wollen wir hoffen bis zuletzt.

Aber wenn man weiß, dass beispielsweise aus Österreich die radikallinke Ex-SPÖ-Politikerin Maria Berger im EuGH sitzt, dann scheint ziemlich sicher, dass dieser auch diesmal dem Generalanwalt folgen wird (Der Fall Berger zeigt übrigens, dass die Politik schon in hohem Ausmaß mitschuldig ist auch am Zustand des EuGH. Hat doch die österreichische Koalition mit Berger jemanden ohne jegliche gerichtliche Erfahrung, sondern mit einer reinen Parteikarriere dorthin entsandt. Aber auch in etlichen anderen Ländern ist es nicht besser).

Konkret: Der Generalanwalt hat in einem Präzedenzfall verlangt, dass Europa Menschen die Einreise nicht verwehren dürfe, in deren Heimat Folter, erniedrigende oder unmenschliche Behandlung drohen. So jemand soll dem Generalanwalt zufolge überall in der Welt bei jeder Botschaft jedes EU-Landes Asyl und Einreise in die EU bekommen. Auch wenn er sich in einem an sich sicheren Land befindet. (Im konkreten Fall geht es um einen christlichen Syrer, der im Libanon bei der belgischen Botschaft das EU-Asyl verlangt hat – der aber aus der vor kurzem weitgehend vom „Islamischen Staat“ befreiten Stadt Aleppo kommt.)

Die Konsequenzen eines solchen Urteils wären absolut katastrophal. Sie würden mit absoluter Sicherheit das Ende der EU bedeuten. Damit wäre der Triumph einer Le Pen in Frankreich oder der Grillo-Bewegung in Italien, die nichts wie raus aus der EU wollen, wohl in Stein  gemeißelt. Es gibt keine europäische Nation, deren Bürger in ihrer Mehrheit die Konsequenzen eines solchen Urteils wollen.

Denn das, was der Generalanwalt verlangt, bedeutet im Klartext, dass mindestens die halbe Menschheit Anspruch, Rechtsanspruch auf Asylgewährung in der EU haben wird. Findet doch im Großteil der Länder dieser Erde Folter statt, werden doch vielerorts Menschen erniedrigend behandelt. Man braucht sich nur die diversen Berichte diverser Regierungen und Organisationen über die Lage der Menschenrechte in allen Ländern der Welt durchzulesen. Fast wundert man sich, dass es überhaupt noch Länder gibt, wo solches nicht stattfindet.

Und der EuGH ist da noch viel radikaler. Hat er doch schon die Zustände in den EU-Mitgliedsländern(!) Italien, Griechenland und Ungarn für so arg befunden, dass dorthin keine illegalen Migranten zurückgeschickt werden dürfen. Dabei gibt es dort eindeutig keine staatsorganisierte Folter wie fast im ganzen Rest der Welt.

Ja, die Welt ist schlecht – auch wenn sie in der gesamten Geschichte noch viel schlechter gewesen ist als in den letzten Jahrzehnten. Wenn aber linksradikal-zivilisationshassende und christlich-weltfremde Menschen glauben, dass Europa die ganze Welt von ihrer Schlechtigkeit heilen kann – während selbst alte Einwanderungsländer wie Australien oder die USA die Tore immer weiter zumachen und auch Kanada nur sehr selektiv Migranten aufnimmt – dann können sie nur eines erreichen: dass auch in Europa die Zustände so schlecht werden wie im Rest der Welt.

Gratulation.

Das ist eine historische Leistung – aber nur eine logische Fortsetzung der bisherigen EU-Politik und -Judikatur. Diese beiden ignorieren seit Jahren auch noch ein zweites uraltes rechtspolitisches Prinzip: "Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.“ Was auch immer du tust, tu es weise und bedenke die Folgen. Das ist überhaupt eine der klügsten Sentenzen, die über jedem Gericht und jedem Ministerium prangen sollte (vorausgesetzt, dort würde noch irgendjemand klassische Sprachen verstehen und könnte die in zweieinhalb Jahrtausenden in ihnen angesammelten Weisheiten begreifen).

Die EU-Juristen haben weder klug gehandelt, noch haben sie die Folgen ihres Handelns bedacht. Sie haben sich vielmehr daran begeilt, was sie alles durch juristische Argumentations-Salti an Ansprüchen aus ein paar lesebuchfrommen Grundsatzsprüchen in der EU-Grundrechtscharta ableiten können. In ihrer Begeisterung über sich selbst sind ihnen die langfristigen Folgen ihrer Überinterpretationen völlig wurscht gewesen. Sie haben – um auch die mildeste Interpretation anzuführen – zumindest nie begriffen, welche dramatischen generellen Folgen ein im Einzelfall ja oft so harmlos menschenfreundlich ausschauendes Urteil hat. Aber wer in einem Höchstgericht sitzt – als Richter oder Generalanwalt –, sollte eigentlich immer wissen, wie sehr jede Einzelfallentscheidung darüber hinaus allgemeine Bedeutung hat. Oft viel mehr als ein neues, demokratisch beschlossenes Gesetz.

Lediglich die schlauen Briten haben bis zuletzt ein Mitmachen bei einer solchen Grundrechtscharta abgelehnt. Alle anderen Staaten hingegen haben im Herdentrieb zugestimmt. Um nur ja schön in der Horde der Gutmenschen bleiben zu dürfen.

Es ist nicht nur die Völkerwanderung, bei der die EU-Richter und -Juristen schwere Schuld auf sich geladen haben. Sie haben das auch zahllose Male rund um Euro- und Schuldenpolitik gemacht, die sich fast ebenso letal für die EU auswirken wird wie die Völkerwanderung.

Bei diesem Thema hat der EuGH juristisch freilich genau das Gegenteil getan: Bei der Völkerwanderung hat er die Grundrechtscharta absurd überinterpretiert. Bei der Schuldenfrage hat er hingegen eindeutige Rechtsbestimmungen ignoriert.

An der Spitze der ignorierten EU-Regeln steht dabei das ausdrückliche No-Bailout, also das Verbot, dass ver- oder überschuldete EU-Staaten von anderen oder der EU gerettet würden. Diese eindeutige Regel hat der EuGH beiseitegeschoben. Er hat dabei einzig im Interesse der Schuldenstaaten gehandelt.

Ebenso hat er in übler Mittäterschaft mit der EU-Kommission bei den zahllosen Verletzungen der Maastricht-Kriterien gehandelt. Diese limitieren eigentlich Staatsverschuldung und Defizite ganz streng. Darauf hat Deutschland in den 90er Jahren ausdrücklich bestanden, sonst hätte es dem Euro nicht zugestimmt.

Dennoch sind beide Regeln zahllose Male konsequenzenlos verletzt worden, pikanterweise auch durch Deutschland. Das aber hat dazu geführt, dass immer weniger Euro-Staaten eine vernünftige und nachhaltige Wirtschaftspolitik betreiben. Statt dessen haben die Schuldnerstaaten (Italien und Frankreich an der Spitze) die Zentralbank in eine hemmungslos – nicht mehr nur in Milliarden-, sondern auch schon in Billionen-Dimension – Geld druckende und wertlose Staatsanleihen aufkaufende Agentur des Raubes an allen Sparern und an der Zukunft der europäischen Jugend verwandelt.

Die europäischen Richter haben zweimal nicht wiedergutzumachendes Unheil über Europa gebracht. Sie haben Ideologie beziehungsweise nationale Interessen über Vernunft und Zukunftsverantwortung gesetzt. Sie haben noch schwerere Schuld auf sich geladen als Angela Merkel & Co.

Wobei das allerdings absolut nichts an der Schuld Merkels reduziert. Nur ist es ungerecht, wenn ständig von ihrer Schuld geredet wird, aber nie von jener der Richter.

