Die Pervertierung der christlichen Lehre

Gestern konnte ich auf DLF einen Gottesdienst aus der evangelischen St. Ansgarii-Gemeinde in Bremen verfolgen. Die Predigt von Pfarrerin Oetken trieb mich fast zur Verzweiflung.

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Predigttext war die Geschichte von der Auferweckung des Lazarus aus dem Johannesevangelium, die wohl auch im heutigen Deutschland noch einigermaßen bekannt sein dürfte. Die Pfarrerin referierte also die Geschichte und betonte eingangs den Vorwurf Marthas an Jesus, warum er nicht früher ins nahe Bethanien gekommen sei, wo er doch von der Erkrankung wußte: "Herr, wärest du hie gewesen, mein Bruder wäre nicht gestorben". Die Pfarrerin wollte auf die Verzweiflung abheben, die einen überkommt, wenn man um Hilfe ruft und keine erhält: Lazarus war ja schon vier Tage tot. Dann hob sie Marthas Antwort auf Jesu Aussage ("Dein Bruder soll auferstehen") hervor: "Ich weiß wohl, daß er auferstehen wird in der Auferstehung am jüngsten Tage". Ja, das wisse Martha wohl, sagte die Pfarrerin, sie wolle aber ihren Bruder jetzt, in diesem Leben wiederhaben.

Dann wurde ihre Stimme ganz weich und sie rief das Bild des kleinen Ailan ins Gedächtnis, der ertrunken an den türkischen Strand gespült worden ist. Die Parallele war klar: Auch dort ist jemand zu spät gekommen, auch dort würde man gerne glauben wollen, dass der Tote sich erhebt wie Lazarus und lebt. Leise Orgelmusik untermalt die Predigtpause.

Doch Frau Oetken ging weiter, indem sie weiters die Leiden der Flüchtlinge beschrieb, die ein besseres Leben haben wollten und daher nach ihm suchen würden. Dieses materielle Leben im Hier und Jetzt, dieses "Streben nach Glück" setzte sie gleich mit Jesu Anspruch: "Ich bin die Auferstehung und das Leben, wer an mich glaubet, der wird leben, ob er gleich stürbe".  Ich meinte meinen Ohren nicht trauen zu können, dass sie gewissermaßen den Anspruch auf Arbeit, Sozialversicherung, Häuschen und Auto mit dem gleichsetzte, was in der Lazarusgeschichte "das Leben" genannt wird; als ob Jesus zu Lazarus nicht nur gesagt hätte: "Komm heraus", sondern: "Jetzt sollst du es aber auch besser haben, wenn ich dich schon auferwecke - hier sind schon mal ein paar Denare".

Kein Wort davon, dass Jesus bewußt gewartet hatte, da für ihn Lazarus´ Krankheit "nicht zum Tode [war], sondern zur Ehre Gottes, daß der Sohn Gottes dadurch geehret werde", nämlich um "den Jüngern" und "dem Volk" ein Zeichen zu geben, "auf daß ihr glaubet". Gerade diese Zumutung, dass Jesus den geliebten Lazarus sterben läßt, um ihn erwecken zu können, ist weit weg von der Kuscheltheologie der Bremer Pfarrerin und zeigt, worum es in dieser Geschichte wirklich geht. Freilich müssen wir diese Welt zu einem besseren Ort zu machen versuchen, doch letztlich ist uns allen auf Erden nicht zu helfen und das Leiden unausrottbar. Klar ist ja, dass der auferweckte Lazarus noch einmal sterben wird. Entscheidend wird sein: "Wer da lebet und glaubet an mich, der wird nimmermehr sterben." Darum geht es Jesus.

So wie Pfarrerin Oetken vom Tod und vom Leben gepredigt hat, bin ich nicht mehr sicher, ob die frohe Botschaft in der evangelischen Kirche noch eine starke Vertretung hat. Jesus wirbt durch das Zeichen an Lazarus für das ewige Leben mit einem göttlichen Selbstbewußtsein, dessen diese Kirche vollkommen entbehrt. Wer glaubt schon, diese verweltlichte Pfarrerin würde vor Muslime hintreten (in Deutschland kann sie es noch tun) und ihnen sagen: "Christus ist der Sohn Gottes, der in die Welt gekommen ist. Niemand kommt zum Vater, denn durch ihn." Diese kryptomarxistische Predigt hat mich tief erschüttert, aber sicher nicht so, wie Frau Oetken das wollte.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Gernot Radtke

Ich bin auch schon seit längerem der Ansicht, die evangelische Kirche sollte sich, angeführt von ihren 'Leitkühen' und -'Hammeln', im Kollektiv bei irgendeinem Ortsverband der Grünen anmelden und auf die Theologie verzichten. Die können Willkommenskultur und Lazarus viel besser.

Gravatar: Klimax

Herr Datko,
laufen Sie doch nicht fortwährend davon, sondern geben Sie endlich einen Beweis für Ihre These, daß es keinen Gott gebe. Stellen Sie sich und versuchen Sie es mit wissenschaftlichem Ernst. So wie Sie es machen ist es Kindergezänk.
Was die evangelische Kirche angeht: sie ist der katholischen nur ein paar Schritte voraus. Unter dem gegenwärtigen sozialistischen Papst wird es nicht lange dauern, bis wir auch in Rom dergleichen zu hören bekommen.

Gravatar: Adorján Kovács

@van der Falk
Zunächst meinen Dank für Ihre Bemerkungen und dafür, dass Sie Organist sind und aktiv am Gemeindeleben teilnehmen. Es sei fern von mir, jedem Priester oder Pastor eine Verweltlichung zu unterstellen und natürlich gibt es die von Ihnen erwähnten Lichtblicke. Aber nach dem 2. Vaticanum ist doch festzustellen, dass, wenigstens in Deutschland, bei weiten Teilen ein Linkskatholizismus und, bei den Evangelischen, eine Art halbsäkulare Ethiklehre an die Stelle des Christentums getreten ist. Dass sogar die Heilige Kommunion zu einer "Dienstleistung" geworden ist, können Sie meinem Text unter http://www.freiewelt.net/blog/das-ende-des-sakralen-3758/ entnehmen. Das ist alles schrecklich. Benedikt XVI. hat darauf mit dem Wort der "Entweltlichung" geantwortet: Das Sakrale muss wieder mehr in den Vordergrund kommen, übrigens auch der sog. "Hochmut" des Glaubens: Es gibt nur eine Wahrheit. Und das muss auch klar gesagt werden.

Gravatar: Adorján Kovács

@ropow
Ich habe mich tatsächlich vorher über die damalige Währung informiert - offenbar falsch. Danke für den Hinweis, ist korrigiert.

Gravatar: Frank van der Valk

Lieber Herr Prof. Kovács,

ich lese Ihre Kommentare gerne und bin inhaltlich ganz bei Ihnen.

Zum heutigen Kommentar erlaube ich mir dennoch zwei Anmerkungen:

1. Sie schreiben von der "Geschichte" aus dem Johannesevangelium. Das Wort Geschichte höre ich meist von Leuten, die den Inhalt als nicht wahr bezeichnen würden - eben als Geschichte. Dies ist bei Ihnen ja offensichtlich nicht der Fall. Wäre im Zusammenhang mit den Evangelien das Wort "Bericht" nicht eine zutreffendere Beschreibung?

2. Als Organist in der kath. Kirche habe ich schon zahlreiche Beerdigungen miterleben müssen. Die klare und eindeutige Botschaft über ein Leben nach dem Tod habe ich dort häufig vermisst, es wird meist mit Nebelkerzen geworfen im Stile von "der Verstorbene ist zum Leben berufen worden". Nun war ich unlängst auf einer protestantischen Beerdigung als Angehöriger anwesend. Noch nie habe ich einen Pfarrer mit solcher Klarheit über das Leben nach dem Tod sehr konkret reden hören. - Es gibt sie also noch, die Lichtblicke.

Gravatar: ropow

Na ja, sollte der Vater des kleinen Aylan Kurdi tatsächlich Schlepper gewesen sein, dann sehe ich da schon gewisse Parallelen zu Lazarus. Denn könnte man Aylan wieder erwecken, wäre er sicher zu Recht sauer auf seinen Vater, der ihn dann nur dazu benutzt hätte, um mehr Kunden zu bekommen:

http://www.express.co.uk/news/world/604535/Aylan-Kurdi-father-people-smuggler-refugee-crisis

Ich weiß nicht, ob das überliefert ist, aber auch Lazarus müsste eigentlich ziemlich sauer auf Jesus gewesen sein, wenn er ihn mit der Sterbenummer tatsächlich nur benützt hätte, um mehr Kunden für seine Religion zu bekommen.

Richtig sauer wäre Lazarus aber sicher gewesen, wenn Jesus ihm dann auch noch ein paar Drachmen angedreht hätte - die waren damals nämlich schon seit fast 200 Jahren out, die gängige Währung zu dieser Zeit war der Denar.

Gravatar: Lector

Leider kein Einzelfall. Diese Propaganda zeigt sich mittlerweile an allen Ecken und Enden der Kirche/n in diesem massenpsychotischen Land.

Die Dissidenten in der Kirche und im Land erscheinen nur noch marginalisiert als kleine Gruppe, sind aber umso wichtiger: der Sauerteig des Widerstandes in der trägen Masse der Unkritischen.

Gravatar: Joachim Datko

Es gibt keinen Gott!

Zitat: "Wer glaubt schon, diese verweltlichte Pfarrerin würde vor Muslime hintreten (in Deutschland kann sie es noch tun) und ihnen sagen: "Christus ist der Sohn Gottes, [...]""

Den angeblich wundertätigen Wanderprediger hat es nicht gegeben. Warum soll die Pfarrerin Menschen anlügen?

Joachim Datko - Physiker, Philosoph
Forum für eine faire, soziale Marktwirtschaft
http://www.monopole.de

Gravatar: H.Roth

Ab und zu sollte man sich eine solche Predigt auf jeden Fall anhören!
Es wäre zu empfehlen, vorher auf einer soliden Sitzgelegenheit Platz zu nehmen, so dass man keine Verletzungen durch Umfallen zu befürchten hat, dann auch die Schuhe auszuziehen, damit man nicht aus ihnen kippen kann, zudem ein Fenster zu öffnen, für den Fall, dass es einem den Atem verschlägt und einen Kamm bereit zu legen, um die gesträubten Haare danach wieder in eine ansehliche Form zu bringen.

Ein Trost mag es sein, dass der Schaden einer solchen Rede (eine Predigt ist es ja nicht) sich in Grenzen hält, weil in der Kirche nur 20 Leute sitzen, und jene 300 bis 500 Bremer Protestanten, die Gottes Wort lieben, in der Kirche bei Olaf Latzel sitzen.

Gravatar: Dorothee Essig

Danke für Ihren Artikel. Er stellt genau das dar, unter dem ich an unserer evangelischen Kirche leide, die sich als Vorfeldorganisation für links-feministisch / grüne Parteipolitik gebärdet und die frohe Botschaft derweil mit Füßen tritt.

Gravatar: Freigeist

Gottesdienste sind Kasperletheater für Erwachsene. Gott gibt es nicht, keinerlei Beweise für Gott oder Götter.

Gravatar: Stephan Achner

Man muss einfach zur Kenntnis nehmen, dass die evangelische Kirche eine durch und durch links-grün politisierte und ideologisierte Organisation geworden ist - von der EKD so gewollt und gefördert. Man sieht dies ja an den Führungsleuten der EKD. Die "frohe Botschaft" kommt nur noch dann vor, wenn sie ins links-grüne Korsett passt und wird dann entsprechend instrumentalisiert. Die Grünen-Partei hatte sich vor vielen Jahren das Ziel gesetzt, die EKD zu unterwandern (kann man alles nachlesen). Das ist auch gelungen. Und so kommen dann diese evangelischen Pastorinnen in die Kanzel, die ihre politischen und ideologischen Botschaften von sich geben. Man darf sich bei der evangelischen Kirche einfach keinen Illusionen mehr hingeben und christlich-demütig auf Einsichten bei der EKD hoffen. Das Einzige, was der evangelischen Kirche noch helfen würde, wäre ein zweiter Martin Luther. Aber der ist nirgendwo in Sicht. Meine Einschätzung: Die evangelische Kirche wird weiter ausbluten, weil immer weniger Leute diesen linksgrünen Pseudo-Quark in der evangelischen Kirche ertragen wollen.

Gravatar: Jürgen Grossheim

Vielleicht hat sie zuviel Messwein getrunken oder was geraucht ? Diese neue Theologie wird aber schon seit Jahren von den evangelischen Hilfstheologen gepredigt. Und sie wundern sich über immer mehr Kirchensaustritte.
Ich könnte verzweifeln und rufe: " Oh Herr lass Hirn vom Himmel fallen!"

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