Die Zeit der Grünen ist vorbei

Die Piraten sprechen junge Menschen an

Veröffentlicht:
von

 

Die Wahl in Berlin stellt eine historische Zäsur dar. Die Piraten sind mit neun Prozent ins Berliner Abgeordnetenhaus eingezogen. Zwar konnten die Grünen ihr Wahlergebnis im Vergleich zur Vorwahl von 13 auf 18 Prozent verbessern, doch die Berliner Wahl zeigt, dass sich immer mehr junge Menschen von ihnen abwenden. Insgesamt wechselten von den Grünen zu den Piraten 16.000 Wähler – die größte Abwanderungsgruppe bei den Grünen.

Die Grünen standen jahrzehntelang für alles Neue, Fortschrittliche, Progressive, für alles Schicke und Postmoderne. Doch sie gehören inzwischen zum Establishment und sprechen immer weniger junge Menschen an. Die Piraten haben die jahrzehntelange Monopolstellung der Grünen gebrochen. Sie sind die neuen Progressiven. Viele von ihnen arbeiten in kreativen Berufen, setzen in zukunftsträchtigen Branchen Maßstäbe. Die Piraten sind frisch, offen und freiheitlich gesonnen. Sie stehen für eine neue Zeit, für die Zeit des Internets. Sie sind dementsprechend positiv zu neuen Medien, zur Technik und zum Fortschritt eingestellt. Die Piraten möchten eine Alternative zu den etablierten Parteien sein. Das erinnert an die Wahlslogans der Grünen Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre, als sie die Parteienlandschaft revolutioniert haben.

Was wichtig ist: Die Piraten sind nicht so ideologisch verbohrt wie die Grünen. Der moralische Zeigefinger der Grünen fehlt ihnen völlig. Wir erinnern uns: Die Grünen sind in Opposition zu ihrer Elterngeneration, zu Vergangenheit und Tradition entstanden. Dieser Protest war einerseits notwendig, hat aber andererseits Schuldgefühle verstärkt und Denkblockaden erzeugt. Diese Last tragen die Piraten nicht. Sie sind lockerer und auf die Zukunft gerichtet.

Die Abwanderung der FDP-Wähler zu den Piraten ist ein Thema für sich. Hier nur ganz kurz: Viele Piraten betrachten sich als Nachfolger der FDP. Sie setzen sich für liberale Werte wie mehr Meinungsfreiheit, mehr Bürgerrechte und weniger Staat ein. „Wir sind jetzt die Liberalen der Bundeshauptstadt“, teilte ein Pirat dem Nachrichtenmagazin „Focus“ mit.

Und noch ein Aspekt: Die Piraten werden mehrheitlich von jungen Männern gewählt. Diese Männer sind die Verlierer unserer Gesellschaft. In den etablierten Parteien können sie aufgrund der Frauenquote nur in begrenztem Maße Karriere machen. Durch die allgegenwärtige Frauenförderung und -bevorzugung sind ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt schlecht. Ihre Arbeitslosenrate ist um 60 Prozent höher als bei den gleichaltrigen Frauen. Viele von ihnen flüchten ins Internet, in virtuelle Welten. Die Piratenpartei ist ihr Sprachrohr.

Für die Inhalte der Blogs und Kolumnen sind die jeweiligen Blogger verantwortlich. Die Beiträge der Blogger und Gastautoren geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Gravatar: Menschenskind!

Herr Ulfig, Sie schreiben:

"Die Piratenpartei ist noch sehr jung. Sie ist noch in der Entwicklung. Man sollte ihr noch mindestens eine Chance geben."

Frage: Eine Entwicklung - wohin? Eine Chance - wozu? Daß die Piraten, einmal an der Macht, genauso werden wie die anderen Parteien es schon sind?
Worauf man risikolos sein ganzes Vermögen setzen kann, denn die Wette ist schon gewonnen.

Zusatzfrage: Brauchen wir das wirklich?

