Die Zeitenwende fand im Jahr 2000 statt

Schon häufiger habe ich mich mit dem verzerrten Weltbild der OECD befasst, insbesondere nachdem Ende Februar 2014 die Meldung durch die staatstragende Presse gegangen war, dass OECD-Chefökonom Pier Carlo Padoan „Vorboten des Beginns einer neuen Niedrigwachstums-Ära“ ausgemacht habe, also eine Zeitenwende.

Veröffentlicht:
von

In meiner monatlich erscheinenden Publikation Krisensicher Investieren habe ich meinen Lesern gezeigt, dass Padoans Ursachenanalyse einer kritischen Überprüfung aller drei von ihm aufgeführten Punkte nicht standhält.

Das ist nicht verwunderlich, denn er folgt offenbar streng seinem neokeynesianischen Weltbild, in dem die negativen Folgen unseriöser Geld- und Staatsschuldenpolitik nicht vorkommen. Von diesem Aberglauben lässt er sich auch durch offensichtliche Tatsachen, die in krassem Widerspruch zu seinen Behauptungen stehen, nicht abbringen. Dabei versteigt er sich zu ähnlich abstrusen Aussagen wie Janet Yellen, deren realitätsfremden Ausführungen ich schon einige Male besprochen und widerlegt habe.

Blindheit und Ignoranz fördern die Karriere von staatsnahen Ökonomen

Während Yellen die offensichtliche Überbewertung der Aktienmärkte oder die Exzesse an den Kreditmärkten nicht erkennen kann, sieht Padoan in vielen Ländern eine Haushaltskonsolidierung, die es in der Realität überhaupt nicht gibt. Schließlich hat die Staatsverschuldung in den vergangenen Jahren weltweit deutlich zugenommen, in China, Japan, den USA und natürlich auch in der Eurozone.

Der neokeynesianische Glaube scheint beiden – Padoan ebenso wie Yellen – nicht nur die Sinne zu vernebeln, sondern sie regelrecht mit Blindheit zu schlagen. Wie anders ließe es sich erklären, dass Padoan Haushaltskonsolidierungen zu sehen glaubt, wo wir Normalsterblichen nur eine nicht enden wollende Zunahme der Staatsverschuldung erkennen können? Die Grafik zeigt Ihnen den Verlauf der Staatsverschuldung seit 2007 beispielhaft für die USA und die Eurozone, die zusammengenommen mehr als die Hälfte des Welt-BIP produzieren.

Staatsverschuldung der Eurozone und der USA in % des BIP, 2007 bis 2013

staatsverschuldung_eurozone

OECD-Chefökonom Padoan sieht Haushaltskonsolidierungen, wo sich uns Normalsterblichen nur eine drastische Zunahme der Staatsverschuldung zeigt. Quelle: EZB

Können Sie hier eine Konsolidierung erkennen? Wenn ja, dann haben Sie beste Voraussetzungen, um im Dunstkreis der Politikberatung, der Zentralbanken oder der überstaatlichen Bürokratien á la OECD, IWF oder Weltbank Karriere zu machen.

Schwaches Wirtschaftswachstum seit 2000

Die oben genannte Zeitenwende, deren Vorboten Padoan jetzt zu erkennen glaubt, hat übrigens längst stattgefunden, und zwar im Jahr 2000. In unserem 2003 erschienenen Buch „Das Greenspan Dossier. Alan und seine Jünger: Bilanz einer Ära. Wie die US-Notenbank das Weltwährungssystem gefährdet“ sind wir bereits vor gut 10 Jahren zu dem Ergebnis gekommen, dass mit dem Platzen der Aktienblase eine Zeitenwende begonnen hat – und nicht erst jetzt, wie man bei der OECD zu glauben scheint. Was damals noch den Charakter einer viel belächelten Prognose hatte, lässt sich inzwischen problemlos belegen. Der Chart zeigt Ihnen das Wirtschaftswachstum der Weltwirtschaftslokomotive USA seit 1950.

US-BIP, 1950 bis 2013

US-BIP

Die realwirtschaftliche Zeitenwende begann mit dem Platzen der Aktienblase im Jahr 2000. Quelle: GMO

Hier lassen sich per Regressionsanalyse drei klar unterscheidbare Phasen erkennen:

Von 1950 bis 1980 – eigentlich sogar von 1880 bis 1980 – betrug das Wirtschaftswachstum im Durchschnitt stattliche 3,3% pro Jahr. Das war die Zeit, in der die USA gleichsam aus dem Nichts zur stärksten Wirtschaftsnation der Erde aufstiegen.

Es folgten die hochgelobten und teilweise regelrecht verklärten 80er und 90er Jahre. Die 80er waren geprägt von einem professionellen Schauspieler-Präsidenten, der zum mächtigsten Mann der Welt aufstieg, der Wasser predigte und Wein trank, indem er die Staatsschuldenorgie begann, die bis zum heutigen Tage anhält. Die 90er beherrschte ein Präsident, der eher als Laienschauspieler gelten kann und ahnungslos der größten Aktienblase aller Zeiten ihren Lauf ließ, während er sich anderweitigen Vergnügungen hingab. Wilde und von Euphorie geprägte Zeiten, gewiss. Aber ihr Ruf war besser als die Realität.

Wie Sie auf der Grafik erkennen können, wuchs die Wirtschaft in diesen zwei Dekaden nur noch um 2,8%. Dann begann im Jahr 2000 die Epoche der geplatzten Spekulationsblasen. Eröffnet wurde sie mit dem Platzen der Aktienblase, gefolgt von einer gewaltigen Immobilienblase, die von einer Echoblase an den Aktienmärkten flankiert wurde. Jetzt steht das Platzen der Mutter aller Blasen, der Staatsschulden- oder Anleihenblase bevor, die ebenfalls von einer Aktienblase flankiert wird. Bisher beläuft sich das US-Wirtschaftswachstum seit dem Jahr 2000 auf sehr bescheidene 1,4% per annum. Die demnächst beginnende Rezession wird wahrscheinlich heftig ausfallen. Dann wird sich dieser Durchschnittswert sogar noch weiter verringern. Über die beiden Präsidenten dieser Ära hülle ich das für sie schmeichelhafte Tuch des Schweigens. Wenden wir uns stattdessen lieber der Frage nach den Ursachen des schwachen Wirtschaftswachstums zu.

Gelddruckexzesse sind die Ursache des schwachen Wirtschaftswachstums

Die Österreichische Schule der Ökonomie gibt eine einfache und überzeugende Antwort: Gelddrucken schwächt die Leistungskraft der Wirtschaft. Gelddrucken und künstlich niedrig gehaltene, also nicht marktgerechte Zinsen, führen zu Kapitalfehlallokation, das heißt zu Fehlinvestitionen. Je länger dieser Prozess anhält und je stärker er ist, desto verzerrter und schwächer wird die Wirtschaftsstruktur und damit auch das Wachstum, das durch sie – und nur durch sie – erzeugt werden kann.

Wir leben nun einmal in einer Welt knapper Ressourcen. Wohlstand entsteht ausschließlich, indem diese knappen Ressourcen einer sinnvollen Verwendung zugeführt werden. Geld spielt in diesem Prozess die sehr wichtige Rolle eines Tauschmittels – mehr nicht! Es vereinfacht lediglich den Tausch von Leistungen und Produkten, es erschafft sie nicht.

Deshalb kann frisch gedrucktes Geld auch keinen Wohlstand erzeugen und kein echtes Wirtschaftswachstum bewirken. Es kann nur dazu führen, dass die Empfänger des neu kreierten Geldes, hinter dem keine Leistung und kein Produkt steht, dieses Geld in ein Produkt tauschen können, das ein anderes Wirtschaftssubjekt zuvor aus knappen Ressourcen produziert haben muss. In diesem Fall haben wir es also mit einem Tausch von Nichts gegen ein reales Produkt zu tun, das heißt mit einem Wort: Betrug.

Dieser Beitrag enthält Auszüge aus der Mai-Ausgabe von Claus Vogts Börsenbrief KRISENSICHER INVESTIEREN, den er seit November 2013 gemeinsam mit Roland Leuschel schreibt. Hier verfolgt der ausgewiesene Börsenkenner mit spitzer Feder das Marktgeschehen und unterstützt seine Leser mit fundierten Anlageempfehlungen.

Fordern Sie Claus Vogts und Roland Leuschels Börsenbrief KRISENSICHER INVESTIEREN jetzt 30 Tage kostenlos zum Test an

 

Für die Inhalte der Blogs und Kolumnen sind die jeweiligen Blogger verantwortlich. Die Beiträge der Blogger und Gastautoren geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Keine Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang