Die Sexismusmaschine

Zur Frauenfußball-EM zeigt das ZDF einen Spot mit Waschmaschine. Ist es jetzt schon Sexismus, wenn Frauen bei normalen Tätigkeiten gezeigt werden?

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Ich hab nicht viel Zeit, gleich ist wieder eine Waschmaschine, oh pardon, eine Sexismusmaschine, fertig und dann muss ich mich wieder den niederen Hausarbeiten widmen.

Mindestens zweimal täglich stehe ich mit beiden Beinen mitten im sexistischen Klischee. Jetzt werde ich erstmal versuchen, die nächste Ladung Wäsche genauso elegant einzulochen wie die weiblichen Beine in dem neuen ZDF-Spot zur Frauenfußball-EM in Schweden. Ich finde ihn nämlich lustig. Spaß, Selbstironie, man findet die Definitionen im Duden. Kann das mal jemand twittern, offenbar sind es Fremdworte im feministischen Aufregungsjargon.

Und dann geh ich den Sexismus suchen in meinem Waschkeller. Ich finde ihn nämlich nicht, obwohl ich wirklich überall geschaut hab. Weder in dem neuen ZDF-Spot noch zu Hause. Frauen waschen Wäsche. Millionenfach. Ich tue es auch und das verdammt oft. Vier Kinder mit einer Vorliebe für Matsch sorgen für zwei Maschinen täglich. Kommen die vollen Taschen mit den gesamten Trikots der diversen Sportmannschaften dazu, wird es auch mal mehr. Jetzt hat sich das ZDF an Humor versucht. Ja, ich weiß, kein einfaches Unterfangen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Auch Selbstironie hat man reingepackt in den Spot, jedenfalls für die Frauen, die noch zu Ironie fähig sind, und jetzt ist schon wieder #aufschrei. Die „Bild“ ist ganz empört. Kommt runter! Langsam nervt es.

Wo hänge ich jetzt meine Wäsche auf? Garten fällt wohl aus, jemand könnte mich dabei beobachten, wie ich meinem sexistischen Treiben fröne und vielleicht finden sich NachahmerInnen, die auf den Gedanken kommen, der Tag und das Wetter wären tatsächlich eine gute Gelegenheit, um möglichst viel Wäsche in kurzer Zeit wieder sauber in die Schränke zu kriegen. Damit wäre ich Anstifterin zur Hausarbeit und sicher verdächtig, die Emanzipation der Frau zu untergraben.

Ich bin eine vierfache sexistische Stereotype

Sammeln wir mal die Fakten. Das ZDF zeigt in einem Werbespot eine Frau beim Waschen. Nur dass es nicht die Spitzenhöschen sind, sondern ein schmutziger Fußball. Und das reicht schon aus? Immerhin hat sie den Ball wirklich gut eingelocht, das sollte wenigstens als Pluspunkt zählen. Nichts regt die Sexismusfront offenbar mehr auf, als dass Frauen bei dem gezeigt werden, was sie täglich tun – aber offenbar nicht tun sollen. Nicht mal mit Bällen. Oder schon gar nicht mit Bällen. Wer weiß das schon, schließlich ist es langsam verwirrend, was man noch sehen, sagen oder zeigen darf. Ich wasche auch Kinderschuhe und Teddys. Wäre das ok, oder muss ich wenigstens mit zarten Frauenhänden die Bohrmaschine reinwerfen?

Die künstliche Aufregung gerade passt übrigens haarscharf zu der blödsinnigen Debatte, die sich der Gleichstellungsausschuss des Europarates im Jahr 2010 antun musste, weil eine Schweizer Abgeordnete gefordert hatte, man möge beschließen, auf Medien einzuwirken, dass sie Frauen nicht länger als „sexistische Stereotype“ darstellen. Wie zum Beispiel als „Mutter“ oder „Hausfrau“. Ja, denn es sei sexistisch, Frauen so zu zeigen. Ich bin eine vierfache sexistische Stereotype, unverbesserlich und auch noch gern. Gleiche Reaktion hätte es also gegeben, hätte das ZDF ein Motiv gewählt, dass die Fußballdamen am Herd, am Kinderwagen oder beim Putzen zeigt. All diese Tätigkeiten, mit denen Frau sich offenbar nicht mehr in der Öffentlichkeit sehen lassen darf, weil man sonst die eigene Unterdrückung dokumentiert. Fensterputzen jetzt also nur noch nachts. Kinderspielplatz in der Dämmerung. Einkaufen im Internet. Damit sollten wir unsichtbar bleiben. Das wäre ihnen wohl auch lieber, dann wird man nicht länger in der Öffentlichkeit und in den Medien mit dem Bild einer Hausfrau belästigt.