Gravatar: Dr. Alexander Ulfig

@Bruno Köhler
Ein Ereignis, eine Erfahrung (in Konstanz) kann kein Grund dafür sein, eine politische Partei gänzlich abzulehnen. Meine Einschätzung liegt wohl daran, dass ich schon älter bin. Ich habe schon so oft erlebt, dass sich Menschen verändern, dass sich politische Parteien und politische Konstellationen verändern. Man sollte niemals alle Brücken hinter sich abreißen.
Die Piratenpartei ist noch sehr jung. Sie ist noch in der Entwicklung. Man sollte ihr noch mindestens eine Chance geben.
In meinem Artikel geht es aber eigentlich um etwas anderes: Die Grünen haben offensichtlich ihre Aura, die Aura des Neuen und Progressiven, die für junge Menschen so faszinierend ist, verloren. Das stellt meines Erachtens eine historische Zäsur dar.

Gravatar: Dr. Alexander Ulfig

@Bruno Köhler
Ein Ereignis, eine Erfahrung (in Konstanz) kann kein Grund dafür sein, eine politische Partei gänzlich abzulehnen. Meine Einschätzung liegt wohl daran, dass ich schon älter bin. Ich habe schon so oft erlebt, dass sich Menschen verändern, dass sich politische Parteien und politische Konstellationen verändern. Man sollte niemals alle Brücken hinter sich abreißen.
Die Piratenpartei ist noch sehr jung. Sie ist noch in der Entwicklung. Man sollte ihr noch mindestens eine Chance geben.
In meinem Artikel geht es aber eigentlich um etwas anderes: Die Grünen haben offensichtlich ihre Aura, die Aura des Neuen und Progressiven, die für junge Menschen so faszinierend ist, verloren. Das stellt meines Erachtens eine historische Zäsur dar.

Gravatar: qed

Nach dem Statement von Bruno Köhler verweise ich auf meinen Nick:
q.e.d.

Gravatar: Andreas Sauther

@qed
Völlig richtig, nichts hat sich verwachsen! Eine korrekte und reale Beschreibung des Istzustands der Grünen Partei.

Bei den Piraten gefällt mir deren Einstellung zum Internet, und die Haltung gegen die Vorratsdatenspeicherung. Und deren Einsatz für Meinungsfreiheit.

Erschreckenend finde ich, das es im Programm der Piraten zu sehr nach Genderideologie und nach zwangsmäßiger Gleichstellung der Geschlechter riecht. Im Klartext ist das Männerfeindlich! Vom Schutz der natürlichen Familie (Vater, Mutter und Kinder) ist gar nichts zu finden. Also Gleichmacherei und Zwang, kommunistisch marxistisch eben.

Unterm Strich muß ich sagen, das die Piraten für mich (so) nicht wählbar sind. Dar alle Parteien seit 1999 Genderpolitik machen und stützen, und sich die Piraten diesbezüglich nahtlos einreihen, und für mich nur Grüne in neuem Gewand sind, sage ich "im Westen (fast) nichts Neues". Nur Internet und Datenschutz sind als vernünftige Zielsetzung viel zu wenig.

Gravatar: Peter

Die Grünen sind astreine Wassermelonen:

Außen grün, innen rot - und braune Kerne.

Gravatar: Menschenskind!

@Ebenherz

"Die Piraten können wenigstens über sich lachen."

Noch.

Gravatar: RealDeal

Das Programm der Piraten wurde scheinbar eins zu eins von der Horst Schlemmer Partei übernommen. So neu ist die Strategie, das Blaue vom Himmel zu versprechen, in der Politik auch nicht.

Gravatar: Ebenherz

Das es eine Piratenpartei mit solchen Slogans in ein Parlament schafft, ist so etwas wie die Verballhornung des hiesigen Parteiensystems. Und Recht so. Bestehen die Führungsfiguren der Deutschen Politik seit Jahren aus mehr oder weniger lächerlichen Dilettanten, welche sich auch noch tierisch ernst nehmen. Die Piraten können wenigstens über sich lachen.
Früher war Grand Prix de Eurovision auch eine seriöse Veranstaltung. Aber irgendwann kam Knorkator und Gildo Horn.

Gravatar: Müller

Piraten? Dasselbe in Grün!

