Die Trümmerfrauen haben ein Recht auf Respekt

Der Streit um das Denkmal in München zeigt: Auch 68 Jahre nach Kriegsende prallen gegensätzliche Sichtweisen immer noch unversöhnlich aufeinander.

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Eines muss man den Grünen lassen: Sie schaffen es immer wieder, mit geradezu schlafwandlerischer Sicherheit Schlagzeilen zu produzieren. In diesem Monat geht es dabei um die sogenannten Trümmerfrauen – zwangsverpflichtete, aber auch freiwillige, viele von ihnen Witwen, die nach den Jahren des Krieges und der Nazi-Barbarei begannen, zerstörte deutsche Städte von Schutt und Geröll zu befreien.

Mehr als vier Millionen Gebäude in Deutschland waren nach 1945 zerstört. Wer kennt nicht die Fotos der Trümmerlandschaften von Köln, Hamburg und Dresden? Mit Spitzhacken lösten diese Frauen noch die letzten heilen Steine aus zerbombten Gebäudeteilen. Alte Frauen, vom Hunger ausgezehrt, gezeichnet durch die Schrecken nicht enden wollender Bombennächte, waren die ersten, die sich inmitten von Kratern daran machten, den Neuanfang zu ermöglichen. Ihr Lohn dafür: ein paar Lebensmittelkarten. Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel.

Und auch ein wenig Anerkennung gab es. Einige der Frauen erhielten im Westen das Bundesverdienstkreuz. In der DDR wurden sie als »Aktivisten der ersten Stunde« ausgezeichnet. Es gibt sogar einen Gedenktag. Doch nun kommen die Grünen. Zwei von ihnen, Katharina Schulze und Sepp Dürr, verhüllten in der Münchner Altstadt ein im Mai aufgestelltes Denkmal, das die Leistungen von Trümmerfrauen und Aufbaugeneration würdigen soll. Das Duo hatte nämlich festgestellt, dass unter den Trümmerfrauen wohl auch frühere Nazis waren. Was für eine sensationelle Enthüllung. Natürlich gab es in Deutschland nach 1945 überall noch ehemalige Mitglieder der NSDAP. Sie saßen später in den Parteien, bis hinauf ins Bundeskabinett. Sie waren Richter, manche gingen in die USA oder nach Moskau, um dort weiterzuarbeiten, als sei nichts gewesen. Andere tauchten in öffentlichen Verwaltungen, im diplomatischen Dienst wieder auf. Überall gab es nach 1945 Deutsche, die beim braunen Massenwahn dabei waren.

Darf man deshalb die oft übermenschliche Leistung der Trümmerfrauen herabwürdigen? Die Leistung der vielen unter ihnen, die nichts mit den Nazis zu tun haben wollten, die aber mit ihrem Einsatz die Basis für Wiederaufbau und Wirtschaftswunder legten? Ich meine nicht – und halte diesen billigen Populismus zweier Kommunalpolitiker auf dem Rücken von zigtausenden Frauen, die heute entweder tot oder viel zu alt sind, um sich noch wehren zu können, für schäbig.

Zuerst erschienen auf rp-online.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Urs

Gibt es überhaupt ein Recht auf Respekt?
Mir jedenfalls kann niemand ehrlichen Respekt einreden oder abverlangen, entweder ich habe ihn oder ich habe ihn nicht.

Gravatar: Michael Klaus

Die "Grünen" haben halt ihr eigenes Geschichtsverständins.
Zitat Claudia Roth:
"Die Türken haben Deutschland nach dem Krieg wieder aufgebaut." - in der "Münchner Runde" im BR am 5. Oktober 2004

Gravatar: Karin Weber

Das klingt ja gerade so, als wenn Frauen wieder mal alleine dieses Land auf Vordermann gebracht haben. Dieser Frauenkult hängt mir sowas von zum Halse raus.

Ich hätte fast gesagt: Ehrt doch alle, die den Wiederaufbau realisiert haben, aber waren es nicht genau die, die stumm zugelassen haben, dass sowas erst passieren konnte?

Das würde ich doch lieber ganz die Klappe halten.

PS: VIele Männer konnten nicht mitarbeiten. Ihnen fehlten infolge von Kriegsverletzungen Gliedmaßen. Ich habe mich als Kind immer über einarmige/einbeinige Männer gewundert. Der Krieg lag ja solange damals noch nicht zurück.

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