„Playboy“ ist kein Sexismus?

Vermutlich wären alle zufrieden, hätte das ZDF einen Mann gezeigt, der die Damentrikots und Sport-BHs wäscht. Nein, wie lustig. Die Frauen spielen jetzt echten Fußball und die Männer waschen ihnen die Wäsche. Das wäre dann metrosexuelles, gendersensibles Rollentausch-Gedöns und somit politisch korrekt. Oder wenn man wenigstens nackte Femen vor der Waschmaschine platziert hätte. Bloß, was sollen die waschen, sie haben ja so wenig an. Niemand regt sich auf, wenn Männer in der Werbung männertypisch gezeigt werden, bei dem was Männer eben so tun. Niemand hat sich über David Beckham in Unterwäsche aufgeregt, als Lustobjekt an Bushaltestellen plakatiert. Genau, ich vergaß, das ist ja auch wieder Rollentausch, ergo gut: Der Mann als Lustobjekt, das wurde aber auch Zeit! Und er sah lecker aus, da guckt auch Frau gerne mal hin. Wenn H&M jedoch mit Bikini-Mädchen wirbt, ist es wieder Sexismus, denn das ist ja dann ein Frauenkörper.

Bleibt am Schluss die Frage, wie die „Playboy“-Bilder der Nationalspielerinnen einzustufen sind, die 2011 passend vor der Frauen-Fußball-WM ihre inneren Werte in dem Männermagazin entblößten. „Unsere sexy Fußball-Girls“ übertitelte es damals die „Bild“.

Von Sexismus war damals auch in der „Bild“-Redaktion anscheinend weit und breit keine Spur zu finden, obwohl die Bilder ja nicht auf das fußballerische Talent, den gewitzten Geist oder die sicher vorhandenen guten Charaktereigenschaften der Fußballerinnen hinweisen wollten, sondern die Frauen einfach nur als Objekte der Begierde zeigten. Nackte Frauen, zum Vergnügen von Männern hergerichtet als lüsternes Anschauungsmaterial, mit weit weniger bekleidet als einem Dirndl, ist also kein Sexismus, eine bekleidete Frau vor einer Waschmaschine ist aber welcher. Passt irgendwie nicht zusammen, aber macht nichts, die Aufregung über den ZDF-Spot ist ja auch Schwachsinn.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst auf TheEuropean.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: michael

Auch dieser Arikel bringt die Sache auf den Punkt, ebenso wie die Aufschrei -Kampagne eine hysterische Reaktion mit den schon bekannten Doppelstandards, d.h. das Quid licet Jovi ,non licet bovi (Was Juppiter erlaubt ist, ist dem Ochsen noch lange nicht erlaubt) könnte mann zeitgenössisch als "was der Frau (medial)erlaubt ist, ist dem Mann noch lange nicht erlaubt ,übersetzen
Leider erreichen diese "genderdiktatur-kritischen Artikel immer nur kleine MInderheiten,erreichen (noch)nicht den Mainstream, der weiterhin der Misandrie frönt

Gravatar: Coyote38

Sehr verehrte Fraue Kelle,

ich bin heute aus purem Zufall über Ihren Blog gestolpert (nämlich über einen Link in einem Foren-Kommentar bei Spiegel Online) und möchte Ihnen sagen, dass ich Ihre Einlassungen zukünftig REGELMÄSSIG verfolgen werde.
Ich hatte die Hoffnung schon fast gänzlich aufgegeben, dass es in diesem Land noch NORMALE Frauen gibt.
SIE haben diese Hoffnung am Leben gehalten. Vielen Dank dafür !!!

Ich hoffe, Sie fassen es nicht als "sexistisch" auf, wenn ich Ihnen sage, dass ich Sie für eine tolle Frau halte.

Gravatar: Schlonz

Danke!

Manchmal ist man wirklich geneigt zu glauben, es seien nur
noch SchwachmatInnen unterwegs... ; )

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