Nachträgliche Ergänzung: Was besonders ernüchternd ist: Viele der extrem problematischen Justizernennungen sind nicht nur unter VP-Ministern, sondern auch unter Schwarzblau, bzw. dem freiheitlichen Minister Böhmdorfer erfolgt, etwa in der Staatsanwaltschaft oder beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Muttis Liebling

Ich bitte Sie, die gesetzlichen Grundlagen - insbesondere der so genannte Vertrag von Lissabon nebst so genannten Erläuterungen - sind weder demokratisch legitimiert noch demokratisch legitimierend.

https://www.youtube.com/watch?v=aakqpOO3NpE#t=12s

http://menschundrecht.de/blog%20rot%20forum%20rot%20memory%20rot%20truth%20rot.pdf#3

Die Bundeskanzlerin selbst hat die Funktion schon vor elf und zwölf Jahren mit einigen wenigen, dürren Worten in aller Öffentlichkeit erklärt, und die Deutschen waren begeistert.

https://www.youtube.com/watch?v=oHQc3tltKkU

Folgerichtig gibt es WissenschaftlerInnen, die meines Erachtens sehr zu Recht die Instanzen hoher und höchster 'europäischer' Justiz für die gefährlichste
Instanz unseres Lebens halten, für so etwas wie einen 'Wächterrat', der mit Gerechtigkeit, mit demokratischer Legitimation und mit Rechtsprechung überhaupt nichts zu tun hat.

https://www.youtube.com/watch?v=BtInXIHfxeM#t=28m40s

Gravatar: Gast

@ Werner N. 16.02.2017 - 13:39

Es ist keine Unterstellung, sondern Tatsache, daß Sie ein verkürztes Zitat des Art. 122 AEUV brachten und darauf Ihre Argumentation aufbauten.
Der vollständige Wortlaut der Vorschrift bietet wahrlich keine Rechtfertigung der fortwährenden Brüche des Art. 125 AEUV. Das versteht jeder, der lesen kann.

Und mir unterliefen auch keine Denkfehler, da es keine Frage des Denkens ist, ob EU-Kommission und/oder ein anderes „dem Projekt“ zur Loyalität verpflichtetes Organ des politischen Konstrukts EU, der EuGH, abseitige, dem Wortlaut absolut entgegenstehende Interpretationen des Art. 122 AEUV erfinden. Denn: hinsichtlich jenes –jede lautere Methodik der Rechtswissenschaft und des gesunden Menschenverstandes mißachtenden- Vorgehens geht es schlicht um die bloße Wahrnehmung der Wirklichkeit. Die EU-Organe und - wie wir wissen könnten, nicht nur sie – brechen Regeln und Recht. Täglich. Da muß ich nichts mehr denken; das liegt offen auf der Hand.

Daß dabei weder Sie noch ich eine Rolle spielen, haben Sie zutreffend erkannt. So ist das, wenn zunächst das Recht und dann –nach meiner Kenntnis immer übrigens im bisherigen Verlauf der Geschichte- die Freiheit von politischen Herrschern vernichtet wird.

Hätten Sie mit Ihrem Ausgangskommentar nicht für die Gefahr der Verwirrung von Lesern gesorgt, hätte ich womöglich etwas zum Artikel selbst angemerkt oder mich gar nicht zu Wort gemeldet. Sie haben mir dazu jedenfalls nichts vorzuschreiben.

Aber wenn wir schon dabei sind: Dr. Unterberger hat doch im Ergebnis recht. Wo irrt er denn? Ich fand seine auf die EU-Juristen abzielende Kritik verkürzt. Ich hätte sie auf das gesamte System bezogen, in welchem Juristen –wir kennen das auch aus Veröffentlichungen von Sebastian Haffner zur einzig noch täglich ins Bewußtsein der Untertanen gehämmerter Phase der deutschen Geschichte, die unter national-sozialistischer Herrschaft stand- willfährige Helfer geben. (Vorsorgliche Anmerkung in Zeiten des betreuten kollektivistischen Denkens: das war ein Vergleich und keine Gleichsetzung! Ich vergleiche auch Äpfel und Birnen und halte sie dann nicht für Dasselbe, sondern erkenne so die Unterschiede.) Die Akteure sind Politiker. Da wären wohl weit mehr Fragen zu stellen als hier beantwortet werden könnten.
Und damit ist unser Dialog an dieser Stelle beendet. Die Leser mögen sich ihr eigenes Bild machen.

Gravatar: Werner N.

@ Gast, 16.02.2017
Was soll dieses Verwirrspiel jetzt? Ihre Unterstellung, »Wikipedia« oder ich hätten den Art. 122, Abs.(2) nicht richtig zitiert, stellte sich nun durch den von Ihnen wiedergegebenen Originaltext als falsch heraus. Aus völlig richtigem Zitieren „Unredlichkeit“ zu folgern, ist auch nicht korrekt. Es unterlaufen Ihnen jedoch weitere Denkfehler: Es kommt nicht auf Ihre oder meine Interpretation des Vertragstextes an, sondern auf die der EU–Kommission und schließlich des EUGH. Wie die „Rettungsschirme“ in Milliarden Euro zeigten, legten beide die Formulierung „außergewöhnliche Ereignisse“ usw. eben anders aus. Es wäre „redlicher“ und sachdienlicher, die Schwächen des Artikels von Herrn Dr. A. Unterberger in diesem Punkt auszubessern.

Gravatar: Miguel David

Sehr geehrter Herr Unterberger,
Ihr Artikel bestätigt die These der Libertären: Die Gewaltenteilung existiert nicht sondern muss als Gewaltenverschmelzung bezeichnet werden.Das Ganze argumentative Brimborium um die sogenannte Gewaltenteilung ist immer im Juristischen eine Schauinterpretation an den Fakten völlig vorbei zur Aufrechterhaltung einer schwachsinnigen Kulisse um den Bürgern vorzugaukeln das Alles bestens geregelt ist in der besten aller Welten,der Demokratie.

Gravatar: Gast

@ Werner N. 15.02.2017 - 15:05

In Art 125 Abs. 1 AEUV steht:

„Die Union haftet nicht für die Verbindlichkeiten der Zentralregierungen, der regionalen oder
lokalen Gebietskörperschaften oder anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, sonstiger Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentlicher Unternehmen von Mitgliedstaaten und tritt nicht für derartige Verbindlichkeiten ein; dies gilt unbeschadet der gegenseitigen finanziellen Garantien für die gemeinsame Durchführung eines bestimmten Vorhabens. Ein Mitgliedstaat haftet nicht für die Verbindlichkeiten der Zentralregierungen, der regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften oder anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, sonstiger Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentlicher Unternehmen eines anderen Mitgliedstaats und tritt nicht für derartige Verbindlichkeiten ein; dies gilt unbeschadet der gegenseitigen finanziellen Garantien für die gemeinsame Durchführung eines bestimmten Vorhabens.“

Wenn Sie –oder Wikipedia- meinen, bei der in Art 125 AEUV geregelten Haftung seien „Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Ereignissen, die sich“ der „Kontrolle“ der Mitgliedstaaten „ entziehen“ angesprochen, von denen in Art 122 AEUV ja ausschließlich die Rede ist, will ich Ihnen Ihre –aus Wikipedia übernommene?- Deutung nicht nehmen: Staatsverschuldung als Naturkatastrophe oder als von den politischen Akteuren nicht beeinflußbar zu sehen, ist doch ein wirklich toller Gedanke. Gratulation dazu!

Mein Textverständnis läßt eine solche Dehnung des Inhalts des Art. 122 AEUV jedoch nicht zu. Würde ein Gericht Ihrer Wiki-Sicht folgen, spräche ich von Rechtsbeugung.
Nach meinem Kenntnisstand hat sich das BVerfG noch nicht auf das dünne Eis des Art 122 AEUV zur Begründung seiner sonderlichen Entscheidungen zum ESM, den OMT, etc gewagt. (Sollte ich irren, bitte ich um Hinweis auf die einschlägige Entscheidung jenes Gerichts.)

Ich benötige für das Verstehen der beiden Vorschriften –Art 125, Art 122 AEUV- auch keinen Fachmann, keinen Experten. Ich pflege noch selbst zu denken, Bücher und Quellen zu lesen, eigene Schußfolgerungen zu ziehen. Obschon selbst das inzwischen politisch inkorrekt ist, werde ich daran festhalten; nein, gerade deshalb!

Gravatar: Werner N.

@Gast, 14.02.2017:
Von mir wurde zunächst nur auf den von Fachleuten – wie auch im Artikel – gewöhnlich ignorierten Art. 122 AEU-Vertrag hingewiesen, der die „No-Bail-out“-Formel unterläuft – wie die spätere Praxis dann auch zeigte. Als Quelle nannte ich »Wikipedia« und danach gab mein Teilzitat die Kernpunkte richtig wieder. Im vollständigen Wikipedia–Text sind die von mir gebrachten Sätze ebenfalls in Anführungszeichen gesetzt. Zu Ihrem gesamten Gesetzestext kann ich nur weitgehende und wörtliche Übereinstimmung erkennen [s. Abs. (2)]. Der vollständige Wikipedia–Absatz zu meinem Zitat lautet:

»Deshalb beschlossen die Staats- und Regierungschefs die Anwendung von Art. 122 Abs. 2 AEU-Vertrag, dem zufolge einem Mitgliedstaat, der „aufgrund von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Ereignissen, die sich seiner Kontrolle entziehen, von Schwierigkeiten betroffen oder von gravierenden Schwierigkeiten ernstlich bedroht ist, [...]“ unter bestimmten Bedingungen finanzieller Beistand der Union gewährt werden kann.« (»Wikipedia« >Nichtbeistandsklausel<).

Das EUGH–Urteil von 2010 beruhte auf vorhandenem, sicher zweifelhaftem Recht. Der „No-Bail-out"–Paragraf wurde also nicht erst hier „beiseite geschoben“, sondern schon zuvor durch den Art. 122 AEU. Darauf und die spätere „völkerrechtliche“ Erweiterung durch den »ESM« sollte hingewiesen werden. Den EUGH halte ich für eine Attrappe, die den EU–Kommissions- oder Ratsbeschlüssen nur noch einen quasi–juridischen Anstrich geben soll. Dessen Präambeln sagen das verkappt auch so.

Gravatar: Mino Cair

Es gibt genau drei Möglichkeiten, rasch ziemlich reich zu werden: Handel mit Waffen, Handel mit Menschen, Handel mit Drogen. Der Menschenhandel wurde durch die deutsche Regierung im September 2015 legalisiert, weil sich weitere Geschäftsfelder daran anschließen. Die Entscheidungsträger sind entweder naive Stümper oder kalte Verbrecher, wer weiß?

Gravatar: karlheinz gampe

Selbst Grundrechte werden außer Kraft gesetzt, wenn Politiker (Merkel und Co) dies wünschen ! Z. Bpsp. Grundrecht auf Eigentum !

Nun kann die BRD jedem seiner Bürger sein Eigentum abnehmen. mit dem Hinweis die Belange der BRD würden dies erfordern. Eine kriminelle Mischpoke allenthalben :

Gravatar: Gast

Zu @Werner N. 14.02.2017 - 18:21

Was Sie in Anführungszeichen setzten (“die von gravierenden Schwierigkeiten ernstlich bedroht sind (…) finanzieller Beistand der EU gewährt werden“), muß der Leser als Zitat werten. Das aber ist noch nicht einmal bezüglich des von Ihnen mittels Anführungszeichen als Zitat verkauften Auszugs richtig.

Da mir an Redlichkeit gelegen ist, stelle ich den gesamten Wortlaut des von Ihnen bemühten Art 122 AEUV nachstehend ein. Dann kann sich jeder Leser ein Urteil über Ihren Beitrag bilden:

„Artikel 122 (ex-Artikel 100 EGV)

(1) Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission unbeschadet der sonstigen in den Verträgen vorgesehenen Verfahren im Geiste der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten über die der Wirtschaftslage angemessenen Maßnahmen beschließen, insbesondere falls gravierende Schwierigkeiten in der Versorgung mit bestimmten Waren, vor allem im Energiebereich, auftreten.

(2) Ist ein Mitgliedstaat aufgrund von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Ereignissen, die sich seiner Kontrolle entziehen, von Schwierigkeiten betroffen oder von gravierenden Schwierigkeiten ernstlich bedroht, so kann der Rat auf Vorschlag der Kommission beschließen, dem betreffenden Mitgliedstaat unter bestimmten Bedingungen einen finanziellen Beistand der Union zu gewähren. Der Präsident des Rates unterrichtet das Europäische Parlament über den Beschluss.“

Quelle: http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=OJ:C:2016:202:FULL&from=DE

Und vom EuGH erwarten Sie Rechtsprechung?
So, so.

Das ist Anlaß genug, die Leser an dieser Stelle daran zu erinnern, daß es neben dem AEUV (VERTRAG ÜBER DIE ARBEITSWEISE DER EUROPÄISCHEN UNION) auch noch den EUV (VERTRAG ÜBER DIE EUROPÄISCHE UNION) gibt. Daraus zitiere ich zu den „BESTIMMUNGEN ÜBER DIE ORGANE“ (Quelle wie oben angegeben):

„Artikel 13 [EUV]
(1) Die Union verfügt über einen institutionellen Rahmen, der zum Zweck hat, ihren Werten Geltung zu verschaffen, ihre Ziele zu verfolgen, ihren Interessen, denen ihrer Bürgerinnen und Bürger und denen der Mitgliedstaaten zu dienen sowie die Kohärenz, Effizienz und Kontinuität ihrer Politik und ihrer Maßnahmen sicherzustellen.
Die Organe der Union sind
— das Europäische Parlament,
— der Europäische Rat,
— der Rat,
— die Europäische Kommission (im Folgenden "Kommission"),
— der Gerichtshof der Europäischen Union,
— die Europäische Zentralbank,
— der Rechnungshof.

(2) Jedes Organ handelt nach Maßgabe der ihm in den Verträgen zugewiesenen Befugnisse nach den Verfahren, Bedingungen und Zielen, die in den Verträgen festgelegt sind. Die Organe arbeiten loyal zusammen.

(3) Die Bestimmungen über die Europäische Zentralbank und den Rechnungshof sowie die detaillierten Bestimmungen über die übrigen Organe sind im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union enthalten.

(4) Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission werden von einem Wirtschafts- und Sozialausschuss sowie einem Ausschuss der Regionen unterstützt, die beratende Aufgaben wahrnehmen.“


Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) ist demnach eines der Organe der EU (Nein, das ist nicht EUROPA, sondern das Konstrukt eines politischen Projekts). Und dieses Organ, das als Gericht getarnt auftritt, ist –so ganz unzweideutig in Art 13 Abs. 2 S. 2 EUV bestimmt- zur loyalen Zusammenarbeit mit den anderen Organen verpflichtet.

Allein das hätte zu Zeiten, zu denen die staatlich betriebene Unbildung noch nicht so weit vorangeschritten war wie sie es heute ist, womöglich Aufstände provoziert.

Heute delektiert sich jeder hergelaufene Supranationalkollektivist an solchen Vorschriften und jubelt –noch ein wenig verhalten- darüber, daß die Untertanen ihr neues und noch schweres als das bisherige Joch -den supranationalen-Zentralstaat mit staatlich überwachten Schwundgeld- in dem ihnen anerzogenen Irrtum auch noch nicht sehenden Auges herbei wählen.

Und auch das sei noch gesagt: weder sind alle Staaten des Kontinents Europa Mitglieder der EU, noch sind alle in der EU gefangenen Staaten Mitglieder der Euro-Zone.

Daß Befürworter des supranationalen Zentralismus, Kollektivismus und Interventionismus diesbezüglich ungern differenzieren, ist nicht verwunderlich. Mit offenem Blatt spielen sie längst nicht mehr; wenn sie es denn jemals taten.

Gravatar: Hans Meier

Herr Unterberger, ich „glaube nicht daran“, dass nur Ideologie, das Hauptmotiv dafür ist, ungeheure „Geschäftsvolumina“ für rechtens zu interpretieren, bzw. richterlich gut zu heißen.
Obwohl sie doch ganz klar gegen gesetztes Recht verstoßen, um zig Milliarden am Flüchtigen-Schleusen verdienen zu können.

Rein technisch ist die Küstenüberwachung akribisch überschaubar und es findet absichtlich keine Aktivität des Grenz-Schutz statt.

Logischer Schluss, da sind so viele Gierige und die mischen zu ihrem finanziellem Vorteil mit.

Nach meiner Erfahrung, geht es um einen Anteil am Reibach, die angebliche Notwendigkeit, die Ideale… etc. sind Blendwerk, um nicht den Karriere-Fuzzi durchscheinen zu lassen, der sich nur mit „mehr, selbst bedient“!
Politiker und Juristen die mit „Menschlichkeit“ argumentieren sind Slalomfahrer und Provision-Jäger.

Gravatar: Werner N.

Zitat: ..“An der Spitze der ignorierten EU-Regeln steht dabei das ausdrückliche No-Bailout, also das Verbot, dass ver- oder überschuldete EU-Staaten von anderen oder der EU gerettet würden. Diese eindeutige Regel hat der EuGH beiseitegeschoben“..

Das stimmt so nur teilweise. Der Maastricht-Vertrag (1992) wurde durch den heute gültigen Lissabon–Vertrag (2009) abgelöst. In diesen übernahm man zwar die „No Bailout“–Klausel fast wörtlich, ergänzte sie aber durch den Art. 122 AEU–Vertrag. Danach kann Staaten, ..“die von gravierenden Schwierigkeiten ernstlich bedroht sind (…) finanzieller Beistand der EU gewährt werden“.. Die Nichtbeistands–Klausel würde nur die „AUTOMATISCHE“ Haftung, nicht die „FREIWILLIGE“ Übernahme von Bürgschaften verbieten. Dieser Zusatz–Paragraf kam auf Druck der schon damals klammen Südstaaten zustande, die mit Verweigerung ihrer Unterschrift drohten. Ursprünglich wollten sie, dass der „No Bailout“–Passus völlig entfällt. (Wikipedia). Der EuGH hat diese „freiwillige“ Finanzhilfe 2010 als rechtens bekräftigt. Ohne den ominösen Art.122 wäre der „ESM“ (Europäischer Stabilitätsmechanismus / 2012) nicht möglich gewesen. Mit dem „ESM“ als völkerrechtlichem Vertrag wurden u.A, „Bürgschaften“ in „Zahlschaften“ umgewandelt. Da im EU–Rat Nehmer- wie Geberländer 1 Stimme haben, sind letzte erpressbar.

Die EU–Staaten handelten also bei den „Rettungsschirmen“ nicht rechtswidrig. Vielmehr ist der Lissabon–Vertrag eine „windige“ Sache. Jeder normale Geschäftsvertrag würde derart als „sittenwidrig“ gelten. Den übrigen Ausführungen des Aufsatzes ist zuzustimmen.

Gravatar: Otto nagel

Ein vernichtender Beitrag ! Dem ist nichts mehr hinzuzufügen ! Danke, lieber A.U. !

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