Doppeltagebuch 1989/2009- 5. Oktober

Massenverhaftungen in Magdeburg. Auf einer Demonstration mit 800 Teilnehmern für Reisefreiheit und Reformen werden 250 Teilnehmer verhaftet. Massenverhaftungen in

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Dresden. Obwohl die Demonstration im Gegensatz zum Vortag äußerst friedlich verläuft, gehen die tausenden Sicherheitskräfte, die in der Stadt zusammengezogen worden sind, mit Gewalt gegen die Demonstranten vor. Die umliegenden Gefängnisse sind längst überfüllt. An den neu eingerichteten „Zuführungspunkten“, Sammelstellen für die Verhafteten, herrschen chaotische Zustände, die immer wieder zu Gewaltausbrüchen gegen die Gefangenen führen. Verhaftungen in Plauen. Hier hat der Superintendent Küttler, der offen das „Neue Forum“ unterstützt, ein Friedensgebet in der Markuskirche angesetzt.

Sofort nach Bekanntgabe des Termins wird Küttler vom Oberbürgermeister der Stadt aufgefordert, diese „Provokation“ zu unterlassen. Am Nachmittag wird die Kirche weiträumig abgesperrt. Abends werden viele, die sich am Gebet beteiligen wollen, schon auf dem Weg dorthin verhaftet. Trotzdem sind zu Beginn des Gebetes 2000 Menschen an der Kirche versammelt. Draußen stehen Hunderte, die drinnen keinen Platz mehr finden. Die Andacht muss wiederholt werden. In Leipzig bereiten sich die Behörden auf neue Demonstrationen vor und versuchen, Druck auf die Kirchenleitung auszuüben, auf weitere Friedensgebete zu verzichten. Die Kirchenvertreter weisen dieses Ansinnen zurück. Beunruhigt registrieren die Zeitungsleser Berichte über das enge, freundschaftliche Verhältnis zu China, wo im Juni die Reformbewegung blutig niedergeschlagen wurde. Man befürchtet eine „chinesische Lösung“, die, wie man heute weiß, von Honecker und seinen Getreuen auch ins Auge gefasst wurde.

In Berlin wird die US- Botschaft von Volkspolizisten hermetisch abgeriegelt, wie es vorher schon mit der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland gemacht wurde. Hier haben potentielle Botschaftsbesetzter keine Chance mehr, durchzukommen.
In Prag dagegen sind schon wieder 3000 Flüchtlinge in der Botschaft. Da der visafreie Reiseverkehr abgeschafft ist, haben viele heimlich die Grenze überquert.
Das „Neue Deutschland“ berichtet über die Inbetriebnahme neuer Produktionsanlagen. Außerdem kündigt es den Besuch von Michael Gorbatschow für den nächsten Tag an. Der sowjetische Partei-, und Staatschef will an den Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der DDR teilnehmen.

So wie vor zwanzig Jahren Kirchenleute unter Druck gesetzt wurden, weil sie nicht den Willen der SED vollziehen wollten, wird heute der Thüringische SPD-Chef Matschie von der SED-Linken unter Druck gesetzt, weil er gewagt hat, den langen Marsch der SED zurück an die Macht nicht willfährig zu unterstützen. Nach alter SED-Manier, ihre Gegner, oder die ihr Unbequemen für nicht zurechnungsfähig zu erklären, verkündet der neu gewählte Fraktionschef der Linken im Bundestag Gysi , Matschie „ticke nicht richtig“. Die unterschwellige Hetze und die Hasstiraden im Internet sind bereits zur materiellen Gewalt gegen Matschie geworden, der schon die erste Morddrohung hinnehmen musste. Er bekommt zwar Personenschutz, aber der Aufstand der Anständigen bleibt bisher aus. Dabei kann man durchaus einen inhaltlichen Zusammenhang zwischen Gysis Äußerung, der linken Hetze im Internet und der Morddrohung sehen.

Dieser Beitrag erschien ursprünglich am 5. Oktober 2009 auf der "Achse des Guten"

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