Gravatar: kein wort zur FDP?

schon seltsam hier, da wird die Partei einfach vergessen. Aber so ist der Bürger: die Helden von gestern hängen schon heute an Bäumen. Oder wie sagte Jesus Ehe der Hahn kräht, habt ihr mich dreimal verleugnet. Aber das alles wußte ich schon vor Monaten. Da aber die Pseudo-Liberalen hier alles für den Zerfall des Liberalismus getan haben, ist es kein Wunder, dass dieser nun wirklich in der Kreisklasse mit NPD, Spaßpartei und all dem spielt. Eigentlich schon echt schämerhaft. Da können die Lengsfelds und Co. noch tausendmal von Sozialismusgespenster labbern, alles fürn Arsch. Warum haben eigentlich die Leute nicht so links gewählt wie hier immer angedroht wurde? Könnte die Milchmädchenrechnung der Pseudo-Liberalen vielleicht nach hinten losgegangen sein?

Gravatar: Meier

@ Susanne

Gewiss ist die Wahl in Berlin nicht unbedingt ein Barometer des Parteizulaufs der Etablierten.
Wenn die Piraten aber mit Kernelementen des Liberalismus junge Wähler auf Anhieb so anziehen, dann setzt das Marken-Zeichen.
Diese Wähler lassen sich von dem juornalistisch verteufelndem "neo-liberal-Gequake" der 68er nicht veralbern.
Diesen jungen Leuten gehen die Öko-Spießer wie auch die scheintoten Parteileichen der etablierten Parteien "auf den Keks" die wollen Abwechslung und das "bringt Leben in die Bude".
Genau um diese Komkurrenz geht es doch, um dn Wettbewerb der Ideen, um die besseren Konzepte, wenn eine Demokratie mit einer Tendenz zu einem Zentralkommite mit vier bis fünf Flügelchen mutiert ist.
Die Phasen in denen die Liberalen bzw. der Liberalismus als gefährliches Übel durch den Mainstream beschworen wurde, haben ein Ende gefunden.
So wie die FDP auch wieder Wählerzustimmung findet, wenn sie sich den Anliegen der Bürger stärker verpflichtet, als den Rgierungsmitgliedern, die sich von den Finanzkonzernen für deren "Drecksarbeit" kaufen lassen.
Zähne zeigen um zu lachen und oder feste zuzubeißen ist allemahl besser als dieses deprimierende Geknatsche in Parteifron verbitterter Figuren.

Gravatar: Karin Weber

Manchmal habe ich den Eindruck, dass diese Piratenpartei von den Grünen unterwandert ist. Wenn man tlw. deren Programme/ Vorstellungen liest, dann hat man nicht nur den Eindruck.

Gravatar: Freigeist

Guter Artikel. Vielleicht kommt es noch so, dass die Piraten es schaffen, dass alle Daten unseres Bürokratiemonsters im Internet stehen, z.B. alle Beamtengehälter, Pensionen, Frühberentungen. Migrationskosten etc.. Jeglicher Missbrauch sollte öffentlich werden, im Internet.

Gravatar: RealDeal

Dass die Piratenpartei von ganz "jungen Männern" gewählt wird, ist wenig überraschend. Gegenwärtig fehlt für die ganz "jungen Frauen" noch eine analoge Alternative, etwa eine Prinzessinnenpartei. Was allerdings an den Forderungen der Piratenpartei - kostenlose öffentlilche Verkehrsmittel, bedingungsloses Grundeinkommen, Freibier für alle - liberal sein soll, erschließt sich mir beim besten Willen nicht. Es ist eine fünfte linke Partei, an der es in Deutschland beim besten Willen keinen Bedarf gibt. Ihr Erfolg lässt wenig Gutes für die Zukunft Deutschlands erwarten.

Gravatar: Susanne

Ob das Wort historische Zäsur angebracht ist, bleibt abzuwarten. Und ob das den Höhenflug der Grünen beendet, bleibt auch abzuwarten. Wahrscheinlicher ist, dass es den Höhenflug der Grünen etwas gedämpft hat.

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang